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Fliegende Blätter — 6.1847 (Nr. 121-144)

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Sultan.

I und wenn er Einen gewahr wurde, der ihn bei seiner ersten
Meldung gesehen, machte er stch aus dem Staub, so schnell
er nur konnte, oder ging gerade an ihm vorüber zum -Burgthor
hinaus, als ob da sein Psad durchsührte, und kurze Zeit dar-
aus kam er beim anderen Thor wieder herein.

Bei Allem dem wollte seine Angelegenheit mit der Asra
lange nicht zu Stande kommen. Da kam ihm mit einemmal
in den Sinn: um die zwölfte Stunde ist sie schon zweimal
aus der Thür' neben dem Spitzthürmlein getreten, da stellst
du dich morgen hin, Talamont, bleibst stehen, bis sie sich zeigt,
und dann wird sich das Andere schon von selbst geben.

Da er nun am nächsten Tage um die Mittagsstunde im
Burghofe an seinem Orte stand und hinaufblinzte, sah er,
wie die Asra herabkam, und trat gleich zurück, damit sie
ihn fürerst nicht erblicke. Als sie aber sorglos heraustreten
wollte, machte er stch schnell hinein zur Thüre, zog das
Federiarett sehr tief, und sagte, indem er sich beugte: „Vor-
trefflichste Jungsrau, vergebt, wenn ich Euch den Weg vertrete.
Ich Hab' da was verloren, das habt Ihr gefunden, und ist
mir's gar lieb, daß es so ist und nit anders!"

„Ich?" — versetzte die Afra erröthend — „wahrlich, ich
weiß von nichts und verstehe Euch nicht ganz — aber so Ihr

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was verloren habt, will ich Euch suchen Helsen." Dabei sah
sie umher.

„Da sucht Ihr vergebens, holde Jungfrau," fiel Herr Tala-
mont rasch ein, „lag' das auf dem Boden, hält' es wohl
schon längst eine vornehme Dam' ausgehoben, denn es wär'
nicht das Schlechteste, was sie erobern könnte. Wollt Ihr j
aber wissen, was es ist, so müßt Ihr nirgends anders suchen,
als in Euch selbst, denn ich Hab' mein Herz verloren — das
habt Ihr mir demankenen Fesseln an das Euere geschmiedet,
daß es mein' Lebzeit nimmer loskommen kann!"

Dazu legre Herr Talamont die eine Hand an den Stoß-
degen, die andere aber mit dem Federbarett auf die Brust, '
beugte sich wieder sehr tief, sah dann empor und machte ein
gar lustiges Gesicht — denn er merkte, daß die Asra ihn mit
ihren großen blauen Augen nicht im mindesten finster anblickte.

Das kam aber daher: fie war überaus unschuldig, schaute
noch in die Welt, wie ein Kind auf die Flur, wenn da recht
üppig und frisch das Gras auswuchert, die viel tausend goldenen,
weißen und rochen Blumen blühen, die Bienen und Falter
drüber wegsummen und gauckeln und die Grillen zirpen —
überall und man weiß nicht recht wo. Kurz, fie hatte kein
Arg von sich und Anderen in der Seele, meinte, Alles sei
fromm, gut und auf's Beste bestellt, und hielt nun also Herrn
Talamonts Rede für losen Scherz, ihn selber aber für einen
lustigen Vogel, der's keineswegs schlimm meine.

Drum sagte fie lächelnd: „Viel Dank für die freundliche
Red', lieber Herr! Freu' mich, daß Ihr so lustig ausgestanden
seid. Ich bin auch alle Zeit lustig und lass' mir keinen Gram
erwachsen." Dazu lachte fie gar anmuthig.

Herrn Talamont gefiel das sehr wohl, und dacht' er: lacht
sie gern, ist dir guter Weg offen — stimmte mit ein und so
lachten sie Beide gegeneinander, daß es eine wahre Wohlthal
war. Die Afra machte dabei einen Knir und wollte fort —
konnte aber nicht. Denn Herrn Talamont war's um Lachen
nicht allein zu thun, sondern er trat vor und sagte: „Ja schöne
Jungfrau, was ist's denn aber mit meinem Herzen? Ich kann
ohne Herz nit leben!"

„Das glaub' ich" — gab Asra zurück, „nur nicht verzagt,
lustiger Herr, das demantene Kettlein ist schon zerrissen." Zu-
gleich wollte sic wieder hinaus.

Herr Talamont ließ fie aber nicht von hinnen und sprach:
„Da find' ich schlechten Trost, wenn Ihr mir mein Herz auf-
zwingen wollt."

„Einen besseren weiß ich nicht," entgegnet« Asra ein wenig !
ernster. „Macht Euerem Scherz ein Ende und laßt mich doch
meiner Wege geh'n!"

„Scherz?" — sagte Herr Talamont mit großer Wärme —
„O allerschönste Jungfrau, ich mein' es auf das Allerernstlichste."

Afra wurde blutroth im Gesicht, fie sah ängstlich die Treppe
hinaus, ob denn Niemand käme, ihr beizustehen. Es kam
Niemanv. Sie wollte hinauf — sie wollte zur Thüre hinaus

« *
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Sultan"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Muttenthaler, Anton
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Treppe <Motiv>
Karikatur
Junge Frau <Motiv>
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 6.1847, Nr. 126, S. 43
 
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