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Der kluge Arzt.
(Märchen.)
Es lebte einmal ein junger Mann, der eine Liebste hatte;
die wurde krank, und verzweifelnd irrte er umher, um Hilfe
und Rettung zu suchen. Keines von den angewandten Mitteln
Wollte helfen, — die Liebste ging dem Tode entgegen. Da hörte
man im Lande von dem weisen, altersgrauen Mönch aus Indien
sprechen, der einen Talisman hatte. Jammernd trug unser
armer Freund diesem seinen Schmerz vor und erbat gegen sein
ganzes Vermögen den Talisman. Der Mönch ließ sich rühren,
verkaufte sein Kleinod und der uvglückliche Bräutigam konnte
nun mit dessen Hilfe Alles sehen, was dem Menschenauge sonst
verborgen bleibt. Er sieht jetzt alle berühmten Aerzte und reist
zum nächsten, ihn zur Braut zu holen. Aber an der Thür
des Arztes sieht er in Schaarcn die Seelen von Verstorbenen
auf- und niederwallen. Die hatte der Arzt um's Leben gebracht.
Dem kann er seine Liebste nicht anvertrauen, also zum zweiten.
Wehe! Dieselbe Erscheinung — auch beim dritten, vierten
Arzte. Vielleicht hilft mir der fünfte, sagt der geplagte
Jüngling, und sieht ihn im Talisman als ein junges, kleines
Herrchen. In einer abgelegenen Straße eines kleinen Städt-
chens findet er ihn, an der Thüre nur zwei Seelen. „Endlich
habe ich meinen Mann gefunden!" ruft schon im Voraus
zufrieden der Jüngling aus, tritt in's Haus und bringt sein
Anliegen vor. „Wie hast Du mich aber nuffinden können?"
beginnt der Arzt. — „Oh, Eure Geschicklichkeit hat Euren
Ruhm weit über die Erde getragen!" — „Meine Geschicklich-
keit und mein Ruhm? Ich bin ja erst acht Tage Arzt und
habe erst zwei Kranke behandelt!" Der Bräutigam empfahl
sich und stürzte in's Haus seiner Geliebten. Die war indessen
ohne Arzt gestorben, und er war im Besitz eines Talismans,
für welchen er Alles wcggab.
Der Prophet.
Dame: „Ich sage Ihnen, dieses kleine Kind strampft
mit seinen Füßchen, daß es kaum zu bändigen ist!" —
Professor: „Das wird eine berühmte Ballettänzerin!" —
Dame: „Und es schrcit, wie ein Zwölfjähriges!" — Professor:
„Das wird eine große Opernsängerin!" — Dame: „Aber
cs ist ja ein Knäbchen!" — Professor: „Hm — hm —
dann wird es ein Kammermitglied von der Opposition, oder
ein Gemeindebevollmächtigter!"
Schreckliche Drohung.
V
„Elsa, Elsa! Wenn Du jetzt nicht gleich still bist, dann
geb' ich Dir einen Knß!"
Der kluge Arzt.
(Märchen.)
Es lebte einmal ein junger Mann, der eine Liebste hatte;
die wurde krank, und verzweifelnd irrte er umher, um Hilfe
und Rettung zu suchen. Keines von den angewandten Mitteln
Wollte helfen, — die Liebste ging dem Tode entgegen. Da hörte
man im Lande von dem weisen, altersgrauen Mönch aus Indien
sprechen, der einen Talisman hatte. Jammernd trug unser
armer Freund diesem seinen Schmerz vor und erbat gegen sein
ganzes Vermögen den Talisman. Der Mönch ließ sich rühren,
verkaufte sein Kleinod und der uvglückliche Bräutigam konnte
nun mit dessen Hilfe Alles sehen, was dem Menschenauge sonst
verborgen bleibt. Er sieht jetzt alle berühmten Aerzte und reist
zum nächsten, ihn zur Braut zu holen. Aber an der Thür
des Arztes sieht er in Schaarcn die Seelen von Verstorbenen
auf- und niederwallen. Die hatte der Arzt um's Leben gebracht.
Dem kann er seine Liebste nicht anvertrauen, also zum zweiten.
Wehe! Dieselbe Erscheinung — auch beim dritten, vierten
Arzte. Vielleicht hilft mir der fünfte, sagt der geplagte
Jüngling, und sieht ihn im Talisman als ein junges, kleines
Herrchen. In einer abgelegenen Straße eines kleinen Städt-
chens findet er ihn, an der Thüre nur zwei Seelen. „Endlich
habe ich meinen Mann gefunden!" ruft schon im Voraus
zufrieden der Jüngling aus, tritt in's Haus und bringt sein
Anliegen vor. „Wie hast Du mich aber nuffinden können?"
beginnt der Arzt. — „Oh, Eure Geschicklichkeit hat Euren
Ruhm weit über die Erde getragen!" — „Meine Geschicklich-
keit und mein Ruhm? Ich bin ja erst acht Tage Arzt und
habe erst zwei Kranke behandelt!" Der Bräutigam empfahl
sich und stürzte in's Haus seiner Geliebten. Die war indessen
ohne Arzt gestorben, und er war im Besitz eines Talismans,
für welchen er Alles wcggab.
Der Prophet.
Dame: „Ich sage Ihnen, dieses kleine Kind strampft
mit seinen Füßchen, daß es kaum zu bändigen ist!" —
Professor: „Das wird eine berühmte Ballettänzerin!" —
Dame: „Und es schrcit, wie ein Zwölfjähriges!" — Professor:
„Das wird eine große Opernsängerin!" — Dame: „Aber
cs ist ja ein Knäbchen!" — Professor: „Hm — hm —
dann wird es ein Kammermitglied von der Opposition, oder
ein Gemeindebevollmächtigter!"
Schreckliche Drohung.
V
„Elsa, Elsa! Wenn Du jetzt nicht gleich still bist, dann
geb' ich Dir einen Knß!"
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Der Prophet" "Schreckliche Drohung"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 71.1879, Nr. 1779, S. 71
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg