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®le Brieftasche

„Was?" ries Felix und zuckte zusammen. „Wann hast du die
genommen?"

„Gestern, Liebling, gleich nachdem du deine Brieftasche auf den
Schreibtisch gelegt hast und ins Badezimmer gegangen bist. Wie ich
dir ansehe, ist mir die Aeberraschung gelungen."

„Allerdings, und zwar ausgezeichnet," bekannte Felix und unter-
drückte den ersten ehelichen Seufzer.

Seine Brieftasche hat er nie wieder zugeklebt.

Der brave junge Ä)!ann Von Pe<«r R°bt„son

Der alte Kühler ist der Meinung, man müsse jeden Menschen für
brav und ehrlich halten, solange er nicht das Gegenteil bewiesen habe.
Sein Freund Neitzel dagegen erklärt, es sei angebracht, jeden zunächst
für einen Schurken und Bösewicht anzusehen, bis er sich durch ent-
sprechende Beweise von diesem Verdacht gereinigt habe. Wir wollen
uns hier nicht darüber unterhalten, welche der beiden Anschauungen
wohl den Vorzug verdiene. Vielleicht sollte man sich weder auf die
eine, noch auf die andere festlegen. Bei der ersten kann man, wie der
alte Kühler, manchmal schwer enttäuscht werden; bei der zweiten muß
man, wie das Neitzel erlebt hat, sich öfter nachträglich doch seines
Mißtrauens schämen. Außer Zweifel steht freilich, daß Kühlers Art,
sich zu den Menschen zu stellen, die liebenswürdigere ist.

Kühler und Neitzel sitzen an einem schönen Sommernachmittag zu-
sammen in Kühlers Wohnung, die in einer stillen Seitenstraße im Erd-
geschoß liegt. Sie haben Kaffee getrunken und möchten nun rauchen.
Aber das können sie nicht, denn Kühler hat vergessen, sich Zigarren
zu besorgen, und Neitzel hat sich keine eingesteckt, denn Kühler würde
nicht erlauben, daß er bei einem Besuch Zigarren mitbrtngt. Leute
wäre das freilich etwas anderes. Kühler hat nur noch eine Zigarre im
Lause; die hat er Neitzel angeboren, aber der will natürlich nicht allein
rauchen. Kühlers Laushälterin ist nicht da; sie ist zu Einkäufen aus-
gegangen, ehe man den Zigarrenmangel entdeckte. Es hätte aber auch

„Laßt doch euren kabbalistischen Kram! Ihr werdet die Zu-
kunft doch nicht entschleiern."

„So redest du, Schwager! Dich interessiert höchstens, was es
am nächsten Tag zu essen geben wird."

keinen Zweck gehabt, sie mit der Besorgung zu beauftragen; wenn die
Person einmal aus dem Lause ist, bleibt sie gewöhnlich stunden-
lang fort. Kühler aber ist hoffnungsvoll. „Es wird schon jemand
vorüberkommen, den ich schicken kann." And er paßt am Fenster auf.

Da kommt ein Bursche von 17 oder 18 Jahren die Straße ent-
lang. Er macht ganz den Eindruck, als könnte ihm daran gelegen
sein, mit einer Besorgung ein paar Groschen zu verdienen.

Der alte Kühler winkt ihn heran. „Lütten Sie Zeit, junger Mann,
etwas für mich zu holen? Es dauert höchstens zehn Minuten."

„Zeit ist da!" sagt der Bursche. Aber er scheint ein Bedenken
zu haben. „Ist was Schweres zu tragen?"

„Keineswegs — nur ein paar Zigarren, und auch nur ganz leichte.
Lier ist eine alte Tüte — da steht der Laden drauf. Die Marke habe
ich ausgeschrieben — zehn Stück ä 30 Pfennig. Lier sind 3 Mark!
And da haben Sie gleich 50 Pfennig für die Besorgung."

„Wird gemacht, Lerr-- bin gleich wieder da!" And schon ist

der Bursche um die nächste Ecke verschwunden.

Neitzel grinst. „Der kommt nicht wieder."

Kühler zeigt strahlendes Lächeln des Vertrauens. „O, er kommt
wieder! Selbstverständlich-der brave junge Bursche!"

„Ach so — du kennst ihn? Dann allerdings!" Neitzel ist bereit,
zuzugeben, daß der Bursche dann freilich gezwungen sein würde, sich
wieder einzustellen.

„Ich kenne ihn nicht; eben Hab' ich ihn zum ersten Male gesehen.
Aber das hat ja nichts damit zu tun."

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Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Laßt doch euren kabbalistischen Kram!" "Ausgerechnet mir als Nichtraucher muß das passieren!"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Croissant, Eugen
Mauder, Josef
Entstehungsdatum
um 1939
Entstehungsdatum (normiert)
1934 - 1944
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 191.1939, Nr. 4916, S. 219

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Erschließung

Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
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