186 Wichtige Erfindung.
lassenen Schriften unseres kürzlich verblichenen Torfschulmeisters ein Dokument vorfand, in welchem
eine Erfindung notirt war, die in dieser Beziehung Nichts zu wünschen übrig läßt. Sebastian
Fürchtegott Hunger, so hieß der Verblichene, hatte wie jeder Dorfschulmeister sehr viele Kinder,
aber ein defto kleineres Einkommen. Ta er nun ein sehr aufgeweckter Kopf war und die Ein-
bläuung der wissenschaftlichen Uranfänge in die borstenhaarigen Köpfe der jugendlichen Land-
bewohner ohnehin seinen Neigungen nicht zusagte und seinem Genie auch durchaus nicht zusagend
war, so sprach er nach Versorgung seiner Nase mit einer tüchtigen Prise Tabaks, als guter
Logiker folgendermaßen zu sich selbst: „Sebastian Fürchtegott Hunger, du bist ein großes Genie,
aber ein armer Teufel. Geld hast du keines, und wirst auch auf deiner jetzigen Laufbahn nie
mals eines bekommen. Der Amerikaner sagt: Zeit ist Geld. Geld bekommst du keines, also
erfasse die Zeit/' Nach diesen Worten, zu sich selbst, die in seinem Memoirenbuche ausgezeichnet
sind, ging er her und wurde Uhrmacher-Dilettant. Nachdem er sämmtliche Uhren der ganzen Ge-
meinde mit Einschluß der mechanischen Thurmuhr gründlich ruinirt und gänzlich unheilbar gemacht
hatte, gab es für ihn auf diesem Felde nichts mehr zu thun und es stieg in ihm der Gedanke
auf, Etwas zu erfinden, etwas noch nie Dagewesenes, ganz Unerhörtes. Von diesem Tage an
wurde er immer tiefsinniger und ich sah ihn oft stundenlang vor der Sonnenuhr des Thurmes,
dem einzigen noch brauchbaren Chronometer der Gemeinde, stehen und die Ergebnisse derselben mit
seinen eigenen Aufzeichnungen vergleichen, deren Endresultat folgendermaßen lautet:
„Entwurf einer nrechanischen Uhr einfachster Construktion. Dieselbe zeigt
außer Stunden, Minuten und Sekunden noch Folgendes an: Für jedes Jahr: Goldene Zahl,
Römerzinszahl, Sonnlagsbuchstaben, bewegliche Feste, Fast- und Normatage, Sonnen- und Monds-
finsternissc, muthmaßliche Witterung, Genealogie sämmtlicher regierender Fürstenhäuser, Stempel-
Skala, Jahrmärkte, Eisenbahn- und Dampfschifftarife, Thermometer- und Barometerstand in jeder
Sekunde, geographische Längen- und Breiten-Lage jedes Punktes der Erdoberfläche.
Ausführung: Man befestige mit einem Hammer einen starken, eisernen Nagel a au eine
glatte Zimmerwand, hänge daran freischwebend eine eiserne Stange b und daran am unteren
Ende die mechanische Uhr e, welche von Gold oder Silber sein kann. Das Ganze bildet nun
ein sreibeweglichcs Pendel, welches leicht von einer in der Physik bewanderten Person mittelst
der Hand d in gleichmäßiger Bewegung erhalten werden kann. Die mechanische Uhr braucht
nur einmal täglich mir Hilfe eines an der Hand d mit einem Seidenfadcn befestigten gewöhn-
lichen Uhrschlüssel von Messing e aufgezogen zu werden. Die Behufs des Aufziehens bewirkte
Störung der Pendelbewegung kann durch schnellere Bewegung mit dem Finger wieder eingebracht
werden. Die Temperatur zeigt der an der Pcndelstange befestigte Thermometer /, den Luftdruck
der Barometer y, die geographische Lage der Orte der ganz unten angehängte Schulatlas h und
alles klebrige der in der Mitte der Stange hängende Allgemeine Geschäftskalender k, der nur
alle Jahre einmal mit einem neuen vertauscht zu werden braucht."
Ihr Herren und Frauen, laßt Euch sagen:
's hat Elf geschlagen.
Die Straße wird öd' und stille nun,
Die Lichter verlöschen, die Menschen ruh'n:
Die Schwelger nur sitzen noch auf beim Glas,
Und der Härmende hat noch die Augen naß;
Und ich und der Mond sind wach — ach wir Beid'
Halten zusammen in Freud' und Leid.
Wir stehen schon manches Jahr auf der Wacht,
Wir sah'n das geheimste Geheime der Nacht —
Ihre stille Liebe, ihr wüstes Gelag,
Ihr fröhliches Jauchzen und ihre Klag' —
Der Nachtwächter.
Und wir gingen am ewigen Einerlei
Immer im gleichen Schritte vorbei.
Alter Mond, glaubst du es nicht?
Was machst du für ein Schelmengcsicht?
Glaubst du, ich kann nicht geh'» wie du,
Ewig in gleicher phlegmatischer Ruh?
Dich bellen die Hunde und Dichter an,
Du weichst nicht zollbreit von deiner Bahn;
Die Katzen am Dach und die liebenden Pärche
Hindern dich auch nicht um ein Härcheu.
