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Aus bem Sehen eines ungarischen Husaren-Trompeters.

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l lich, ihr gestriges Gespräch wiederholen werbe, was ihn als
Führer ohne Schonung der strengsten Strafe unterzöge. So-
bald er die Wache hat, durfte er im Gasthausc nicht verweilen
und am allerwenigsten Wein trinken wollen.

Der Korporal hätte auch in seinem Leben Misko nicht
verklagt, wenn er nicht die Ohrfeige in Gegenwart der ganzen
Patrouille bekommen hätte, was ilm zum Rapport nöthigte.

„Jetzt Leute!" —redete sie der Rittmeister an — „sprecht
die reine Wahrheit, wie sich Alles zugetragen, sonst erschwert
Ihr nur mir die Verhandlung und Euch die Strafe. — Also
Korporal, Ihr klagt den Husaren an, daß er Euch eine Ohr-
feige gegeben hat?!"

„Ja, Herr Rittmeister!"

„Husar, hast du Du ihm die Ohrfeige gegeben?"

„O, ja, Herr Rittmeister!"

„Aus welcher Ursache?"

„Das ist lauge Geschicht'!"

„Nun, so erzähle sie möglichst kurz!"

„Da Ehcf von unser'n Regiment," begann Misko —

I „war gestern so stark zufrieden mit mir, daß bat er mich ganz
allein von Allen ausgezeichnet und ein' Ducaten mir hat
g'schenkt. — Mit ein' Hälfte von den Ducaten Hab' ich be-
zahlt eine alte Schuld — (eine leichte Röthe überflog die
dunkle Zigeuner - Wange) mit andern bin ich Abend ins
Wirthshaus gangen. — Da lad't mich ein zum Kartenspielen
: ein Mann — ich spiel' — und Hab aber so viel Pech, daß
j ich mein ganz Geld verlier?" — — —

„Also wieder durch Dein Spiel?" — unterbrach ihn
der Rittmeister — „Zweimal bist Du schon der Karten hal-
ber abgestraft worden, und gibst »och nicht Ruh'! — aber
erzähle weiter, wie hängt dies mit der Ohrfeige zusammen?!"

„Io, ich Hab' früher i» Wirthshaus, wo ich ganz fremd
war, gut 'gessen und 'trunken — — mein' holder Ducaten
is verspielt — — jetzt wie zahlen? — da kommt die Pa-
troll, ich war recht grob, damit ich unter Bedeckung zu Haus
geh'n muß — und so nicht gleich zahle» brauch — aber der
geschwoll'ue Korp'ral da, will grad aus nicht streit'» mit mir,
was konn ich moche», daß fort zu kummen — ich geb ihm
ein' Ohrfeig'» — da hab'n's mich eingesperrt — der Wirth
hat vergessen oder nicht 'traut an Zahl'» zu denke». — —
No, so bin ich do, und is mir heut vor Gott und von Herrn
Rittmeister, die Freiheit geschenkt, so will ich alle Kameraden
das Geld zusamm'leih'n und den Wirth zohl'n!"

So freimüthig erzählte Misko sein' Geschichte, weil er
den Rittmeister wohl kannte und daher wußte, daß er nur
dann zum Verzeihen aufgelegt war, wenn man ihm Alles bis
auf's Kleinste wahr und offen berichtete.

Die Heldenthaten unseres Trompeters überschritten aber
weit jede Verzeihungsmöglichkeit.

Nach kurzer Pause begann der Rittmeister mit strenger
Miene: „Wegen thätlicher Vergreifung an Deinem Vorgesetzten
bist Du verurtheilt zu zwanzig Stockstreichen, und wegen wie-
derholtem Kartenspielen im Wirthshaus wirst Du — —"

Hier unterbrach der anwesende Offizier den Rittmeister,
indem er ihm einige Worte leise sagte —

„Gut" — fuhr dann der Rittmeister zum Offizier ge-
wendet fort — „ich überlasse Ihnen gerne die Heilung seiner
Spiel-Wuth!" —

Misko hatte sein llrthcil mit staunenswerther Ruhe an-
gehörr und als er nun vollends den Offizier, bei dem er sehr
gut gelitten war, mit dem Rittmeister sprechen sah, wäre ihm
bald ein Lächeln entschlüpft. Jetzt sprach der Offizier zu ihm:
„Misko, der Herr Rittmeister wollte Dir des Spieles halber
noch eine sehr strenge Strafe auferlegen — und cs kann Dir
nur unter einer Bedingung verziehen werden; wenn ich näm- !
lich für Dich gutstehe, daß Du niemals wieder spielen willst!"

„Also bitt' ich Herrn Leut'nant steh'ns gut!"

„Wohl, das kann ich aber nur, wenn Du mir früher
Dein Ehrenwort gibst, auch nie wieder zu spielen. — Da Du
bekannt bist für einen tüchtigen Husaren, so glaube ich auch,
daß Du Dich eher erschießen ließest, als Dein einmal gegebe-
nes Ehrenwort zu brechen!"

„Jo, das is wahr!"

„Du setzest Dich auch der strengsten Strafe aus, wenn
man Dich je wieder spielen sieht — kurz erwäge Alles genau
— und überlege es sehr gut, ehe Du Dein Ehrenwort gibst!"

Bei diesen letzten Worten des Offiziers öffnete sich die
Thür — man brachte eine Depesche, die der Rittmeister eilig
erbrach. — Auf einen Wink des Offiziers gingen alle Anwe-
senden in das darausrossende Zimmer.

Kaum war Misko da, so überlegte er auch, wie ihm der
Offizier befahl — natürlich aber nach seiner gewöhnlichen Art:
Das Spiel mußte entscheiden; er zog nämlich die schmutzigen
Karten aus der Tasche, mischte, hob ab. „Ja, oder Nein?
hier ist Filko! Also — Ja, ich gebe mein Ehrenwort, nicht
mehr zu spielen!" —

In der Depesche laö der Rittmeister:

„„Da in ...., 3te Station der Mangel an einem
„Trompeter sehr sühlbap ist, so geht dieß Ersuchen
„an den Herrn Rittmeister, jenen Trompeter, der von
„mir seiner Pünktlichkeit halber mit einem Ducaten
„belohnt wurde, allsogleich »ach .... zu transferiren.

„Oberst und Inhaber d. .ten Husar.-Regim.""

— Als jetzt Misko wieder in's Zimmer gerufen wurde,
fragte ihn der Offizier: „Also, hast Du überlegt?"

„Ja Herr Leutnant, ich geb' mein Ehr'nwort, nie mehr
zu spielen!"

„S'ist gut," sagte der Rittmeister, — „die Strafe des
Spielens halber ist Dir geschenkt — und wegen des Vergehens
gegen Deinen Vorgesetzten gehst Du nach Mittag zum Profo-
scn und erhältst zwanzig Stockstreiche!" —

Jetzt trat Misko einen Schritt vor. „Herr Rittmeister,"
redete er ihn an — „ich hätt noch ein' Bitte!"

„Sprich!"

„Aber Herr Rittmeister sind nicht böst?"

„Nein, aber schnell!"
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