150 Na che ist süß.
Peter und Michel (plündern aus Rache für erhaltene
Schläge die Milchkammer des Schulmeisters): „Ha, die
Rache ist süß!"
Sonderbar.
„Gehalten sei, was ich versprach!"
So rief mit Biederkeit
Der Fürst; allein sein Rath, der sprach:
„Ja, Herr, wcnn's an der Zeit!"
Vom Fürsten ward dieß anerkannt; —
Doch währt's nicht lange daun,
Da ries das Volk: „Im Nachbarland
Fängt sich's zu regen an!"
„Gerüstet! daß bereit wir sind,
Wenn uns der Feind bedräut!"
Da sprach der Rath: „das Volk ist blind! —
Noch ist's nicht an der Zeit."
Allein, cs zog die Sturmcsnacht
Des Krieges jach herein
Und nach der wild verlobten Schlacht
Grub Tausende man ein.
Da sprach der Rath: „Wir wurden zwar
Geschlagen in dem Streit;
Doch wirklich, das ist sonderbar:
Es war nicht an der Zeit!"
Plaudereien.
(Der Bauernkalender als Erfinder der Homöo-
pathie.) Bekanntlich besitzen die homöopathischen Arzneien
die Eigenschaft das ngmlichc Krankhcitssymptom dort hervor-
zurufen, wo sie es nicht-schön antreffcn, — welches sic ver-
nichten, wenn sie es bereits vorhanden finden; genau dasselbe
behauptet die uralte Bauernregel:
„Mathcis bricht's Eis — find't Er kein's — macht er cin's."
Plauder eien.
(Eine Hand wäscht die andere.) Ein Kesselflicker
wanderte in ein Dorf ein und kehrte, da er viele beschwerliche
Meilen zurückgelcgt, ohne Arbeit zu finden, müde und hungrig
in dem Wirthshause ein. Hier kam er in Gespräch mit einem
Glaser, dem er seine mißlichen Umstände erzählte. Der Glaser
hatte Mitleid mit ihm, sagte ihm, er solle bald Arbeit be-
kommen und rieth ihm, sich mittlerweile eine gute Mahlzeit
auftragcn zu lassen. Der Kesselflicker folgte diesem Rathc, aß
sich tüchtig satt und hörte, als er dann wieder in die Küche
zurückkchrtc, zu seiner großen Freude, daß der Wirth seiner
Dienste bedürfte, um eine Anzahl Pfannen und Kessel auszu-
bcssern, welche plötzlich Risse bekommen hätten. Der Kessel-
flicker machte sich sofort an die Arbeit, vollführte sie zur Zu-
friedenheit des Wirthcs, ward gut bezahlt und machte sich dann
fröhlich auf die Weiterreise. Als er das Wirthshaus noch
nicht weit hinter sich hatte, begegnete er wieder dem Glaser,
welcher sagte: „Na, Ihr seht, daß ich die Wahrheit sprach.
Ich habe Euch Arbeit verschafft und wie glaubt Ihr wohl,
daß ich dies angcfangcn habe?" — „Dies kann ich wirklich
nicht sagen," antwortete der Kesselflicker. — „Dann will ich
es Euch sagen," hob der Glaser wieder an. „Ihr sagtet zu
mir, Ihr wäret müde und hungrig und hättet kein Geld.
Ich wußte, daß der Wirth dcö Gasthauses reich ist und gute
Geschäfte macht, deshalb nahm ich die Gelegenheit wahr und
stieß ein Loch in jedes Blech- und Kupsergeschirr, dessen ich
habhaft werden konnte." — Der Kesselflicker setzte, nachdem
er seinem dankerfüllten Herzen durch einige Worte Luft ge-
macht, seinen Weg weiter fort. Es dauerte nicht lange, so
kam er an die Dorfkirche und der Anblick derselben erweckte
plötzlich einen brillanten Gedanken in ihm. Der Glaser hatte
sich ihm freundlich erwiesen und er wollte an dem Glaser
ein Gleiches thun. Die Kirche, dachte er, könne einen kleinen
Verlust, um einer guten Sache willen, schon tragen und nach-
dem er einen Standpunkt gewählt, wo er nicht gesehen werden
konnte, warf er ein paar Steine in jedes Kirchenfenstcr.
