Das verhängnißvolle Gedicht.
„Sei doch nicht böse auf mich, Therese, aber sichst Du,
er hätte mir zu Gefallen auch doch einmal fliegen können!"
Der Doktor las mein Opus flüchtig durch; alsdann über-
reichte er cs mir, indem er sagte:
„Will Er uns das schöne Gedicht nicht einmal vorlesen,
Müsse Hiller?" —
Ich sah ihn fragend an.
„Ich wünsche es!" — fügte er ernst hinzu und ich wagte
es nicht, ihm zu widersprechen. Mit weinerlicher Stimme
deklamirte ich nun alle fünf und dreißig Verse und hätte da-
bei vor Scham in die Erde sinken mögen. Als ich damit fer-
tig war, sagte der Alte:
„Die Zeit erlaubt eS Ihm wohl nicht länger hier zu
bleibe», MuSje Hiller?"
Und ich hatte noch gar nicht gesagt, daß ich fortgchcn
wolle! — Ich nahm also meinen Hut und ging. Doktor
Schnepper gab mir das Geleit bis zur Hausthür, hier legte
er seine Hand auf mein Haupt, als wollte er mich segnen
und sagte: „Er ist ein großes Genie, Müsse Hiller, aber
komm' Er »lir nicht wieder über die Schwelle!" —
Als ich mich darauf höftichst empfehlen wollte, da lag
mein Hut im Rinnstein und ich saß mitten auf der Straße
»nd rieb mir das Schienbein. Von dem Doktor Schnepper
war aber nichts mehr zu sehen."
Illustrationen zu deutschen Liedern. 1»
Ach wenn Du wärst mein eigen.
Wie lieb sollt'st Du mir sein re.
Das Urtheil.
„Run, wie gefällt Ihnen die Dame, welche ich Ihnen
gestern vorzustellen die Ehre halte?"
„Je nun, als sie mich nicht ansprach, sprach sie mich
an, als sie mich aber ansprach, sprach sic mich nicht an."
Widerspruch.
Ist cs nicht seltsam, daß die größten Meister
Verhungernd zieh'n in's Land der Geister,
Und sind im Elend sie entschlafen,
Roch Würmer nähr'n und Biographen?
(Euphemistischer Ausdruck.
„Aber, gnädige Frau, was ist den» da?, daß Ihr Pint- '
schcrl, die Finettl, »ach dem Rücken hinunter so glatzköpfig wird."
„Sei doch nicht böse auf mich, Therese, aber sichst Du,
er hätte mir zu Gefallen auch doch einmal fliegen können!"
Der Doktor las mein Opus flüchtig durch; alsdann über-
reichte er cs mir, indem er sagte:
„Will Er uns das schöne Gedicht nicht einmal vorlesen,
Müsse Hiller?" —
Ich sah ihn fragend an.
„Ich wünsche es!" — fügte er ernst hinzu und ich wagte
es nicht, ihm zu widersprechen. Mit weinerlicher Stimme
deklamirte ich nun alle fünf und dreißig Verse und hätte da-
bei vor Scham in die Erde sinken mögen. Als ich damit fer-
tig war, sagte der Alte:
„Die Zeit erlaubt eS Ihm wohl nicht länger hier zu
bleibe», MuSje Hiller?"
Und ich hatte noch gar nicht gesagt, daß ich fortgchcn
wolle! — Ich nahm also meinen Hut und ging. Doktor
Schnepper gab mir das Geleit bis zur Hausthür, hier legte
er seine Hand auf mein Haupt, als wollte er mich segnen
und sagte: „Er ist ein großes Genie, Müsse Hiller, aber
komm' Er »lir nicht wieder über die Schwelle!" —
Als ich mich darauf höftichst empfehlen wollte, da lag
mein Hut im Rinnstein und ich saß mitten auf der Straße
»nd rieb mir das Schienbein. Von dem Doktor Schnepper
war aber nichts mehr zu sehen."
Illustrationen zu deutschen Liedern. 1»
Ach wenn Du wärst mein eigen.
Wie lieb sollt'st Du mir sein re.
Das Urtheil.
„Run, wie gefällt Ihnen die Dame, welche ich Ihnen
gestern vorzustellen die Ehre halte?"
„Je nun, als sie mich nicht ansprach, sprach sie mich
an, als sie mich aber ansprach, sprach sic mich nicht an."
Widerspruch.
Ist cs nicht seltsam, daß die größten Meister
Verhungernd zieh'n in's Land der Geister,
Und sind im Elend sie entschlafen,
Roch Würmer nähr'n und Biographen?
(Euphemistischer Ausdruck.
„Aber, gnädige Frau, was ist den» da?, daß Ihr Pint- '
schcrl, die Finettl, »ach dem Rücken hinunter so glatzköpfig wird."
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Das verhängnißvolle Gedicht" "Illustrationen zu deutschen Liedern"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Thema/Bildinhalt (normiert)
Rauswurf <Motiv>
Heimliche Liebe
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 31.1859, Nr. 733, S. 19
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg