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Sultan.

31

in der Burg! Ist der Teufel in dich gefahren? Hoja!"
Schon stürzte er mit geschwungenem Stocke auf die Löwen-
herberge zu, darin Sultan tobte und brüllte und war eben
an der Thüre angekommen, als er laut auf schrie:

„Heiliger Gott, die Afra — was ist da geschehen?!"

Afra lag wie bewußtlos aus der Steinbank in der Ecke.

„Verfluchtes Ungethüm, ich bringe dich um!" tobte An-
selm gegen den Löwen, „wenn du der Afra was zu Leid
gethan hast!"

Albertus kam eben heran.

„Versorge die Asra!" rief er, „da will schon ich helfen."

Er riß die Gitterthüre auf und bot dem Löwen mit mäch-
tiger Stimme ab.

Der Löwe ließ sich herbei, einen Augenblick zu schweigen,
aber mit dem Schweife schlug er mächtige Kreise, mit weitge-
streckten Schritten, die Mähne wild schüttelnd, ging er in der
Herberge von Ecke zu Ecke, rasch sich wendend, und die Augen
funkelten, wie zwei Flammen. Dann stand er plötzlich abseits
gewandt, geneigt den Lärmen von Neuem zu beginnen. Zwar
murrte er nur, aber ohne Unterbrechung, und war's furchtbar
genug, wie ein fernes Donnerwetter.

„Still Sultan!" herrschte ihn Albertus noch einmal an.
Unmuthig schaute das Thier um, that einige Schritte, lagerte
sich in eine Ecke und legte den großen goldgelockten Kopf
auf die riefigen Tatzen.

Asra war mittlerweile zu sich gekommen, und bemerkte mit
Bestürzung, wie Viele von allen Theilen des Schlosses bewaff-
net zusammengekommen waren und eben noch kämen. Da sie
nun gar den Herzog selbst aus der Gitlerthür treten sah, erhob
sie sich ängstlich.

Albertus aber aber drückte sie sanft auf den Steinsitz nie-
der und sprach: „Ihr seid noch todtenbleich vor Schrecken.
Seid unbesorgt, der Löwe ist gänzlich zur Ruhe gebracht —
nun sagt, was ist hier vorgefallen?"

„Hoher Herr," sagte Asra, „Ihr habt doch dem Sultan
kein Leids gethan?!"

„Sicher nicht," entgegnete Albertus.

„Dank Herr Herzog," fiel Asra rasch ein, einen frohen
Blick auf den Sultan werfend — „er hält' es auch wahrlich
nicht verdient, denn er ist das treueste, klügste Thier auf der
ganzen Welt!"

„Ihr macht mich stets neugieriger," sprach Albertus, „also
sprecht und gebt Bericht!"

„Das ist kurz gesagt," versetzte die Jungfrau. „Als ich
gestern um diese Zeit über den Burghof gehen wollte, ließ
j mich ein fremder Herr nicht aus der Thür treten, zeigte sich
sehr ungestüm, und wollte mich zuletzt umfangen. Da nahm
ich all meinen Muth und Kraft zusammen, drohte ihm, ich
wollte um Hülfe rufen, er aber käme dann sicher nicht weg
ohne große Schande. Da ließ er mich hinaustreten — ich
aber ging meines Weges, und dachte, der würde es nie mehr
wagen, mich anzureden."

Da ward viel Unmuth wach unter Allen ringsum, der
Herzog insonderheit war sehr zornig, der Anselm aber konnte

sich nicht halten und ries: „Da soll ja gleich der Satan dar-
einschlagen! Warum hast denn nicht um Hülfe gerufen?"

„Ich dacht's allein zu vollenden," entgegnete Afra, „und
meinte, nun fei alle weitere Gefahr verschwunden. Heut' um
dieselbe Stunde ging ich ohne weitere Sorge durch den
schwarzen Gang. Da hört' ich mit einem Male was hinter

mir herschleichen, und als ich umsah, erblickt' ich den Herrn

von gestern wieder. Rasch wollt' ich durch die kleine Thür'
am vorderen Eck, sie war aber geschlossen — ich eilte fort,

der Herr aber hinter mir drein, am obern Gang erreichte

er mich und wollte mich festhalten. Ich rang, ich rief —
's war Niemand in der Nähe. Ich wand mich los und kam
bis zu des Löwen Herberge, der Herr aber zauderte nicht,
nachzueilen, und nun wußt' ich mir keine Hülse mehr, und
nicht wo aus und wo an. Da fiel mir etwas ein in der Angst
meines Herzens, und ries, so laut ich vermochte: „Sultan,
Sultan, hilf Sultan!" — Als mich das kluge Thier um
Hülse rufen hörte und sah wie ich mich wehrte, ward eS mit
einemmale wie wüthend, erhob ein grauenhaftes Gebrüll, fuhr
mit den Tatzen in die Eisengitter und wollte heraus. Der
Herr aber vernahm kaum das wilde Getob und Gethu', so
ließ er mit einem Schrei ab von mir und floh — der Löwe
aber fuhr fort mit seinem Ungestüm — und ich — bin vor
Schreck und Ermattung hier niedergesunken."

„Jst's möglich, ein so treues Thier ist mein Sultan? —"
rief der Herzog Albertus.

„Sultan!"

Langsam kam der Löwe heran. Der Herzog legte ihm die
Hand auf seinen großen Kopf und streichelte ihn. Dann sprach
der Herzog: „Dem Frevler soll schwere Strafe werden. Welch
Einer kann da Auskunft geben und auf wen fällt der Arg-
wohn ? Sag' Jeder offen seine Meinung, sei der, auf den er
räch, hoch oder nieder, denn arg hat sich der verfehlt an
Zucht und Sitte, und zumal in meiner eigenen Hofburg, das
mag nicht so hingeh'n. Kennt Ihr ihn, Afra?"

„Wenn ich ihn wieder sehen müßt'," sagte Asra, ein wenig
bestürzt, „möcht' ich ihn wieder erkennen, Herr Herzog — aber
mehr könnt' ich nicht sagen."

„Und Ihr?" fragte Albertus die Umstehenden.

Da wußte Keiner Bescheid.

„Ja, da ist es schwer, den Thäter zu ergründen" — sagte
Jener. „Nun bleibt nur Eines. Die Thorwache gebe Bericht
und der Hüter am vorderen Eingang, was etwan die bemerkt
haben und wer da um die jüngste Zeit ein oder ausging."

Alsbald eilte ein Diener fort. In Kurzem kehrte er zurück.

„Was bringst du für Botschaft?" fragte der Herzog.

„Nicht viel Gutes, hoher Herr," antwortete der Diener.
„Die Thorwach' hat gar nichts bemerkt. Ter Thürhüter aber
hat auch weiter nichts beachtet, als daß. ein Herr flüchtig
hinausschrilt und zwar gerade der meinte er, so sich schon
öfter im Burghof gezeigt habe, so daß es ihm fast sehr
aufgefallen."

„Dann wissen wir ja schon viel," sagte Albertus. „Wer
war denn der?"

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