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Fliegende Blätter — 33.1860 (Nr. 783-808)

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Nr. 793
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https://doi.org/10.11588/diglit.3267#0087
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Herrn Grass Rh

zonte ein Lied erklingen, lvclches sic hier oste beim Abschied
singen sollen. Es hat eine zicnilich mehlankohlische Melodie und
heißt ctivas ähnlich wie folgendes:

„Auf Matrosen, die Segel gerichtet,

Die Anker gesaunt, den Kammbaß gelichtet.

Hessen, adjc!

Bleiben thät lveh;

Morgen geht's fort nach Amerikaeeeeh!

Juchhe!"

Auch sonstige Sehcnswirdigkeiten gibt es noch in Kassel
eine gans schwere Menge, obgleich es dabei auch Vieles gibt,
ivas man sich nicht ansehen darf, wie zum Bcisbicl das mi-
ncrialochische Kawinctt, welches von frihere sehr unange-
nehme Jnspektorialerfahrnngen soll herstammen. Vielleicht
aber lvird sbäter lvicdcr der Eintritt mit zngenähte Rock-
und Hosentaschen gestattet.

Man erzählte uns auch, daß in ein anderes wissenschaft-
liches Kalvinett schon ein gans großes Glas ausgestellt wäre,
wohin man den letzten Hessen vor seiner Auswanderung will

als natnrgeschichtliche Merkwirdigkeit in Sbiritus finis aufbc-
wahren. Doch scheint mir dieses blos ein Sbasvogcl zu sein,
das heißt nämlich — der Mann, welcher uns das erzählen that.

Nun besitzt aber die schöne Residenzstadt Kassel noch
eine Merkwirdigkeit, welche alles Andere bei Weiten sehr
übertrifft, und in solcher Bervollkommenheit wohl nicht noch
einmal in die ganse Welt anzutreffen ist. Dieses ist das
beriemte Echo ans dem Königsblatze, welches ohne jeden An-
spruch ans eine Bezahlung auf jede an ihn gerichtete Frage
sechsmal hintereinander dakawo antwortet.

Es war schon ziemlich sbäte in der Nacht, als ivir uns
in heimlichter Stille nach dem sogenannten Königsblatze be-
geben thatcn. Nachdem nämlich das Echo einige Male ans
verschiedene Fragen sehr sbitzfindlich geantwortet hat, so ist
cs unter das neue Preßgesetz verpflichtet geworden, daß e»
soll in alle zukinftige Zeiten am Tage gar nicht mehr ant-
worten, sondern aber blos bei die Nacht, wo es nur wenig
Menschen hören können und auch einige Nachtwächter zur
versteckten Beobachtung sich immer in die Nähe dabei ans-
halten. Das Echo muß sich also sehr in Acht nehmen, et-
was Unangenehmes oder Staatsgefährlichtes zu beantworten,
weil cs sonst gans verboten lvird oder gar in das Gefäng-
nis; eingesteckt lvird, lvie jeder andere Gelehrte.

Unsere Erwartungen lvaren bis auf den höchsten Grad
anfgesbannt, lvie lvir in die ziemlich dunkele Nacht durch die
stillen Straßen ans den Blatz traten, wo man sich in der

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Mitte grade den zum daranfgetretenlvcrdcnden Stein aus-
suchen muß, welches in das nächtliche Dunkel ziemlich be-
schwerlich fiel. Endlich hatten wir ihn gefunden.

„Nun," sage ich, „Kohle, fange Du an, mit dem Echo
zu sprechen, Du bist ein Künstler und verstehst dieses besser
als wie ich."

„Ach nein," sagte Kohle, „es ist mir ordentlich gans
furchtsam geworden, fange Du lieber an, Graf, Tn hast eine
stärkere Stimmung."

Und so stritten lvir uns eine Zeit lang her und hin,
lveil sich es keiner in die unheimliche Finsterniß so recht
ivagen that. Endlich faßte ich mich aber bei das Herze
und fragte gans laut:

„Wie steht es denn hier zu Lande mit die
Steuer?"

Ta aber erklang es von einer Seite nach die andre
als Antwort: „Theuer! Theuer! Theuer! Th euer!
Theuer! Theuer!"

Die Großartigkeit von dieses Naturereigniß wirkte auf
mich und Kohlen so ängstlich ein. daß lvir Beide uns an-
fänglich zitternd aneinander hielten und lange nicht vor Er-
staunlichkeit unsre Sprache lvicdcr finden konnten. Endlich
ermännlichten lvir uns wieder ein Bischen und sagte Kohle:
„Nun will ich es auch einmal riskiren und Etwas anfragen!"
Er fragte also: „Ist denn Herr H. noch immer der
Regierung Rathgeber und Begleiter?"

Und da schrie das Echo noch lauter zurück: „Leider!
Leider! Leider! Leider! Leider! Leider!

Wirklich auch eine sehr sonderbar kluge Antlvort.

Nun kam ich lvicdcr an die Reihe Ich fragte jetzt:
„Was fehlt denn eigentlich gar so vielen Hessen?"

Und was antwortete das Echo ganz traurig? —
„Essen! Essen! Essen! Essen! Essen! Essen!"

Kohle hatte auch nun wieder Kuhrasche bekommen, denn
er wollte durchaus noch mehr von das Echo wissen. Da-
rum fragte er also:

„Was ist es denn mit der Constituzion?"

Und da rief das Echo mit Zehneknirschen: „Hohn!
Hohn! Hohn! Hohn! Hohn! Hohn!"

n*
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Herrn Grafs Rheinreisetagebuch"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Stauber, Carl
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Präparat
Mann <Motiv>
Dunkelheit <Motiv>
Schrecken <Motiv>
Auswanderung
Karikatur
Reisender <Motiv>
Echo <Motiv>
Satirische Zeitschrift
Hessen
Amerika
Königsplatz Kassel

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 33.1860, Nr. 793, S. 83
 
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