Dann lief er, beseelt vom Hochgefühl seiner Heldcnthat, schnell
wieder zurück, um dem Glaser zu sagen, daß er bald eben-
falls ein gut lohnendes Stück Arbeit aufgetragcn erhalten
würde. Er begegnete dem Glaser an der Thürc des Wirths-
hauscs. „Lieber Freund," sagte er, „ich freue mich, Euch
mittheilcn zu können, daß das Glück mich in den Stand ge-
setzt hat, den mir von Euch erwiesenen Liebesdienst auf
gleiche Weise zu vergelten." — „Wie so?" fragte der Glaser
freundlich. — „Ich habe eine ganze Menge Kirchenfcnster-
scheibcn eingeworfen," antwortete der Kesselflicker, und Ihr
werdet natürlich beauftragt werden, sie wieder cinzuzichen.
Der Glaser erscbrack, ward leichenblaß und stammelte: „Das
ist doch nicht Euer Ernst?" — „Ja wohl ist er cs," cnt-
gegnctc der Kesselflicker, „cS sind in sämmtlichcn Kirchcnfcnstcrn
kaum noch zehn Scheiben ganz. Eine Hand wäscht die andere,
wißt Ihr." — „Ja," antwortete der Glaser, vcrzwciflungS-
voll die Hände ringend, „aber mich habt Ihr ruinirt, Ihr
Schurke, denn ich habe für eine vertragsmäßig fcstgcstclltc
Summe die Kirchenfenstcr das ganze Jahr hindurch in Repara-
tur zu halten!"
Peter und Michel (plündern aus Rache für erhaltene
Schläge die Milchkammer des Schulmeisters): „Ha, die
Rache ist süß!"
Sonderbar.
„Gehalten sei, was ich versprach!"
So rief mit Biederkeit
Der Fürst; allein sein Rath, der sprach:
„Ja, Herr, wcnn's an der Zeit!"
Vom Fürsten ward dieß anerkannt; —
Doch währt's nicht lange daun,
Da ries das Volk: „Im Nachbarland
Fängt sich's zu regen an!"
„Gerüstet! daß bereit wir sind,
Wenn uns der Feind bedräut!"
Da sprach der Rath: „das Volk ist blind! —
Noch ist's nicht an der Zeit."
Allein, cs zog die Sturmcsnacht
Des Krieges jach herein
Und nach der wild verlobten Schlacht
Grub Tausende man ein.
Da sprach der Rath: „Wir wurden zwar
Geschlagen in dem Streit;
Doch wirklich, das ist sonderbar:
Es war nicht an der Zeit!"
Plaudereien.
(Der Bauernkalender als Erfinder der Homöo-
pathie.) Bekanntlich besitzen die homöopathischen Arzneien
die Eigenschaft das ngmlichc Krankhcitssymptom dort hervor-
zurufen, wo sie es nicht-schön antreffcn, — welches sic ver-
nichten, wenn sie es bereits vorhanden finden; genau dasselbe
behauptet die uralte Bauernregel:
„Mathcis bricht's Eis — find't Er kein's — macht er cin's."
Plauder eien.