Mein Sinn ist doch nicht so ruhig und hell
Wie deiner, du steinalter Junggesell.
lassenen Schriften unseres kürzlich verblichenen Torfschulmeisters ein Dokument vorfand, in welchem
eine Erfindung notirt war, die in dieser Beziehung Nichts zu wünschen übrig läßt. Sebastian
Fürchtegott Hunger, so hieß der Verblichene, hatte wie jeder Dorfschulmeister sehr viele Kinder,
aber ein defto kleineres Einkommen. Ta er nun ein sehr aufgeweckter Kopf war und die Ein-
bläuung der wissenschaftlichen Uranfänge in die borstenhaarigen Köpfe der jugendlichen Land-
bewohner ohnehin seinen Neigungen nicht zusagte und seinem Genie auch durchaus nicht zusagend
war, so sprach er nach Versorgung seiner Nase mit einer tüchtigen Prise Tabaks, als guter
Logiker folgendermaßen zu sich selbst: „Sebastian Fürchtegott Hunger, du bist ein großes Genie,
aber ein armer Teufel. Geld hast du keines, und wirst auch auf deiner jetzigen Laufbahn nie
mals eines bekommen. Der Amerikaner sagt: Zeit ist Geld. Geld bekommst du keines, also
erfasse die Zeit/' Nach diesen Worten, zu sich selbst, die in seinem Memoirenbuche ausgezeichnet
sind, ging er her und wurde Uhrmacher-Dilettant. Nachdem er sämmtliche Uhren der ganzen Ge-
meinde mit Einschluß der mechanischen Thurmuhr gründlich ruinirt und gänzlich unheilbar gemacht
hatte, gab es für ihn auf diesem Felde nichts mehr zu thun und es stieg in ihm der Gedanke
auf, Etwas zu erfinden, etwas noch nie Dagewesenes, ganz Unerhörtes. Von diesem Tage an
wurde er immer tiefsinniger und ich sah ihn oft stundenlang vor der Sonnenuhr des Thurmes,
dem einzigen noch brauchbaren Chronometer der Gemeinde, stehen und die Ergebnisse derselben mit
seinen eigenen Aufzeichnungen vergleichen, deren Endresultat folgendermaßen lautet:
„Entwurf einer nrechanischen Uhr einfachster Construktion. Dieselbe zeigt
außer Stunden, Minuten und Sekunden noch Folgendes an: Für jedes Jahr: Goldene Zahl,
Römerzinszahl, Sonnlagsbuchstaben, bewegliche Feste, Fast- und Normatage, Sonnen- und Monds-
finsternissc, muthmaßliche Witterung, Genealogie sämmtlicher regierender Fürstenhäuser, Stempel-
Skala, Jahrmärkte, Eisenbahn- und Dampfschifftarife, Thermometer- und Barometerstand in jeder
Sekunde, geographische Längen- und Breiten-Lage jedes Punktes der Erdoberfläche.
Ausführung: Man befestige mit einem Hammer einen starken, eisernen Nagel a au eine
glatte Zimmerwand, hänge daran freischwebend eine eiserne Stange b und daran am unteren
Ende die mechanische Uhr e, welche von Gold oder Silber sein kann. Das Ganze bildet nun
ein sreibeweglichcs Pendel, welches leicht von einer in der Physik bewanderten Person mittelst
der Hand d in gleichmäßiger Bewegung erhalten werden kann. Die mechanische Uhr braucht
nur einmal täglich mir Hilfe eines an der Hand d mit einem Seidenfadcn befestigten gewöhn-
lichen Uhrschlüssel von Messing e aufgezogen zu werden. Die Behufs des Aufziehens bewirkte
Störung der Pendelbewegung kann durch schnellere Bewegung mit dem Finger wieder eingebracht
werden. Die Temperatur zeigt der an der Pcndelstange befestigte Thermometer /, den Luftdruck
der Barometer y, die geographische Lage der Orte der ganz unten angehängte Schulatlas h und
alles klebrige der in der Mitte der Stange hängende Allgemeine Geschäftskalender k, der nur
alle Jahre einmal mit einem neuen vertauscht zu werden braucht."
Ihr Herren und Frauen, laßt Euch sagen:
's hat Elf geschlagen.
Die Straße wird öd' und stille nun,
Die Lichter verlöschen, die Menschen ruh'n:
Die Schwelger nur sitzen noch auf beim Glas,
Und der Härmende hat noch die Augen naß;
Und ich und der Mond sind wach — ach wir Beid'
Halten zusammen in Freud' und Leid.
Wir stehen schon manches Jahr auf der Wacht,
Wir sah'n das geheimste Geheime der Nacht —
Ihre stille Liebe, ihr wüstes Gelag,
Ihr fröhliches Jauchzen und ihre Klag' —
Der Nachtwächter.
Und wir gingen am ewigen Einerlei
Immer im gleichen Schritte vorbei.
Alter Mond, glaubst du es nicht?
Was machst du für ein Schelmengcsicht?
Glaubst du, ich kann nicht geh'» wie du,
Ewig in gleicher phlegmatischer Ruh?
Dich bellen die Hunde und Dichter an,
Du weichst nicht zollbreit von deiner Bahn;
Die Katzen am Dach und die liebenden Pärche
Hindern dich auch nicht um ein Härcheu.
Mein Sinn ist doch nicht so ruhig und hell
Wie deiner, du steinalter Junggesell.
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Wichtige Erfindung"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 49.1868, Nr. 1222, S. 186
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg