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Das erftc Du.

er sich auch dabei beruhigen können; denn sag' man, was
man will, es gehört sich nicht, daß ein Mädel zu einem
Herrn Du sagt, bevor sie seine Frau ist. Und ich Hab ihm
doch versprochen, ich wolle ihn von morgen an dutzen; da
hätte er doch zufrieden sein können. Man kann doch nicht
so plötzlich alle Scham beiseite setzen?! Was er nur davon
hat? Ob ich Du oder Sie sage, ich kann ihn ja deßhalb
doch nicht lieber haben. Was ist denn eigentlich Du? —"
Uitb während sie so über das Du nachstudirte, senkte sich
allmählich der Schlummer auf ihre müden, rothgeweinten
Augen, und sie entschlief sanft, nachdem sie noch manchen
tiefen Seufzer aus der schwergepreßten Brust heraufgeholt hatte.

Am andern Morgen — es war Johannitag — war
Raums erste Frage nach Toni.

„O jegerl," antwortete die alte Mari, „der is schon
lang wieder „katschaus" und tragts Fleisch zu die Herrschaften."

„Also lebt er noch?" srug Ranni neu auflebend.

„Ro sreili; i hab's ja g'sagt, daß bis heut wieder
alles recht sein wird; er hat mir auftragn, i soll Dir sagn,
Du sollst ihm net bös sein; er siehts ein, daß er z'hitzi'
gwesen is; aber Du sollst Dein Wort halten und sollst 'n
heut per Du anreden und sollst ihm nach'm Gottesdienst um
zehni im Schleckergassl warten."

„No, weil er nur da is, i will ja alles gern thun,
was er verlangt; heut Nacht Hab' i's empfunden, daß i ohne
seiner net leben kunnt'!"

Freude und Frohsinn war im Hause wieder eingekehrt.

Der Metzgertoni stand schon um ;y410 Uhr auf seinem
Posten im Schleckergaßl. Die schöne Metzger-Nanni ließ auch
nicht lange auf sich warten.

„Gut'n Morgen, Mamsell Nanni!"

„Gut'n Morgen, Herr Toni!"

Toni, schaute die Raum an, Nanni den Toni.

„Wollen wir a bißl um d' Stadt rumgehn?" schlug
Toni vor.

„Hab nix dagegen," sagte ängstlich das Mädchen.

Und sie gingen die Wein- und Theatinerstraße hinaus
bis zur Briennerstraße, in welche sie einbogen, ohne weiter
ein Wort zu sprechen. Er wollte den Anfang nicht machen,
und sie wußte nicht, wie sie das Gespräch einleiten sollte.
So kamen sie auf den Dultplatz und Karlsplatz und hatten
noch immer keine Silbe mit einander gesprochen. Sie begriff
es, daß er absichtlich nicht redete, denn er war sonst kein
„Hackstock"; sie wußte wohl, daß sie ihm versprochen habe,
ihn mit Du auzureden, und fühlte es, daß er daraus warte.
Aber in welches Gewand sollte sie das Du kleiden? So
mir nichts, dir nichts auf einnial „Du Toni" anzufangen,
das ging doch nicht. Da endlich erbarmte sich der Himmel
der armen Gefolterten. Als sie an die Ecke des Stachus-
gartens kamen, wo das ganze Jahr, wie um die Frauenkirche,
der Wind geht, blies eine starke Luftströmung von Tonis
Pfeife einige Funken auf Namii's „Schaltüchel" und im Nu
war der Bann gebrochen.

„Wie, brenn' mi an, sei so gut!" ries Nanni recht laut
und nachdrucksvoll aus, ohne daran zu denken, daß in diesen
wenigen Worten Tonis höchster Begriff von Liebe zweimal
enthalten sei, und — nun ging das Thema nicht mehr aus,
denn von Du zu Du ist es ja süß mit seinem Liebchen
zu kosen.

Das erste Du ist der Schlüssel zu allen Seligkeiten der
Liebe. Vierzehn Tage später feierte das Paar seine Hochzeit.

Ob der arme Toni aus den ersten Kuß wirklich bis
dahin warten mußte?

Max Lang.
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Das erste Du"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Wind <Motiv>
Spaziergang <Motiv>
Zylinder <Kopfbedeckung>
Fleisch <Motiv>
Tabakspfeife <Motiv>
Fleischer
Schüchternheit
Tür <Motiv>
Schürze
Rückenfigur
Karikatur
Frau <Motiv>
Satirische Zeitschrift
Thema/Bildinhalt (normiert)
Verliebtheit <Motiv>

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 49.1868, Nr. 1211, S. 98
 
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