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142 Falsche Neime für Mädchen.

Kein stets heit'rer Himmel ist,

Wie Ihr etwa meint, die Ehe,

's gibt darauf, wie Ihr gut wißt,
Keinen bessern Neim, als Wehe.

Findet Ihr in Wirklichkeit

Den Geliebten Eu'rer Träume,
Liebe Mädchen, so verzeiht
Meine ungereimten Reime.

Wiener Briefe des Herrn Graf aus Pirna.

(Schluß.)

Und nun noch dazu diese bärsehnlichtc Liebenswirdigkeit
von diese Wiener Sangesbrider sezt sich auf das Ganse als
Krone auf. Dieses kennt ihr schon am Allerbesten dadraus
erkennen, liebe Anverwandte u. s. w., daß ich in Zeit von
nicht mehr als drei Tage und drei Nächte mit mehr als
fnmfzehnhundert Wiener Sengern Briderschaft auf die ganse
Lebenszeit getrunken habe.

Auch die brafen Wiener Studenten thaten alles Meg-
lichte, um damit daß sie wollten uns Schitzenbridern ihre
Freindschaftlichkeit beweisen, weshalb sie einen sogenannten
großen Unifersialfestkommersch für uns in die Festhalle arank-
schirt hatten. Ich und Kohle wir waren durch so ein baar
kreizfidele sogenannte Muhsensöhne in ihren Beschlag genom-
men worden und da die Reimlichkcitcn in der grosen Fest-
halle doch zu beschrenkt waren, so zogen wir alsdann mit so
ein baar dausend Studenten in ein benachbarlichtes Kafee-
haus, wo wir nun einen Brifadkommersch loslasien thaten.
Dieses war aber wirklich für Unsereinen, der kein Studente
nicht ist, weshalb man ihn einen Viehlüster heißt, eine sehr
grosartigte Ueberaschung. Wir anwesenden fremden Schitzen-
brider mußten uns mit an die langen Tafeln sehen, gewehn-
lich so zwischen einen oder höchstens zwei Studenten in die
Mitte hinein. Briderschaft wurde hier gar nicht erst ahparte
gemacht,"sondern wir waren alle miteinander gleich sogenannte
Schmohlis, wie man das allgemeine Duzen heißt. Nur war
es ein bischen störend, daß immer so viel ladcinischte Worte
dabei vorkamen, welche ich anfenglich gar nicht verstehen that.
Wenn zum Beisbiel die Vorsitzenden Herren Bräsesser einmal
sagten: Sielenzjung! — so bedeitcte dieses, daß man mußte
gans meiSchenstille sein; wenn man aber wieder durcheinander-
reden durfte, so nannte man dieses das Kohlokwindichum.

Die größte Feierlichkeit dabei war aber der sogenannte
grose „Landesvater", wo an jeden Dische ein baar Stu-
denten mit ihre Säwel, welche Schläger heisen, herumgehen
und auf diese Säwelsbitzen alle mitanwesenden Mitzen und
Hüte aufsbiesen. Anfangs war mir dieses ein bischen unan-
genehm , denn mich dauerte dabei das große Loch, welches
ich in meinen gans neuen Schitzenhute davontragen that, aber
ich durste mir hierdavon doch nichts nicht anmerken lassen,
weil es ja eichentlich eine Ehre war und man es auch mit
englischen Flaster als Nothfall wieder zukleben konnte.

Wiener Briefe des Herrn Graf aus Pirna.

Wie dieser Komersch sich nun zulezt beendigt hat, das
kann ich euch nicht gans genau beschreiben, denn durch ver-
schiedentlichte ahkidemische Fehlerhaftigkeiten, welche ich mir
aus Unwissenheit hatte zugezogen, hatte ich bei den sogenann-
ten Kommankse so viele Strafgläser voll Bier austrinken
müsicn, daß ich mich nur noch erinnern kann, wie ich bletz-
licht unter den Disch rutschte, woselbst ich unten schon meinen
Freind Kohle nebst andern vorfinden that. Unter den

Dische verlor ich nicht nur meine schöne meerscheimerne Zi-
karrcnsbitze sondern aber auch mein gänslichstes Bewußtsein
und wie ich am nächsten Morgen auswachen that, so befand
ich mich nicht in unser schneiderwittwichelichtes Massenkwar-
thier, sondern auf dcu Festblatze in die gans besonders hier
dazu eingerichtete Abtheilung, wohin man dicjeuigtcn Jndie-
viehdiwimmer brachte, welche sich aus ihre eichenen Beine in
dieses Festgctimmel oder bei nachtschlafende Zeit nicht mehr so zu-
recht finden kennen thaten. Dieses ärgerte mich zwar anfäng-
lich ein bischen, alleine aber wie ich auch meinen alten Freind
Kohle so friedlicht neben mir dahingestreckt liegen. sah, so be-
ruhigte ich mich. Dann weckte ich Kohlen, worauf wir uns i
für diese wahrhaftige briderlichte Aufnahme bei die Herren
Vorsteher lebhaft bedankten und dann begaben wir uns so-
gleich in die nächste Restohrazigon, woselbst wir uns durch
einen cingemarichinirtcn Festhäring wieder in die richtige Ver-
fassung vcrscztcn.

Aber bei diese Hitze war es oft gar nicht mehr aus- !
zuhalten und wäre Jedermann vor Angst gerne aus seiner
Haut gefahren, wenn cs nur gegangen wäre. Man hat aber
glicklichter Weise in Wien ein sehr gutes Mittclchen, wodurch
man sich bei anhaltende Dirre und Drocknigkeit sehr balde
einen unvcrfehlbarcn Regen verschaffen kann. Man bestellt
sich dann nämlich bei den bcriemten Bicrohdächnicker Stuwer
ein groscs Feierwerk und sobald als man dieses anbrennen
will, so verfinstert sich allemal der ganse Hohritzond und
balde darauf bricht auch gewiß der Regen sich los. Um da-
mit nun auch für das Schitzenfcst der viele Staub gelöscht
und eine angenehmere Dcmboraduhr hcrgcstellt werden sollte,
so hatte man diesen grosen Feierwerks- und Regenhecksen-
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Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Wiener Briefe des Herrn Graf aus Pirna"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

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Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Freundschaft <Motiv>
Bierkrug
Schlaf <Motiv>
Trinken <Motiv>
Student <Motiv>
Kuss <Motiv>
Studentenverbindung <Motiv>
Trinkhorn
Wien
Tisch <Motiv>
Rausch <Motiv>
Schützenwesen <Motiv>
Karikatur
Trunkenheit <Motiv>
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Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 49.1868, Nr. 1216, S. 142

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CC0 1.0 Public Domain Dedication
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