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Fliegende Blätter — 32.1860 (Nr. 757-782)

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Nr. 782
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https://doi.org/10.11588/diglit.3266#0206
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Die Zwanziger-Putzerin.

(Schluß.)

Sic machte einige davon auf, griff hinein, und holte
eine Hand voll — blanker, glänzender Silbcrzwanziger heraus,
die sie mit dem Tuchfetzchcn und mittelst des Handtuches noch-
mals abwischtc, dann aber klingend in die eigcnthümlichcn
Beutel zurückkollcrn ließ, wobei ihre fetten runzligen Wangen
wohlbchaglich schmunzelten, und sie die Strümpfe je einzeln
wieder fest zuband, dann aber, nachdem die Colli mehrmals
überzählt worden, wieder in die Tulpcngeschmückte Klcider-
truhe zurücklcgtc. Zuletzt holte sic einen noch nicht ganz vollen i
Strumpf hervor, und schüttete dessen Inhalt auf das Kaffce-
tuch aus; cs waren dies auch Silbcrzwanziger, aber gewöhn-
liche, noch nicht blanke und funkelnde, und nun begann die
eigentliche Arbeit. Es wurde Stück für Stück dieser vulgären
Zwanziger vorgcnommcn, dieselben zuerst fortirt, die ganz alten
aus den vorletzten und letzten Jahrhunderten auf ein beson-
deres Häufchen gcthan, auf ein anderes die aus der Maria-
Theresianischcn Zeit, besonders hochgeschätzten, mit dem Bildnisse
der Himmelsmuttcr, der Patrona Hungariae, und zuletzt die
aus Kaiser Franzens Periode, dann aber, — die Marien -
zwanziger zuerst, — dieselben gar sorglich und emsig mit Hülfe
der beiden ausgedienten Zahnbürsten und des Seifenschaumes
geputzt und gewaschen, zuletzt aber mittelst der Schrcibkrcide
und dein Tuchfetzchcn glänzend und funkelnd gemacht, und zu
allerletzt Häufchen für Häufchen separat in Papier gewickelt
und zurück in den Strumpf gethan. Es mag während dieser *
Manipulation, die der Alten gar flink und sicher gelang, schon
gut mehr den» eine Stunde vergangen gewesen sein, und ob-
gleich die Dämmerung noch nicht hcreinbrach, war die Sonne
doch bereits aus dem Hofe verschwunden, und nnt ihr alle
leuchtenden Rcflcrc, und die Zwanzigcr-Polircrin wollte eben
das letzte Päckchen in den Strumpf schieben, wobei sie wie
bisher ihre Augen abwechselnd auf der Arbeit und auf dem j

Hausthore gegenüber ruhen hatte, als letzteres plötzlich heftig
ausgerissen und noch heftiger zugeschlagc» wurde, und ein kaum
dem Knabenalter entwachsener, hübscher und schlanker Junge
in den Hof stürzte. Er war in ein paar raschen Sätzen um
die Ecke herum und wollte in die Vordcrwohnung, doch afs
er diese verschlossen fand, machte er flugs Kehrt und hüpfte
unter den Bäumen weg der Küche zu. Die Alte, welche ihn
vom Fenster aus hatte in den Hof kommen sehen, suchte fieber-
haft eilig, indem sie in sich hincinkichernd, etwas murmelte, ihre
Siebensachen zusammen zu raffen, den Strumpf mit Geld in
die Truhe verschließend, und diese mühsam zurückschicbcnd, da-
gegen das Putzzeug in die Lade des Tisches verbergend. Sic
konnte jedoch nicht so rasch als sie wohl sein wollte, denn beim
letzten Vorhaben erwischte sic noch der zur Thür hcrcinstür-
mende und toll jubelnde Junge, welcher auf sic zufuhr, sic
beim Kopfe erwischte, abküßtc, und mit ihr, die aufgcstande»

war, sich rücksichtslos im Kreise umhcrdrchte. „He, alter
Drache, hast wieder Zwanz'gcr geputzt?^ rief der Jüngling
ungrisch, als er die Schwcrathmcndc endlich los ließ, ,,zuletzt,
Schüri Mühmchen, heirathc ich Dich noch, wenn Du viel
Geld beisammen hast, aber nicht gleich, erst in ein paar Jah-
ren, wenn ich wieder vom Auslände hcimkchrc, denn, weißt

was, Schüri Nöni? so eben hat der Vater beim Onkel zuge-
geben, daß ich schon in den nächsten Tagen soll nach Wien
kommen, um in der Polytechnik zu studiren, und wenn ich
die paar Jahrgänge absolvirt, dann geht's weiter hinaus, nach
Italien, weißt Du, wo die Limonien und die Makaroni und
die Salami wachsen, und dann nach Paris, ja, nach Paris,
wo's alle Tage Champagner gibt, he, holla, Du alte Schüri,
jetzt tanz' mit mir, denn ich geh' fort, hinaus in die weite
Welt, und Morgen kannst mir noch was Gut's kochen, Milch-
reis mit Zimmt, Krautstrudl und Gulyüschflcisch!" Und der


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