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| 154 Die Eh

sich alle gemachten Vorschläge noch als nicht zweckentsprechend
erwiesen hatten.

Dem ältesten der Schreiber war es endlich Vorbehalten,
das so sehnlichst gesuchte Ausknnftsmittcl zu finden.

„Wie wäre es," sagte er bescheiden, „wenn ich mir un-
maßgeblicher Weise vielleicht eine unterthänige Porzcllainkaffee-
Taffe als Festgeschenk vorzuschlagen erlaubte. Meines schwachen
l Wissens nach sind der Herr GerichtSrath ein Kaffeetrinker."

Eine kurze Pause der Ucberleguug folgte bei den Uebri-
j ge»; bald aber gewann der angeregte Gedanke immer mehr
1 Raum und erwies sich als ganz annehmbar.

„Hm — in der That, das wäre nicht so übel," bemerkte
I der erste Aktuarius.

„Aber doch scheint mir eine Kaffeetasse bei solcher Ge-
■ legenheit zu nichtssagend," warf spöttisch der zweite Aktuar
! hin, den es im Grunde genommen nur ärgerte, daß er selbst
nicht den Einsall des alten Schreibers gehabt hatte.

„Durchaus nicht," entgegnete der erste Aktuar wieder,

> „grade mit diesem Geschenke lassen sich die besten Beziehungen
verknüpfen. Uebrigens gestatten die vorhandenen neun Thaler,
daß wir auch ein Prachtexemplar von einer Tasse anschaffen
können. Mein Vorschlag würde dahin gehen, die Untertasse
mit einem passenden Gemälde und die Obertasse mit einigen
Widmungszeilen verzieren zu lassen. An glänzender Vergoldung
darf es der Fabrikant auch nicht fehlen lassen und so stellen
wir ein Geschenk her, das jedenfalls den Beifall unsres ver-
ehrten Herrn Chefs im vollsten Maße erlangt."

Alle waren hiermit einverstanden, und so war man denn
endlich zu dem ängstlich gesuchten Entschlüße gelangt. Man
beschloß noch einstimmig, die ferneren Besorgungen in dieser
Angelegenheit dem ersten Actuar vollständig zu überlassen, da
derselbe übcrdieß noch geäußert hatte, wie er in O. einen
sehr geschickten Porzellainsabrikanten kenne, den er mit der
Ausführung der Ehrentasse beauftragen wolle. Das Gemälde
auf der Untertasse sollte das Wohnhaus des Jubilars vorstel-
I len und verschaffte sich der Actuar davon die nöthige Skizze.
Die Anfertigung der Widmungsworte für die Obertasse über-
ließ man ebenfalls dem Actuar und derselbe schrieb deshalb
an den Fabrikanten Folgendes:

„Das Bild des Hauses geben Sie so getreu als mög-
„lich nach der Skizze wieder. Die Obertasse schmücken
„Sie so reich aus, als es sich für den bewilligten Preis
„von neun Thalcrn thun läßt und bringen Sie auf dcr-
„selben folgende Inschrift an:

„Aus dankbarer Verehrung — und wenn cs nicht
„mehr kostet, vielleicht noch — aus Hochachtung!"

Die Herren Erpeditionsbcaintcn waren mit dieser Anord-
nung ganz zufrieden und erwarteten mit vergnügter Ruhe den
Tag des Jubiläums. Man glaubte die Anfertigung der Tasse
den besten Händen übergeben zu haben und freute sich schon
im Voraus, welchen herrlichen Eindruck dieses sinnige Geschenk
auf den verehrten Chef machen müßte.

Der erste Actuar bereitete unterdessen eine höchst glanz-
volle Rede vor, die wie fast alle dergleichen Produkte mit der

rcntasse.

rührenden Phrase begann: „Gestatten Sie mir, zwar unvor-
bereitet doch nicht minder herzlich einige Worte dieser
bescheidenen Gabe beizusügen u. s. w. u. s. w."

Unterdessen verstrich die Zeit bis zu dem feierlichen Tage
immer mehr und die mit ängstlicher Spannung erwartete Taffe
traf noch nicht ein. Der Herr Actnarius schrieb einen Brief
voll Feuer und Flammen an den Tassenverfcrtiger, worin er
ihn mit endlosen Prozessen und den schärfsten Ahndungen nach
§. so und so des Strafgesetzbuches bedrohte, wenn die Tasse
nicht eintreffen würde, denn am sechsten Tage von jetzt an,
war das Jubiläum, und der Vormittag dazu bestimmt, das
Geschenk dem Herrn Gerichtsrath zu überreichen.

Der Porzellainmaler erwiederte in einem sehr kläglichen
Briefe, daß ihm ein Unglück mit der Tasse zugestoßen sei, in-
dem dieselbe beim Brennen zersprungen wäre. - Gleichwohl hätte
er auf der Stelle eine zweite begonnen und versicherte er be-
stimmt, diese bis zu dem Tage vor dem Jubiläum zu liefern.

In fieberhafter Spannung erwarteten die fünf Erpcdi-
tionsbeamten den zur Lieferung angesetzten Tag. Stunde für
Stunde ward nacki der Post geschickt, um anzufragen, ob das
verhängnißvolle Kästchen mit der Tasse noch nicht angekommcn
sei; allein immer kehrte der Bote mit traurigem Kopfschütteln
zurück. So kam der Abend heran und die Verzweiflung der
Beamten war bis auf das Höchste gestiegen. In dieser größ-
ten Roth verfiel der zweite Actuar auf einen trefflichen Ge-
danken. O. war von F. etwa sechs Meilen entfernt, wenn
man einen erpressen reitenden Boten dorthin schickte, so konnte
derselbe bis Morgen früh mit der Tasse zurück sein, die er
auf jede» Fall, selbst wenn sie auch noch nicht ganz fertig
wäre, mitbringen sollte. Der Gedanke war ausgezeichnet und
wurde sogleich inö Werk gesetzt.

Bald war ein Bote gefunden und man empfahl demselben
die größte Eile; er versprach bis spätestens morgen früh um
neun Uhr zurück zu sein. Die Taffendeputation schlief mit er-
leichtertem Herzen und in der Ueberzcugung daß der Bote ge-
wiß Wort halten würde, ließ der erste Actuar sich und die
anderen Herren am Festmorgcn für die zehnte Stunde zur
Gratulation bei dem Herrn Gerichtsrath melden. Er erhielt
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Die Ehrentasse"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

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Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

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Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Stauber, Carl
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Ehrung
Übung
Karikatur
Vorgesetzter
Hund <Motiv>
Zimmer <Motiv>
Rede <Motiv>
Satirische Zeitschrift
Aktuar <Versicherung>

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 29.1858, Nr. 698, S. 154
 
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