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„Ehret die Frauen, sie flechten und weben
Künstliche Rosen in's irdische Leben." Schiller.

Wiener Briefe des Herrn Graf aus Pirna.

(Fortsetzung.)

Als eine sehr angenehme Entschädigung für diese ge-
störten verdaulichten Dafelgenisse gab es nun aber vor und
nach jede einzelne Schisiel oben von die Festrednerdriwine
herab einen baderigothischen Dohast, welcher allemal mit ein
wahres Beisallsgedonnern ausgenommen werden thal.

Aber man glaubt vielleicht gar nicht, was die Diroler
für eine fidehle Mcnschensorte sind, denn heite srih bei den
Festzuge hatten sic auf den gansen langen Marsche in eins
fort gejohdclt und gedanzt, als ob ihnen diese Anstrengung
nur ein bloscr Sbas wäre. Aber auch das Angenehmste
wissen sie mit das Nihlichte zugleich zu verbinden, denn der
eine von die Herrn Diroler aus das sogenannte Zielerthal
hatte sich sogar als Erquikung auf den Ricken einen gansen
echten Schweizcrkäse von mehr als einen Zehntncr Gewicht
mitgebracht, bei welchen Anblick allen Zuschauern ordentlich
vor Abedit das Wasser in den Mündern zusammenlaufen
that. Ach! liebe Anverwandte u. s. w., wie oft habe ich
bei das harte Festbangkettrindfleisch mit die dicke Schitzensohse
seiszend an den glicklichten Diroler gedacht, der sich auf seinen
saftigen Schweizerkäse jetzt vielleicht so wohl befand, daß er
diese ganse verwerflichte Sbeisekarte mit aufrichtige Veracht-
ung strafen und sich auf seiner eichenen Faust satt esien konnte!

Nachdem daß nun das erste Festbangkett iberstanden war,
vcrsigtcn wir uns hinaus auf den großartigten Festblatz, wo
man gar nicht wußte, wohin man seine erstaunlichten Blicke
zuerst hinwenden sollte, und man mußte vor lleberraschung

Wiener Briefe des Herr» Graf aus Pirna. 111.

ordentlich gans verblisft und verblendet stehen bleiben. Wenn
dahinzu nun aber Abends noch die festlichle Beleichtung mit die
Janitscharrmusik kommen that, so konnte man gar nichts andres
nicht glauben, als daß man von einem alten Hecksenmeistcr
durch einen Zauwerschlag bletzlicht nach Bersichen in die dau-
send und eine Nacht hineingesetzt worden wäre.

Unsre allerersten Schritte waren auf den sogenannten
Gabendembel gerichtet, wodarin alle die vielen und groß-
artigsten Gaben und Gewinne lagen, um welche sich nun die
Schitzen auf die vielen hundert Scheiben erschiescn mußten.
Da gab es die verschiedensten Gegenstender von die einfachste
Zerrfiladwurst und den gereicherten Schinken bis hinauf zu
ganse massife silberne Supenschisieln, wo aber anstadt die
Supe so ein baar dausend echte Silberdhaler oder ein großer
Haufen Dukadens liegen thaten. So ein Haufen Dukaden
stört am Ende die Verdaulichkeit noch lange nicht so sehr als
wie das harte Rindfleisch, welches mir die halbe Nacht immer
noch als schweres Draumbild vorgeschwebt hat, welches man
in die gebirgigten Gegenden das sogenannte Alpendricken nennt.

Wir wollen aber jezt noch einmal zusammen in den
Gabendembel kehren und uns an die andere Sachen erfreicn.

Da war aus Ahmerika sogar ein kostbares Fligelinstru-
mend Heriber gekommen von eine noch gar nicht dagewesene
Bracht und mit einer so starken Donleider, daß man konnte
allerleihand Stickchen dadrauf sbielen, was wie eine ganse
Rechimenzmusik klang und wovon ordentlich der Festdembel
wackeln that. Sollte ich etwa diesen Fligel als Bremiche cr-
schiesen, so schenke ich ihn zu Hause unsrer Schihengarde als j
Musikorbs, weil von unsre Schitzenkabelle so oft mancher
nicht richtig gestimmt ist oder auch daneben bläst. Dann lassen
wir den ahmerikanischen Fligel bei alle Vogel- oder Scheiben-
schiesen vor uns herfahren und setzen einen richtigen Vier-
duosen darauf, welcher uns als Marsch zum Aufsbielen dienen
soll. Dann stnd aber auch noch viele andre kostbare Ge-
schenke da, als wie zum Beisbiel ein herrlichter Wagen, wo
man sich als Prowe doch wenigstens einmal Hineinsetzen darf, j
wenn man ihn auch nicht gerade auf der Scheibe trifft. Auch
ein feierfester Geldschrank ist da, welchen wahrscheinlich der-
jenigte als Zugabe erhält, der sich die Dukaden oder die
Silberdhaler erschiest.

Von die vielen dausend mahsife silbernen Becher und
Bockale, Dawaksfcifen, Schiesgewehre und sonstige kostbare
Gegendstende will ich lieber schweigen, weil es euch doch
nichts nicht nitzen kann, indem daß ihr ja doch einmal nicht
mit danach schiest, liebe Anverwandten u. s. w.

Morgen gans srih geht aber nun die Schieserei los und
weil ich für meinen Ordinanzstutzen erst noch zum Laden die
Flaster schneiden und nnt Dalg einschmieren mus, so nehme
ich damit jetzt von euch Abschied als

Euer geübter Schihenbruder, Anverwandter u. s. w.
Graf.

(Fortsetzung folgt.)
Bildbeschreibung

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Titel

Titel/Objekt
"Variante"
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Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

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Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

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Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Soldat <Motiv>
Fenster <Motiv>
Verehrung
Schwert <Motiv>
Blume <Motiv>
Beobachtung
Karikatur
Frau <Motiv>
Rose <Motiv>
Weben <Motiv>
Kranz <Motiv>
Flechtarbeit <Motiv>
Schiller, Friedrich
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

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Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 49.1868, Nr. 1212, S. 111
 
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