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Fliegende Blätter — 41.1864 (Nr. 991-1016)

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https://doi.org/10.11588/diglit.3275#0078
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Nur vierzig Dukaten!

freilich auch jetzt nicht. Wohl aber beäugelte sie mit ihren
Strahlen ein ehrenfestes, mit einer Grafenkrone verziertes
Feldbett, das auf einem großen, türkischen Teppiche stand,
etliches Reisegeräth, Degen, Pistolen, Stulphandschuhe, kurz
das ganze Darum und Daran eines Offiziers von nunc» da-
mals, Federhnt, Reiterstiefeln und dergleichen. Im Zimmer
nebenan waren mit mehr soldatischer Genauigkeit gleichfalls
allerlei militärische Nöthigkeiten ordonnanzmäßig aufgestellt;
sie ließen jedoch den untergeordneten Rang des Besitzers un-
schwer erkennen.

Die Luft ist köstlich und der Tag noch lang. Suchen
wir daher die zeitigen Inhaber der Zimmer ans. Wir müssen
doch wissen, wer sie sind, was sie wollen, thun und treiben.
Wir hätten sonst diese Geschichte aufzuschreiben lieber gar
nicht unternommen.

In der Morgenfrische klingt das Gekläff einer Brake,
die im Grunde um den Orler-See auf der Fährte eines
Rehbocks laut ist, hell herauf. Ans der einen Seite einer
Lichtung des Hochwaldes steht ein junger, bildschöner Mann
im Jagdkostüm, grünem Jagdrock, braunen Kamaschen, Waid-
tasche und aufgezogener Büchse; auf der gegenüberstehenden,
etwa fünfhundert Schritte entfernt, sein Jagdgenosse, ein
hagerer, alter, aber rüstiger Mann mit scharfen, markirten
Zügen, in Livree, gleichfalls mit Büchse und Jagdtasche.

Das Gekläff nähert sich.

Es rauscht und prasselt im Unterholze. Ein starker
Rehbvck bricht aus dem Busch und streicht gestreckt über die
Lichtung. Der junge Jäger hat geschossen und gefehlt. Der
Alre ihm gegenüber visirt im Anschläge und läßt sich den
Bock schußgerecht herankommen.

Da blitzt und knallt es seitwärts her aus der Richtung,
wohin der junge Schütze geschossen. Der Bock überschlägt
sich, zappelt, zuckt und verendet.

Der unerwartete Jagdgenosse, gleichfalls ein junger,
schlanker Mann, springt mit Halloh! aus dem Busch über
die Blöße. Nach wenigen Minuten stehen sich die drei Jäger
an dem verendeten Wilde gegenüber, sich mit neugierigen,
fragenden, erstaunten Blicken messend.

„Kapitaler Bock!" ruft freudig der glückliche Schütze.

„Kapitaler Schuß!" brummt der Alte, „gerade auf's
Blatt!"

„Kapitaler Schütze!" der junge Manne der zuvor ge-
fehlt; „wohin nur mag meine Kugel gegangen sein. — Hielt
j doch so sicher ab!"

Der Andere lächelt.

„Ihre Kugel hört' ich pfeifen und" — er streifte den
Aermel seines etwas mitgenommenen linnenen Jagdrocks vom
Unterarme, der aus einer Streifwunde leicht blutete, — „mir
scheint, sie ging mir just weit genug vorbei, um nicht zu
großes Unheil anzurichten!

„Himmel, junger Mann, verzeiht! Gott sei gelobt,
daß Sie nicht tiefer verletzt sind! — Aber hierher, Jean,
kommt, mein Freund, ivollen ein Pflaster auf die Wunde
legen! — Jean, heraus mit den Flaschen! — Ah, wie das

prächtig ist! Hier unter dieser Eiche Platz genommen! (Sie
hatten den Bock in das Dickicht geschleppt.) Nun, Ihr
zaudert, Freund? Ach, ich verstehe, wir kennen uns nicht!
— Nun wohlan, ich bin Georg, Graf von Kayserling,
Lieutenant und so weiter, das da, mein alter Jean — und
Ihr? —"

Der junge Jäger verneigte sich: „Mein Name ist Fritz
Hollbach, Jäger."

Die beiden jungen Leute sahen sich betroffen an und
und über die schönen Gesichter Beider flog ein Lächeln.

„Gottes Blitz," schrie, der Graf, „wahrhaftig, Jean,
seh' Er uns mal an, wisch er sich die Augen aus, gleichen
wir uns nicht wie ein leibhaftiges Zwillingspaar?"

Und in der That, die beiden jungen Männer von un-
gewöhnlicher Größe und schlanker Statur, von gleichem Alter,
hatten auch in den jugendfrischen, schönen Zügen, in der
feingebvgenen Nase, den braunen, feurigen Augen eine auf-
fallende Aehnlichkeit, nur daß der Graf eine weniger dunkle
Gesichtsfarbe hatte und über seine Oberlippe sich ein feiner
Schnurrbart kräuselte, während das sonngebräunte Gesicht
seines Gegenspiels kaum mit dem ersten Flaum um Ober-
lippe und Kinn geziert war.

„Nun, Herr Jäger, ohne Umstände," fuhr der Graf
fort, ohne weiter auf Jean zu achten, der sie Beide ab-
wechselnd von der Seite anstannte, und aus seiner Jagdtasche
kaltes Fleisch und Brod zu dem Weine herausholte, „zuge-
langt! getrunken! — Denke, der Rheinwein soll uns auf
den Schreck munden — hier ans der Flasche — hol' mich
Dieser und Jener, im grünen Walde sind wir alle gleich,
danke Gott, daß ich mal meinen Tressenrock vom Leibe habe! —
Da ich in das alte Nest da oben vom Herrn Papa verbannt

10*
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

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Titel/Objekt
"Nur vierzig Dukaten!"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

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Aufbewahrungsort/Standort (GND)
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Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Wald <Motiv>
Begegnung <Motiv>
Bediensteter
Bock <Biologie>
tot
Begrüßung <Motiv>
Älterer Mann
Jäger <Motiv>
Graf
Karikatur
Satirische Zeitschrift

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Rechte am Objekt

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Künstler/Urheber (GND)
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Digitales Bild
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Public Domain Mark 1.0
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Fliegende Blätter, 41.1864, Nr. 1000, S. 75

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