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34 Lindenblüh

zu unternehmen. Die Sonne brannte glühend heiß, und —
jetzt sollte von Rechtswegen eine astronomische Sonnenbetrachtung
hier ihren Platz finden, aber ich lasse sie aus denselben Gründen,
wie früher die botanische, fallen. — Es genüge, daß an diesem
heißen Tage Amadäus in den Schönbrnnner-Garten cintrat. Er
wandte sich nach rechts zum Thiergarten und durchschritt die
zugestutzten Alleen, die so steif dastauden, wie die Höflinge. —
Amadäus betrachtete der Reihe nach die hier ausgestellten Thiere,
ging von Käfig zu Käfig, und schon war er fast am Ende
seines Rundganges — gerade betrachtete er zwei Eacadu's —
als ihm zwei schöne reizende Damen auffielen, eine hübscher
als die andere, und — damit ich kurz bin — aus ihm einen
solchen oben genannten Esel ä la Heine machten. — Doch
wieder zu meinen beiden Eacadu's — ich wollte sagen beiden
Damen. — Amadäus erblickte sie kaum, und Amor, dieser böse
Schalk, schleuderte schon einen Pfeil ab, und verwundete Amadäus'
Herz. Dieses entbrannte in Liebe, Anfangs für Beide, dann
aber für die eine, und zwar für die — ältere der beiden Damen.
Schritt auf Schritt folgte er ihnen nach, gerade wie der rächende
Arm der Justiz, (vulxo „Spitzeln") stets hinter einem „Staats-
verbrecher". Endlich verließen sie den k. k. Lustgarten und

stiegen in einen Stellwagen. Amadäus hinter ihnen, sie in's
Damen-, er in's Rauchcoupö, und vorwärts brauste es hinein
in die Stadt. Beim Volksgarte» ließen die beiden Damen
anhalten, und stiegen aus. Amadäus that das Gleiche. Die
Damen verschwanden in einem Hause auf dem Bnrgriug, während
Amadäus wahrzunehmen glaubte, daß die Aeltere der Beiden
ihm huldvollst zulächele. Amadäus sah dies für ein gutes
Zeichen an. Beim Portier erkundigte er sich nach den

Damen. Da erfuhr er denn, daß es Mutter und Tochter
Lindenblüh seien. Entzückt darüber, daß er ihren Namen wisse,
promenirte er noch ungefähr eine Viertelstunde vor dem Hause
auf und ab, bis er endlich seine Wohnung am „Hohen Markt"
aufsuchte, und dorten nachdcnkend über seine Liebe in ein tiefes
Grübeln versank.

So vergingen acht Tage. Es kam der 22. Mai — Christi
Himmelfahrt. Da wird nun in der Metropolitan-Pfarrkirche zu
St. Stephan gewöhnlich eine cardinalfürstcrzbischöflichc Messe
unter großem Pompe gelesen. Von allen Seiten der Stadt
Wien strömen nun bei dieser Gelegenheit Andächtige und Nicht-
andächtige zusammen, um nur dieser cardinalfürsterzbischöflichen
Messe in Andacht beiwohnen zu können. Heute war die Kirche
besonders gefüllt. — Unter der Menge befand sich auch Herr Karl
Kornroth. Er saß in einer der ersten Bänke, weil er Einer
der Ersten gekommen war, und hatte das Glück, neben sich zwei
reizende Damen zu haben. Herr Kornroth war schon zwar ein
Vierziger, aber sein Herz war noch immer — Tank der Wiener
Luft — recht jung geblieben, und entbrannte recht leicht und — gern.

Tie Messe begann; aber Herr Kornroth blickte mehr
auf die beiden Damen, als auf den Cardinalfürsterzbischof,
und besonders die Jüngere setzte sich in seinem Herzen lief,
sehr tief fest. — Die Messe, um nicht wieder zu sagen die
cardinalfürstcrzbischöflichc Messe, nahm endlich ein Ende, und die
j Leute fingen an, sich aus der Kirche zu verlieren.

nd Kornroth.

Herr Kornroth ging immer den beiden Damen nach, welche
in einem Hause des Burgrings verschwanden, während Herr
Kornroth wahrzunehmen glaubte, daß die Jüngere der Beiden
ihm huldvollst zulächele. Herr Kornroth sah dies für ein
gutes Zeichen an. Beim Portier erkundigte er sich nach
den beiden Damen. Da erfuhr er denn, daß es Mutter
und Tochter Lindenblüh seien. Entzückt darüber, daß er ihren
Namen wisse, promenirte er noch ungefähr eine Viertelstunde vor
dem Hause auf und ab, bis er endlich seine Wohnung am
„Hohen Markt" anfsnchte und dort nachdenkend über seine Liebe
in tiefes Grübeln versank. — —

Es mochten wieder ungefähr acht Tage vergangen sein,
als eines Tages Herr Karl Kornroth auf seinen Sohn Amadäus
am „Burgring" stieß.

„Höre einmal, Amadäus, wie kommst Du hierher?" fragte
der Vater.

„Ich bitte Dich, Vater, Du gehst doch uie in diese
Gegend, was machst Du heute hier?" fragte der Sohn.

„Höre einmal, Amadäus, ich will Dir etwas sagen: ich
bin verliebt."

„Was, Vater, Du in Deinem Alter?" frug erstaunt der

Sohn.

„Ja, und noch mehr, ich gedenke mich zu verheirathen,"
antwortete der Vater.

„Immer besser. Was würdest Du aber dazu sagen, wenn
auch ich verliebt wäre, und auch ich mich zu verheirathen ge-
dächte?"

„Was, Amadäus, Du? Du in Deinem Alter? Du bist ja
noch zu jung! — Wer ist aber die Dame Deines Herzens?"
fragte der Vater.

„Siehst Du, Vater, Geheimniß gegen Geheimniß! Laß
Du mich wissen, wer die Dame Deines Herzens, und Du sollst
auch erfahren, wer die Dame meines Herzens ist!"

„Mir gebührt als Vater der Vorrang. Du mußt mir
zuerst den Namen Deiner Liebe nennen, und dann sollst Du
auch wissen, wen ich liebe."

„Nun topp! Ich gehe darauf ein," sagte der Sohn,
„meine Dame heißt •— Lindenblüh."

„Wie? Was?" fragte entsetzt der Vater.

„Nun, Lindenblüh, was ist da Schlechtes daran?"

„Aber! eben die —"

„Was eben die?"

„Aber eben die liebe ja auch ich!"

„Wie, Vater, Du?"

„Ja, ich! Und Du willst mir die Dame entreißen, aber
ich lasse nicht von ihr ab, ich bin gesetzter als D», mich wird
sie wählen," sagte der Vater.

„Und ich bin jünger als Du, mich wird sie wählen,"
sagte der Sohn. So streitend gingen sie nach Hanse. — —

Während dieser Zeit ging eine ähnliche Scene im Hause der
Frau Lindenblüh vor sieh.

„Höre einmal, Eleonore, was blickst Du den» fortwährend
zum Fenster hinaus?" fragte die Mutter.
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