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Herrn Grass Rh einreis et agebuch.

es mit aller crdcnkbarlichtcn Bracht ansgestattet ist und auch
aus eine Zeit herrihrt, wo noch das Geld zu die Kleinigkei-
ten gehören that. Man findet hier besonders sehr viel Mar-
mohrstadtien, welche alle in das lcichtsertigste Badekostihm dar-
gestellt sind und die man mehr auf den großartigten als wie
ans den mohralischen Eindruck berechnet zu haben scheint.

Tie Bildseilen stellen alle ineistentheils Begebenheiten ans
die Mietheologie vor, zuweilen auch init nutzbaren Anwendun-
gen ans die neuere Gegenwart. Aber da ist eine Gruppe,
die hätte ich als ausibender Kinstler doch nicht hier mit ans-
gestellt, weil sie einen sehr unberechenbaren Einfluß ans den
Zuschauer macht.




Dieses Kunstwerk stellt nämlich vor: wie dem alten Hei-
denkaiser Jubitter sein Finansminister Abohlo, einen armen
Kerle mit Namens Massius, das Fell bei lebendigten Leibe
über die Ohren zieht, weil er die Steiern und Abgaben nicht
hatte bezahlen können. Welches doch nur einen sehr unbe-
schreiblichen Ausdruck von Abscheilichkeit in jeden Zuschauer
Hervorbringen muß.

Bei die große Menge schöner Gebeide in Kassel hatte
man schon längere Zeit Etwas gänslich vermißt, zur großen
Mißbehaglichkeit von allen Schichten aus der Bcvelkcrung.
Dieses war nämlich der Mangel an einer Ruine, welche sich
in Kassel auch gar nicht befinden that. Um aber nun auch
in dieser Hinsicht etwas Schönes herzustellen, so errichtete man
endlich ein wirklich großartigtes Bauwerk, welches man aber
bald nach dem Anfänge wieder liegen und verfallen ließ.

Ueber den lilamen, welchen man der Ruine nun geben
wollte, konnte man erst recht gar nicht mit sich in das Reine
kommen. Da überließ man endlich den Namen dein Zufälle
und siehe da, weil seit langer Zeit blos Katzen und Kater
darin hausten und diese Ruine bewohnten, so nannte man

also das schöne Gebeide in den allgemeinen Bolksmnnde die
Katerbnrg, welches eben so rihrend anzuhören, wie an-
zusehen ist.

Eine gans wunderbar schöne Erfindung sieht man auf
die Wetterfahne von dem großen Kirchthnrm in Kassel. In
dieser Wetterfahne hatte nämlich ein zwar schon vor langen
Zeiten verstorbener, aber trotzdem sehr kluger Kobs, ein Zau-
berglöckchen angebracht, welches allemal gans von selbst anfing
zu bimbeln und klingeln, wenn irgend Etivas in der Stadt
oder überhaubt in dem Lande Vorgehen that, tvas nicht so
gans recht in der Ordnung war. Im Anfänge amissirte sich
Alles, Groß und Klein über diese schöne Erfindung, und die
sämmtlichte Bevelkcrnng lief zusammen, ivenn das Wetterfah-
nenglöckchen anfing, zu bimbeln und zu klingeln. Aber da
nach und nach dieses immer ärger werden that und zu eine
gewisse Zeit die Klingelei und Bimbelei in die Wetterfahne
wollte gar kein Ende nicht nehmen, so erschien alsbald auch
ein Gesetz, daß man sollte der abscheilichten Wetterfahnen-
klingel den Klöbfel ausreißen, damit daß sie gar nicht mehr
bimbeln könnte. Dieses geschah also auch wirklich sogleich.

Bimbeln und klingeln thut nun zwar das Glöckchen seit
jener Zeit nicht mehr, aber hin und her wackeln thut es da-
für doch den gansen lieben Tag und wohl auch in die Nacht,
das mir gar nicht mit rechten Dingen znzugehcn scheint und
mir nebst Kohlensehr viel bedenklichtes Kobfschittcln verursachte,
was man sich aber in eine fremde Stadt nicht so darf merken
lassen.

Von wegen die vielen Auswanderer macht man int Hes-
senlande alle möglichen Anstrengungen, .daß man sie zum Da-
bleiben will bewegen; allein es liegt aber wahrscheinlich nun
einmal in die hiesigte Luft, denn man sieht zu jeder Zeit
wieder Einen oder den Andern seinen Vaterland den Rücken
kehren.

Jetzt hat man nun eine in der Nähe belegene und recht
lieblich in die Natur dahingestreckt daliegende Restorazivn
mit den Namen Nenamerika getauft, damit man vielleicht
will dadurch die Landeskinder zum Festhalten an das Vater-
land bewegen. Allein sie lassen sich dennoch dadurch nicht
irre machen, sondern sie trinken blos hier in dieses Neu-
amerika erst immer noch einen oder einige Abschiedsschlucke,
bevor daß sie nach den wirklichen Altamerika hinübersegeln.

Wenn man so in seine Gedanken oder in Natnrbcträcht-
lichkeiten an einer freundlich abgelegenen Gegend zulveilen
hinversunken ist, so hört man hier und da an dem fernen Hori-
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Herrn Grafs Rheinreisetagebuch"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Stauber, Carl
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Auswanderer <Motiv>
Ruine <Motiv>
Häutung
Kater
Finanzbeamter
Nacht <Motiv>
Auswanderung
Karikatur
Schuldner
Satirische Zeitschrift
Amerika

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 33.1860, Nr. 793, S. 82
 
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