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Fliegende Blätter — 3.1846 (Nr. 49-72)

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Nr. 56
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https://doi.org/10.11588/diglit.2125#0062
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' 58 - Die Sch

verriegelte die Thüre wieder aufs sorgfältigste. Hierauf be-
gab er sich in sein Kabinet und las sich die ins Schatzheben
einschlagenden Stellen bedächtig und laut aus einem großen
dicken Schweinsbande mit messingenen Schließhaken vor, schlug
die folgende Stelle, Seite 714, auf, und legte einen Merk-
zettel hinein: „Willt du gestohlen Gut und was der-
gleichen versteckt ist, finden, deßgleichen Gränz-
steine, Spuren von Rändern, unterirdische Brun-
nen und Quellwasser, Metalladern von Gold oder
Silber, vergrabene Schätze rc., so bediene dich der

I Wünschelruthe solgendermassen"-und nun

folgt eine weitläufige Beschreibung von der Haltung der
Wünschelruthe, und am Ende hieß cs: Note. Nur jene
können die Wünschelruthe halten, welche »ud 8oIe
! geboren sind, sintemalen bei andern nicht sud 8oIe
gebornen selbige sich nicht anders gerirt und ivendet
und dreht als jeweilige andere Ruthe oderStecken.—

Hierauf rechnete er nach, unter welchem Zeichen er ge-
boren, und zu allem Glück war er im Sonnenzeichen auf die
Welt gekommen; eine Stunde später, und Merkur wäre sein
Planet gewesen, und sein ganzes Leben lang hätten Schulden,
i Krankheit, Banquerot u. s. w. ihn nie verlassen. — Vom
Sonnenzeichen hieß es im Schweinsband, daß wer darin ge-
boren sei: Erbschaft, Glück im Spiel, schöne Hoffnungen und
Glück in allen Unternehmungen habe.

3.

Noch mancher Tag mußte vorübergehen, bis endlich der
glückliche günstige erschien, an dem der Schatz gehoben werden
j sollte, und der Holzhacker träumte die Nächte über von nichts
als Goldstücken und Silberbarren und alten Häfen voll Thalern,
und scharrte und wühlte auf seinem Strohsack, als ob er im
Ichatzgraben begriffen wäre, so daß seinem Weibe angst und
bange wurde, und sie oft nicht wußte, was sie anfangen sollte,
um ihn aus seinen bösen Träumen zu bringen; denn er war
sehr schwer zu wecken, und sie dachte ihm einen Gefallen da-
durch zu erweisen, wenn sie ihm recht herzhaft ins Ohr schrie:
Hans! sei ruhig! du liegst ja im Bette! Darüber aber wurde
der gute Hans oft ärgerlich, wenn er gerade Alles voll Gold
sah, und bei fich dachte, diesmal ist es Gottlob kein Traum,
und nun bringt ihn das verdammte: Hans du liegst ja im
Bette! wieder in die leere Wirklichkeit, und mit dem Traume
flogen die klingenden und funkelnden Goldmünzen alle von
dannen.

"Nicht viel anders ging es dem Manne mit dem Ra-
ritätenkasten. Der träumte sich eine Chaise mit ein paar
muntern Braunen, hintenauf ein Bedienter mit einem Barte,
wie weiland der wackere Bürgermeister von Braunau, vorn
auf dem Bocke ein Kutt'cher mit marttalischem Gesichte und
einer nordlichtfarbigen Nase, und er saß behaglich in der
Chaise, dehnte sich links und rechts nach Behagen und die
Bauern zogen ihre Mützen, wenn er vorüberflog und schauten
dem schönen Gespanne nach. So träumte jeder nach seiner
Art, indeß der Urheber dieser unruhigen Nächte ruhig auf

tzgräber.

seinen vier Pfählen schnarchte, und der braune Pfannenflicker
längst die ganze Geschichte verschlafen und vergessen hatte.

Die Uhr auf dem Kirchthurm zu Theinheim schlug zehn
Uhr, da schlichen aus dem Hause des Hexenkaspars drei
dunkle Gestalten, tief vermummt und verhüllt in ihren Kleidern,
und schritten lautlos mit raschem Gange am Bache hinauf.
Es waren die Schatzaufsucher. Kein Stern flimmerte am
Himmel und dichtes Dunkel lagerte über der Gegend. Der
Wind wehte scharf von Norden und pfiff unheimlich in den
Ufertveiden und dem verdorrten Röhricht und Schilfgestaude,
und klatschend schlugen die Wellen an das gefrorne Ufer.
Wenn sich hie und da etwas regte, oder ein Hund von drüben
am Bache plötzlich zu bellen anfing, so fürchteten sie sich
nicht im geringsten; nur als eine Eule auf einmal ganz nahe
bei ihnen ihr gräßliches Lied anzustimmen begann, erschracken
sie ein klein wenig. Oberhalb dem letzten Hause, wo unter
zwei alten Lindenbäumen eine Kapelle steht, verließen sie den
Bach, und zogen quer über die Straße auf den geftorenen
Meckerndem naheliegenden Gebüschezu, um keinem Menschen begeg-
nen zu müssen; denn wie leicht hätte noch ein später Wanderer
auf der Straße sein oder ein dienstbarer Geist der immer
wachenden Polizei ihnen in den Weg treten können, um Paß
und Ausweis abzuverlangen, da das Schatzgraben noch immer
bei uns verboten ist, so einträglich es auch sein mag. Wie
sie das Gehölze erreicht hatten und Schritt für Schritt hinter
einander herwanderten, wollte es dem Raritätensammler dünken,
als ob er hinter einem Stamme im Dunkel etwas sich rühren
sehe, und je länger er hinsah, desto deutlicher kam es ihm
so vor; er bedeutete dies flüsternd dem Holzhacker, und auch
der fand das Ding nicht ganz richtig. Mit weitausgreifenden
Diebesschritten eilten sie dem Wundermanne nach, der schon
eine ziemliche Sttecke voraus war, und zuckten zusammen,
wenn ein dürres Aestchen unter ihren Füßen krachte, oder
ihre Werkzeuge, die sie auf den Schultern trugen, an einen
Stamm ansticßen.

Horch! habt ihr'nichts gehört? fragte der Kastenträger;
ich glaubte, ich hörte hinter uns Tritte.

Es war nichts, erwiderte Hans mit bebenden Lippen
und ttabte weiter.

Seht einmal hinter euch! dort! das dunkle Ding, das
aussieht, wie ein halbabgesägter Stamm, hat sich ja gerührt.

Ei! warum nicht gar? kommt, kommt, sonst verlieren
wir unfern Anführer.

Kommt nach! hörte man den Wundermann ihnen mit
hohler Stimme zurufen; wir haben nicht viel Zeit übrig. —

Hallo, haho! scholl es im selben Augenblicke dicht neben
ihnen, so wild und gräßlich, daß sie voll Schrecken davon-
rannten und auseinanderstoben wie Spreu im Winde.

Schweißbedeckt erreichte einer nach dem andern den Burker-
berg, und wenn einer den andern erblickte oder ein Geräusch
vernahm, glaubte er, es wäre eine Spuckgestalt und schrack
zusammen, bis sie endlich nach und nach sich erkannten, und
das Werk begannen. Ter Schuhflicker zündete eine Laterne an
und gab sie dem Holzhacker in die Hand, zog die Wünschelruthe
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