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130

Das Geld lie

misches Fragen bekam sie die Fasiung, den Vorgang wahr-
heitsgetreu zu berichten.

„Ei, über Dich hinüber!" murrte Kunnel, — „vier
Nummern — da bekommst Du tausend ganze Gulden! Ge-
scheidter hättest Du's nicht anfangen können, daß Du den
Johann kriegst!"

Die Glückliche aber verschwand auf's Neue, denn nun
mußte ihre Mutter Alles wissen.

Die hörte erstaunt zu, legte die Hände ineinander und
sagte unter Thränen:

„Dank Gott tausendmal!"

Dann aber überlegte sie vor Allem, wie das Geld zu
bekommen und was zunächst damit anzufangen sei.

„Du gehst gleich morgen und nimmst drüben meinen
Jakob mit. Packt aber Alles sorgfältig ein und laßt keinen
Menschen etwas davon sehen.

Kathrina aber schwoll das Herz in seliger Hoffnung,
denn sie hielt sich jetzt für unermeßlich reich und alles für
j möglich, was erst noch unerreichbar schien. Im schlimmsten
Fall hatte sie nun doch die Mittel, um einstens sorgenlos
auswandern und sich mit Johann drüben einen eigenen Herd
j gründen zu können.

Lisa hatte unterdessen bei allen Mädchen die Runde ge-
j macht und Abends beschäftigte das Wunder bereits im näch-
sten Dorfe die Männer im Wirthshause. Auch der Vater
; Johanns war anwesend und horchte hoch aus. „Das waren
meine Zahlen, das Geld gehört von Rechtswegen mir! —
Daß ich aber auch den Schiefer liegen lassen und vergesten
mußte!" dachte er für sich, aber er war so klug, das Ge-
heimniß nicht preiszugeben, denn man hätte ihn doch nur
weidlich ausgelacht. „Mußt's doch morgen der Alten sagen,
vielleicht gibt sie jetzt nach, die Kathrina ist nicht mehr leer."

Die Einen beglückwünschten das Mädchen, Andere er-
wiesen sich als häßliche Neidhämmel — ein Bursche aber
machte sich heimlich fort und erzählte die wunderbare Be-
gebenheit dem daheim bei der schlafenden Mutter verbliebenen
Johann. Welche Freude er einlegte, läßt sich denken, denn
auch Johann knüpfte an das Ereigniß alsbald weitere Schlüsse.

Als am andern Morgen Kathrina in das Dorf kam,
um bei dem Vetter Jakob, dem Bruder ihrer Mutter, anzu-
sragen, blickte sie auf den Hof hinüber, in dem sie ihre meisten
Jahre verlebt hatte. Stattlich lag er da im Kranze seiner
alten Ulmen und Linden, sie konnte aber Niemand von den
Bewohnern entdecken.

Der Vetter Jakob, ein kinderloser Wittwer und Klein-
; Häusler, war gestern zufällig nicht im Wirthshause, aber
; heute hatte er die Nachricht von dem Glücke seines Väs-
chens bereits in aller Frühe vernommen. Er schüttelte ihr
freudig die Hand zum „Willkomm" und machte dann, wäh-
rend er in das Sonntagsgewand fuhr, allerlei scherzhafte Be-
merkungen, wobei er natürlich nicht vergaß, auch auf Johann
anzuspielen, der einen armen Schatz gehabt habe und nun
doch eine reiche Frau bekomme, ohne wechseln zu müsten. Bald
schritten die Beiden in den duftigen Frühlingsmorgen hinaus.

gt am Wege.

In der Stadt angelangt, erhielten sie gegen Ueberreich-
ung des Einsatzzettels den Gewinn voll ausbezahlt. Der
Collecteur kniff das erröthende Mädchen in die Wange und
sagte, ihr vergönne er das schöne Geld von ganzem Herzen
und er freue sich überaus, daß er sie damals nicht mehr
zurückgewiesen; möge es ihr Glück und Segen bringen!

Als Kathrina dem Vetter auf seine Frage mittheilte,
daß sie das Geld vorläufig mit nach Hause nehmen wolle,
meinte er, das wäre leichtsinnig, man solle es auf die Bank
schicken, da liege es sicher; er wolle mit ihrem Fabrikanten
reden, der werde dies gern besorgen. Dieser gratulirte dem
Mädchen herzlich, verpackte die Summe, schrieb einen Brief
dazu und hieß sie nun Kathrina auf die Post geben und den
Aufgabschcin als einstweiligen Nachweis behalten; der Bank-
schein komme nach. — So war das Geschäft abgemacht und
Vetter und Base gingen in dasselbe Wirthshaus, in dem
letztere jüngst den Regen abgewartet, um sich nun in Ruhe
zu erquicken.

5. Herz und Mund gehen auf.

An demselben Vormittag setzte sich der alte Bauer in
Anwesenheit Johanns zu seiner Ehefrau an's Bett und er-
zählte ihr jenen seltsamen Traum, und wie er auch die Zah-
len ausgeschrieben, die ganze Geschichte aber dann rein ver-
gessen und dafür nun ein Mädchen aus einem andern Dorfe
damit ihr Glück gemacht habe.

Die Frau horchte, die Hände über der vor ihr liegen-
den Bibel gefaltet, so hoch auf, wie gestern ihr Mann im
Wirthshause, und ließ sodann eine ernstliche Strafpredigt über
seinen Leichtsinn folgen.

„Das Geld so wegzuwcrfen," schloß sie mildern Tones,
„wenn's Einem in die Hand gegeben ist, das geht doch über
Alles! Der Streich ist Dir gar nicht zu verzeihen!"

„Es ist noch nichts hin," erwiderte der Bauer, „wenn
Du willst, bekommen wir's wieder, Mutter! Es kommt nur
auf Dich an."

„Nun freilich, will ich! — es wird aber kein Mensch
einen Pfennig mehr hergeben."

„Alles bekommen wir, bei Heller und Pfennig — wenn
Du willst. Die Finderin ist brav und fleißig und ich mein',
der Johann soll sie heirathen. Dann kommt das Geld doch
m's Haus."

„Wer ist sie aber denn?" fragte die Frau, der ein
Licht aufging.

„Die Kathrina!"

Die Bäuerin drehte sich um und schwieg. Jetzt war
der Augenblick gekommen, der Alles wieder gut machen konnte;
von ihr hing es ab — sollte sie noch einmal Trotz bieten?
Nein, der war, wie wir wissen, längst gebrochen.

„In Gottes Namen, mir ist's recht!" sagte sie, wieder
zu den Ihrigen geweirdet, „heut' lieber als morgen. Das
sag' ich Euch aber, daß ich's nicht der paar Gulden wegen
thue, mir ist's schon lang, als müsse es so werden und nicht !
anders. Es reut mich jetzt Manches, was vorgefallen ist,
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