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Eine Weihn
Die Kleider hat sie all', die warmen,
Mit fleiß'ger und geschickter Hand,
Die arme Jungfrau, für die Armen
Geschafft, von frommer Lieb' entbrannt.
Jetzt öffnet sich' die nied're Pforte.
Sechs Mädchen treten schüchtern ein.
„Kommt, Kindlein/' tönt's mit sanftein Worte,
„Das liebe Christkind lad't euch ein."
Da röthen sich die bleichen Wangen,
Die matten Augen glänzen hell;
Die Na
Bröderl war ein altes, kleines, sanftes und immer freund-
liches Männchen, daher von allen seinen Bekannten gern ge-
sehen. Er bekleidete die Stelle eines Pedells in einem 9ie-
gierungsgcbäude, und pflegte, da er viele Mußestunden hatte,
Nachmittags in einen öffentlichen Vergnügungsgarten zu
gehen, dort seine Tasse Kaffee zu trinken und seine Pfeife
Tabak zu rauchen, um dann Abends gcmüthlich in seine Jung-
gesellenwohnung zurückzukehren.
Eines schönen Nachmittags wandert er auch wieder hin-
aus , und amüsirt sich in seiner stillvergnügten Weise ganz
prächtig, als auf einmal der Himmel sich mit schwarzen Wol-
achtsfeicr.
Die Liebe, die sie hier empfangen,
Ist ihnen reicher Wonne Quell.
Die greise Jungfrau schaut hernieder,
Wie Gottes Maiensonnenstrahl.
Ein Kindlein unter Kindern wieder,
Vergißt sie ihrer Jahre Zahl.
So schafft sie still seit fünfzig Jahren
Den armen Kindern Weihnachtslust,
Die Jungffau mit den Silberhaaren,
Dem ew'gen Frühling in der Brust. A. wrinhoff.
in ü tz r.
ken überzieht und die Mutter Erde mit einem mehr als un-
sanften Regen begrüßt. Bröderl ist, wie sämmtlichc übrige
Besucher des Gartens, auch in das Haus geflüchtet, um mit
der ihm eigenen Ruhe das Ende des nassen Intermezzos ab-
zuwarten.
Der Himmel will sich aber nicht beruhigen, unaufhör-
lich gießt der Regen in Strömen herab, und da anzunehmen
ist, daß an ein Aufhören desselben auch die Nacht hindurch
nicht zu denken ist, so sagt die Wirthin zu Bröderl:
„Ich will Ihm 'was sagen, Bröderl: aufhören thut der
Regen heute doch nicht; Er kann heute Abend hier mitessen
Eine Weihn
Die Kleider hat sie all', die warmen,
Mit fleiß'ger und geschickter Hand,
Die arme Jungfrau, für die Armen
Geschafft, von frommer Lieb' entbrannt.
Jetzt öffnet sich' die nied're Pforte.
Sechs Mädchen treten schüchtern ein.
„Kommt, Kindlein/' tönt's mit sanftein Worte,
„Das liebe Christkind lad't euch ein."
Da röthen sich die bleichen Wangen,
Die matten Augen glänzen hell;
Die Na
Bröderl war ein altes, kleines, sanftes und immer freund-
liches Männchen, daher von allen seinen Bekannten gern ge-
sehen. Er bekleidete die Stelle eines Pedells in einem 9ie-
gierungsgcbäude, und pflegte, da er viele Mußestunden hatte,
Nachmittags in einen öffentlichen Vergnügungsgarten zu
gehen, dort seine Tasse Kaffee zu trinken und seine Pfeife
Tabak zu rauchen, um dann Abends gcmüthlich in seine Jung-
gesellenwohnung zurückzukehren.
Eines schönen Nachmittags wandert er auch wieder hin-
aus , und amüsirt sich in seiner stillvergnügten Weise ganz
prächtig, als auf einmal der Himmel sich mit schwarzen Wol-
achtsfeicr.
Die Liebe, die sie hier empfangen,
Ist ihnen reicher Wonne Quell.
Die greise Jungfrau schaut hernieder,
Wie Gottes Maiensonnenstrahl.
Ein Kindlein unter Kindern wieder,
Vergißt sie ihrer Jahre Zahl.
So schafft sie still seit fünfzig Jahren
Den armen Kindern Weihnachtslust,
Die Jungffau mit den Silberhaaren,
Dem ew'gen Frühling in der Brust. A. wrinhoff.
in ü tz r.
ken überzieht und die Mutter Erde mit einem mehr als un-
sanften Regen begrüßt. Bröderl ist, wie sämmtlichc übrige
Besucher des Gartens, auch in das Haus geflüchtet, um mit
der ihm eigenen Ruhe das Ende des nassen Intermezzos ab-
zuwarten.
Der Himmel will sich aber nicht beruhigen, unaufhör-
lich gießt der Regen in Strömen herab, und da anzunehmen
ist, daß an ein Aufhören desselben auch die Nacht hindurch
nicht zu denken ist, so sagt die Wirthin zu Bröderl:
„Ich will Ihm 'was sagen, Bröderl: aufhören thut der
Regen heute doch nicht; Er kann heute Abend hier mitessen
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Die Nachtmütze"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 49.1868, Nr. 1224, S. 202
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg