139
Dem Röslmairr
Der Röslmaier war immer ein braver Mann und hat
in seinem ganzen Leben kein' Schlechtigkeit begangen g'habt. Aber
wie's halt auf der Welt geht! Schlechte Leut' sag'n Einem
alles Schlechte nach, und schließlich wird's Einem zu dumm.
Und g'rad a' so ist's dem braven Röslmaier 'gangen.
Wie er so Nachts einmal über die Jsarbrücken geht, denkt
er bei sich: „Röslmaier, es war' halt das Best', wenn du
da drunten lägst in der Isar und hätt'st dein' Ruh! Weib
und Kinder hast d' do' net aus der Welt, und was d' no' hast,
dees könntest dei'm besten Freund verschreib'n, daß der aa' no'
was Gut's von dir empfangen thät — und nacha wär's
aus!" — D'rauf is er 'nüber'gangen über die Brück'n und
hat d'rüber nach'dacht, und weil er net mit sich schlüssig 'worden
is, is er in's Brauhaus 'gangen und hat weiters d'rüber nach-
dacht. Da sind no' die Andern dazu'kommen, die alle Tag
ihr' Maß mit ihni zusammen 'trunken hab'n, und hab'n sich
zu ihm g'setzt.
Der Röslmaier hat aber immer über sein baldiges End'
nach'dacht und hat sich nur immer b'sonnen: wer wohl eigent-
lich von Allen sein bester Freund sein könnt'? Die Andern
aber hab'n g'merkt, daß ihm was im Hirn 'rumgeht und
hab'n ihm fleißig zu'trunken, um ihn g'sprächig z' machen, und
g'fragt: „Ob ihm 's Bier net schmecken thät?" — „Dees
g'rad net!" hat der Röslmaier g'sagt. Heimlich hat er aber
immer bei sich 'dacht: „Wenn d' nur aa' wissen thät'st, wer
sein Testament.
eigentlich dein bester Freund ist, den du in's Testament An-
sitzen könnt'st." Endlich hat er festg'setzt bei sich: „Jetzt stellst
die Prob' an, und der wo am längsten bei dir aushält, dees
is dein bester Freund und dem verschreibst dein' Sach!"
Mittlerweil sind schon a' paar fort'gangen, a' paar sind
no' blieb'n. „Unter denen muß er wohl sein," denkt der
Röslmaier; und wie aa' die fort wollen und ihn fragen: ob
er uit mitgch'n thät, sagt er: „Na! Er müßt no' sitzen bleib'n,
es sei ihm net ganz gut!" Er hat freili' schon die zehnt'
Maß au'trunken g'habt. Aber die hab'n ihn ausg'lacht, weil er
nix vertrag'n könnt', und sind fort'gangen und hab'n ihn sitzen
lassen. Er is aa' sitzen blieb'n, ganz still sitzen blieb'n, lang
sitzen blieb'n. Aber grämt hat er sich do' und zu sich g'sagt:
„Da siehst's, Röslmaier! Wer is jetzt dein bester Freund,
dem d' dein' Sach' verschreibst? Alle haben s' dich ver-
lassen, als ob d' gar net aus der Welt waarst und bist alloan
no' da!" Die Gedanken sind ihm erstickt.-Später hat
er sich aufg'macht auf den Heimweg, ganz gedrückt. Wie er
wieder auf die Brück'n 'kommen is, hat er sich am G'länder
g'halten, daß er net 'nunter g'fall'u is, und is mit sich schlüssig
word'n und hat g'sagt: „Röslmaier!" hat er g'sagt, „du bist
der einzige Freund, den i' Hab. So lang i' leb', vergeh i'
dir dein' Freundschaft net und morgen verschreib' i' dir
mein' ganze Sach." P. fu-.
18*
Dem Röslmairr
Der Röslmaier war immer ein braver Mann und hat
in seinem ganzen Leben kein' Schlechtigkeit begangen g'habt. Aber
wie's halt auf der Welt geht! Schlechte Leut' sag'n Einem
alles Schlechte nach, und schließlich wird's Einem zu dumm.
Und g'rad a' so ist's dem braven Röslmaier 'gangen.
Wie er so Nachts einmal über die Jsarbrücken geht, denkt
er bei sich: „Röslmaier, es war' halt das Best', wenn du
da drunten lägst in der Isar und hätt'st dein' Ruh! Weib
und Kinder hast d' do' net aus der Welt, und was d' no' hast,
dees könntest dei'm besten Freund verschreib'n, daß der aa' no'
was Gut's von dir empfangen thät — und nacha wär's
aus!" — D'rauf is er 'nüber'gangen über die Brück'n und
hat d'rüber nach'dacht, und weil er net mit sich schlüssig 'worden
is, is er in's Brauhaus 'gangen und hat weiters d'rüber nach-
dacht. Da sind no' die Andern dazu'kommen, die alle Tag
ihr' Maß mit ihni zusammen 'trunken hab'n, und hab'n sich
zu ihm g'setzt.
Der Röslmaier hat aber immer über sein baldiges End'
nach'dacht und hat sich nur immer b'sonnen: wer wohl eigent-
lich von Allen sein bester Freund sein könnt'? Die Andern
aber hab'n g'merkt, daß ihm was im Hirn 'rumgeht und
hab'n ihm fleißig zu'trunken, um ihn g'sprächig z' machen, und
g'fragt: „Ob ihm 's Bier net schmecken thät?" — „Dees
g'rad net!" hat der Röslmaier g'sagt. Heimlich hat er aber
immer bei sich 'dacht: „Wenn d' nur aa' wissen thät'st, wer
sein Testament.
eigentlich dein bester Freund ist, den du in's Testament An-
sitzen könnt'st." Endlich hat er festg'setzt bei sich: „Jetzt stellst
die Prob' an, und der wo am längsten bei dir aushält, dees
is dein bester Freund und dem verschreibst dein' Sach!"
Mittlerweil sind schon a' paar fort'gangen, a' paar sind
no' blieb'n. „Unter denen muß er wohl sein," denkt der
Röslmaier; und wie aa' die fort wollen und ihn fragen: ob
er uit mitgch'n thät, sagt er: „Na! Er müßt no' sitzen bleib'n,
es sei ihm net ganz gut!" Er hat freili' schon die zehnt'
Maß au'trunken g'habt. Aber die hab'n ihn ausg'lacht, weil er
nix vertrag'n könnt', und sind fort'gangen und hab'n ihn sitzen
lassen. Er is aa' sitzen blieb'n, ganz still sitzen blieb'n, lang
sitzen blieb'n. Aber grämt hat er sich do' und zu sich g'sagt:
„Da siehst's, Röslmaier! Wer is jetzt dein bester Freund,
dem d' dein' Sach' verschreibst? Alle haben s' dich ver-
lassen, als ob d' gar net aus der Welt waarst und bist alloan
no' da!" Die Gedanken sind ihm erstickt.-Später hat
er sich aufg'macht auf den Heimweg, ganz gedrückt. Wie er
wieder auf die Brück'n 'kommen is, hat er sich am G'länder
g'halten, daß er net 'nunter g'fall'u is, und is mit sich schlüssig
word'n und hat g'sagt: „Röslmaier!" hat er g'sagt, „du bist
der einzige Freund, den i' Hab. So lang i' leb', vergeh i'
dir dein' Freundschaft net und morgen verschreib' i' dir
mein' ganze Sach." P. fu-.
18*
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Dem Röslmaier sein Testament"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 71.1879, Nr. 1788, S. 139
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg