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Warum der Herr Hugo von Roscnduft sein schönes Gut verkaufen wollte.

Male schon, schmerzlich enttäuscht worden. „Müssen heim!"
ächzte, er verzweifelt. „Hier ist etwas geschehen, Gott weiß,
was!" Der Wagen wurde angespannt, und Hugo, dem in
der einsamen Wagcncckc tausend bange Sorgen Gesellschaft
leisteten — ein schöner Ersatz für die verlorene Braut! —
fuhr nach Licbelfingen zurück.

Ehe das Schloß erreicht war, mußte der Kutscher halten; der
Major konnte ja herauskommen sein, und dann wäre der
sorgenvolle Bräutigam dem Löwen grad in den Rachen gelau-
fen. Johann mußte voraus laufen, während Hugo die Zügel
hielt, und sich vorsichtig erkundigen, ob der Major auf dem
Schlosse sei. Erst als Hans mit der beruhigenden Nachricht
zurückkehrte, es sei Niemand da, wagte Herr Rosenduft in das
Schloß seiner Väter einzusahren. Hier benachrichtigte er den
Major in wenigen Zeilen von seinem Unfall, wie er Cäcilie
in die Stadt gefahren, wie sic ihm dort abhanden gekommen
u. s. w. — Ein Bote wurde abgesandt, und Hugo suchte sich
! nun eine entlegene Kammer aus,, in welcher er sich vor des
Majors Grimm versteckte. Seine Leute hatten den strengen
Befehl erhalten, dem Major, wenn er etwa käme, zu sagen:
der gnädige Herr sei sogleich wieder in die Stadt zurückgc-
eilt, um nach Cäcilien zu suchen.

Das waren qualvolle Stunden für den armen Hugo,
als er, angstvoll auf jedes Geräusch lauschend, in der dunklen,
mit allerlei altem Hausrath angcfüllten Kammer steckte. Das
schmale Gemach war entschieden nicht daraus eingerichtet, Je-
manden zu beherbergen; überall, wohin die Hand des armen
von Sorge, Angst und dem rastlosen Hin- und Hcrlausen
Ermüdeten tastete, ragten spitzige, eckige Dinge, scharfe Kan-
ten und allerlei wunderliche Sachen empor. Alte Stühle waren
so in und über einander gesetzt, daß die ein schmales Ruhe-
plätzchen suchende Hand nur auswärts ragende Stuhlbeine
erfaßte. Eine Sophalchne, die er jetzt ertastete, erfüllte den
Müden mit Hoffnung, aber auch hier thürmte sich, wie er
nach kurzem Weitcrtappcn innc ward, ein solcher Wust von
Stühlen, Rahmen und, Gott weiß, was noch für eckigen kan-
tigen Dingen auf, daß an ein Nicdcrsetzcn gar nicht zu den-
ken war. In der Finsterniß, die ihn umgab, konnte er auch
! gar nicht an ein Wegräumen der Sachen denken, denn Alles
! schien so in einander gestellt und verschränkt, daß sämmtliche
Geräthschaste» zu wanken anfingen, wenn Hugo an irgend einer
! Ecke zu schieben wagte. Wenn dann Alles übcreinandcrstürzte,
dann ging ihm auch das letzte freie Plätzchen verloren, das
er noch um sich herumfühlte, und der Lärm hätte ihn ver-
rathen können; den» seine Angst zeigte ihm den grimmigen
Major durch das Haus schleichend, an allen Thüre» horchend
und bereit, wo nur immer ein Geräusch zu hören wäre, cin-
zubrechen mit all seiner Wuth. Es waren jammervolle Stunden
für den unglücklichen Besitzer von Licbelfingen, wie er in seinem
Schlosse todtmüde in einer Rumpelkammer stand! Und als
ihn nun gar ein dumpfes Geräusch die Ankunft des Majors
ankündigte, da bebte der arme Hugo wie ein Dieb, auf dessen
Fährte die wachsame Justiz gerathen. — Es war wieder ruhig
geworden, der Bediente kam und rief durch die Thür in die

Kammer hinein: „Gnädiger Herr, der Herr Major sind fort!"
Aber der Gcängstigte wagte nicht, seinen Schlupfwinkel zu
verlassen. Der Major konnte ja jeden Augenblick wieder kom-
men! Kaum daß die Furcht ihm so viel Zeit vergönnte, daß
der Kammerdiener in Eile das alte staubige Sopha abräumcn
und zu einem dürftigen Lager Herrichten konnte. Endlich senkte
sich der mitleidige Schlaf aus die Augen des Gequälten, der
matt und zerschlagen auf den: zerrissenen, modrigen Sammt
eines Sophas ruhte, aus dem vor grauen Jahren seine Ahnen
gesessen.

Früh am Morgen scheuchte ein leises Pochen den Schla-
fenden auf. „Was gibts?" rief er ängstlich. Die Stimme des
Bedienten ließ sich hören: „Gnädiger Herr, ein Brief ist an-
gekommen!" — „Ist der Major da?" fragte Hugo. —
„Nein!" war die Antwort, und der gnädige Herr wagte zu
öffnen. Ein Brief wurde ihm übergeben, er erbrach das Sie-
gel, eine zierliche nette Hand trat ihm entgegen, er schaute
nach der Unterschrift — was war das? „Cäcilie von Falber» !"

— „Was heißt denn das?" fragte er dumpf und las: „Ver-
geben Sie mir, Herr von Roscnduft, all die Sorge und Noth
die ich Ihnen wider meinen Wunsch verursachen mußte, und
den Betrug, der mir schwer genug geworden ist, aber ich
konnte nicht anders. Hören Sic kurz, was geschehen. Vor drei
Jahren hielt Herr von Faldern um meine Hand an; mein
Vater versagte sie ihm, obschon ich meinem theurcn Karl mein
ganzes Herz geschenkt hatte. Ich wollte meinem Vater nicht
widerstreben, obschon ich meinte, das Herz müsse mir brechen.
So lange er nur der Erfüllung des heißesten Wunsches meines
Herzens entgcgcntrat, meinte ich gehorchen zu müssen, als es
aber daran nicht genug war, als er mich sogar zwingen wollte,
meine Hand nach seinem Willen hinzugeben, da widcrsctztc
ich mich. Sie kennen meinen Vater und wissen daher, daß
mein Widerstand vergeblich sein mußte. Ich war verlobt mit
Ihnen. Indessen, da ich nicht stark genug gewesen, ein mu-
thiges „Nein!" dazwischen zu rufen, da ich in trübem Schmerz
es mir schweigend hatte gefallen lassen, daß mein Vater wider
meinen Willen über mich verfügte, wollte und mußte ich Ihnen
wenigstens offen zeigen, wie ich keine Neigung habe, Ihre
Gemahlin zu werden. Sic entsagten darauf meiner Hand, aber
nun trieb mein Vater die Härte so weit, mich auf die roheste
Weise zu diesem Bündniß zwingen zu wollen. — Es gab eine
furchtbare Scene, er drohte mir sogar mit Schlägen. Er wolle
mich, sagte er, schon zwingen, Vernunft anzunehmen. Ich
wußte, er hätte cö ausgeführt. Jetzt, Herr von Rosendust,
blieb mir nichts übrig als List und Betrug. Ich stellte mich
freundlich. — Es hat mir viel gekostet, Sic zu betrügen, aber
es war der einzige Weg. Meinem Vater war ich nun nichts
mehr schuldig, und jeder Schritt schien mir erlaubt. Ich über-
redete Sic, mich auf ihr Gut zu fahren; Sic willigten ei»,
und ich schickte sogleich mein Mädchen nach Ammergrün zu
Herrn von Faldern. — „Ja wohl! ja wohl!" seufzte Roscn-
dust, „das weiß ich, ich Hab' die Nanette ja selber gefahren!"

— Es wurde eine Zusammenkunft in der Mühle verabredet,
die Leute dort sind mir ergeben. Aus dem Wege rief mich der
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