(Eine Hand wäscht die andere.) Ein Kesselflicker
wanderte in ein Dorf ein und kehrte, da er viele beschwerliche
Meilen zurückgelcgt, ohne Arbeit zu finden, müde und hungrig
in dem Wirthshause ein. Hier kam er in Gespräch mit einem
Glaser, dem er seine mißlichen Umstände erzählte. Der Glaser
hatte Mitleid mit ihm, sagte ihm, er solle bald Arbeit be-
kommen und rieth ihm, sich mittlerweile eine gute Mahlzeit
auftragcn zu lassen. Der Kesselflicker folgte diesem Rathc, aß
sich tüchtig satt und hörte, als er dann wieder in die Küche
zurückkchrtc, zu seiner großen Freude, daß der Wirth seiner
Dienste bedürfte, um eine Anzahl Pfannen und Kessel auszu-
bcssern, welche plötzlich Risse bekommen hätten. Der Kessel-
flicker machte sich sofort an die Arbeit, vollführte sie zur Zu-
friedenheit des Wirthcs, ward gut bezahlt und machte sich dann
fröhlich auf die Weiterreise. Als er das Wirthshaus noch
nicht weit hinter sich hatte, begegnete er wieder dem Glaser,
welcher sagte: „Na, Ihr seht, daß ich die Wahrheit sprach.
Ich habe Euch Arbeit verschafft und wie glaubt Ihr wohl,
daß ich dies angcfangcn habe?" — „Dies kann ich wirklich
nicht sagen," antwortete der Kesselflicker. — „Dann will ich
es Euch sagen," hob der Glaser wieder an. „Ihr sagtet zu
mir, Ihr wäret müde und hungrig und hättet kein Geld.
Ich wußte, daß der Wirth dcö Gasthauses reich ist und gute
Geschäfte macht, deshalb nahm ich die Gelegenheit wahr und
stieß ein Loch in jedes Blech- und Kupsergeschirr, dessen ich
habhaft werden konnte." — Der Kesselflicker setzte, nachdem
er seinem dankerfüllten Herzen durch einige Worte Luft ge-
macht, seinen Weg weiter fort. Es dauerte nicht lange, so
kam er an die Dorfkirche und der Anblick derselben erweckte
plötzlich einen brillanten Gedanken in ihm. Der Glaser hatte
sich ihm freundlich erwiesen und er wollte an dem Glaser
ein Gleiches thun. Die Kirche, dachte er, könne einen kleinen
Verlust, um einer guten Sache willen, schon tragen und nach-
dem er einen Standpunkt gewählt, wo er nicht gesehen werden
konnte, warf er ein paar Steine in jedes Kirchenfenstcr.
Dann lief er, beseelt vom Hochgefühl seiner Heldcnthat, schnell
wieder zurück, um dem Glaser zu sagen, daß er bald eben-
falls ein gut lohnendes Stück Arbeit aufgetragcn erhalten
würde. Er begegnete dem Glaser an der Thürc des Wirths-
hauscs. „Lieber Freund," sagte er, „ich freue mich, Euch
mittheilcn zu können, daß das Glück mich in den Stand ge-
setzt hat, den mir von Euch erwiesenen Liebesdienst auf
gleiche Weise zu vergelten." — „Wie so?" fragte der Glaser
freundlich. — „Ich habe eine ganze Menge Kirchenfcnster-
scheibcn eingeworfen," antwortete der Kesselflicker, und Ihr
werdet natürlich beauftragt werden, sie wieder cinzuzichen.
Der Glaser erscbrack, ward leichenblaß und stammelte: „Das
ist doch nicht Euer Ernst?" — „Ja wohl ist er cs," cnt-
gegnctc der Kesselflicker, „cS sind in sämmtlichcn Kirchcnfcnstcrn
kaum noch zehn Scheiben ganz. Eine Hand wäscht die andere,
wißt Ihr." — „Ja," antwortete der Glaser, vcrzwciflungS-
voll die Hände ringend, „aber mich habt Ihr ruinirt, Ihr
Schurke, denn ich habe für eine vertragsmäßig fcstgcstclltc
Summe die Kirchenfenstcr das ganze Jahr hindurch in Repara-
tur zu halten!"
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Rache ist süß"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 32.1860, Nr. 775, S. 150
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg