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Sie schreibt.

50

Ich beschloß also, einstweilen lein Wort weiter über die
unerquickliche Angelegenheit zu verlieren. Aber ich wollte aus-
passen, beobachten, und wenn doch wieder der Geist der
Schreiberei über sie kommen sollte, dann - wird sürchterlich
Gericht gehalten! Ich hatte mich bei diesem Entschluffe etwas
beruhigt und ging wieder in's Bureau.

Die nächstsolgcnden Tage waren nicht angenehm. Es war
zum ersten Mal in unserer Ehe ein Etwas zwischen uns getreten,
das wir Beide zu berühren uns scheuen mußten. Meine Stimm-
ung war etwas gedrückt, denn ich hatte von Zeit zu Zeit gegen
Zweifel zu kämpsen, die meine Ucberzeugung von der Schuldart
meiner Frau zü erschüttern drohten. Minna war liebreich und
sorgsam, wie immer, aber etwas scheu und niedergeschlagen.
Meine», Entschlüsse getreu, kan, ich jetzt zu allen möglichen un-
regelmäßigen Tageszeiten nach Hause. Zuerst hatte ich Ausreden
für mein unerwartetes Erscheinen vorgebracht. Minna hatte sie
schmerzlich lächelnd still angehört. Ach hatte sic noch nicht wieder
beim Schreiben betroffen. Einmal, als ich schnell in'S Zimmer
trat, glaubte ich sic wieder bei der mir verhaßten Thätigleit
zu sehen. Ich eilte hinzu, aber ich sand meine Frau über
einem Stickmuster gebeugt. Sie sagte nur: „Waller, lieber
Mann, warum quälst Du Dich und mich denn so?" — Ich
stotterte verlegen eine Entschuldigung. Ich war nach ungefähr
einer Woche viel ruhiger geworden. Ich mußte recht combinirt
haben; Minna hatte gedichtet, aber sie war von meiner Energie
gerettet und wird das traurige Gewerbe für immer aufgeben.

Ich schlief meinen gewöhnlichen Murmellhierschlaf und
träumte, - aber nein, es ist zu langweilig, den ganzen albernen
Traum hier zu reproduciren. Ich will nur erzählen, daß
meine mit mir spazieren gehende Frau plötzlich in einen fürchter-
lich grauenhaften Jclsenabgnmd zu stürzen drohte, und ich in
schrecklicher Angst hinzusprang, um sic zu holten. Da wachte
ich aus und sah, noch in dem Schauer und Schrecken des
Traumes, — daß das Bett meiner Frau leer war. Ich ahnte
Schreckliches. Leise bekleidete ich mich, schlich behutsam an die
Thüre des Wohnzimmers, durch deren Schlüffelloch ein ver-
rätherijcher Lichtschimmer strahlte, blickte durch dieses Schlüffcl-
loch und — sah meine Frau schreibend am Tische! Ich be-
herrschte mich gewaltsam. Um's Himmelswillen, keine nächt-
liche Zanlsccne! Ich starrte eine zcitlang durch's Schlüffelloch.
Die Bcrbrccherin schrieb, sann nach, schrieb wieder. Ganz so habe
ich mir immer die Hantirung eines Blausirumpses vorgcstellt.
Endlich erhob ich mich, meine Kniee schmerzten mich, mein
Kops auch, glaube ich. Ich legte mich wieder zu Bette
und versank in angstvolles Grübeln. Viermal hatte die Uhr
halbstündlich geschlagen, da huschte mein Weib in's Schlaf-
zimmer, horchte einen Augenblick aus meinen vermeintlich ruhigen
Athcm und legte sich nieder. Ich aber hatte inzwischen einen
Entschluß gefaßt. Ungewöhnliche Gefahren ersordern ungewöhn-
lich- Rettungsmittel. Vor alle» Dingen wollte ich mir durch
List oder Gewalt das Manuscript meiner Frau verschaffen;
daraus war sicherlich Genaueres über die nur fatale Geistes-
richtung n,einer Gattin zu ersehen, und je nach deren Beschaffen-
heit wollte ich meine Maßregeln ergreifen.

Ich sagte ani nächsten Morgen meiner Frau kein Wort
von meiner nächtlichen Entdeckung. Ich machte nur eine ganz
harmlose Bemerkung über ihr angegriffenes Aussehen. Sie
entschuldigte das mit schlechtem Schlaft; ich sah sie aber er-
röthen über diese Verschleierung der Wahrheit. — Meine Frau
hatte an diesem Tage einen gemeinsamen Besuch mit ihrer
Mutter verabredet. Ich richtete mich im Bureau so ein, daß
ich während ihrer Abwesenheit nach Hause gehen konnte. Ohne
Weiteres ging ich an's Werk. Alle Gewiffensscrupel hatte
der Gedanke an das gefährdete Glück meines Hauses nieder-
geschlagen. — Die Schrcibmappe meiner Frau befand sich in
einer unverschlossenen Schieblade; die Mappe selbst war mit
einem kleinen Schlöffe versehe». Ich sprengte dasselbe mit
Leichtigkeit und machte mich begierig über deren Inhalt her.

_ (Schluß folgt.)

SP'-ch.

Jagst immer du dem größer'» Glücke „ach,

So wird das Ilcin're, das du hast, dir trugvoll;

Schöps' aus dem Weltmeer, oder aus dem Bach,

Du schöpjest doch nicht mehr als deinen Krug voll.

Schulrath (während der Prüfung zum Lehrer): „Ja, wie
viel' Hammer und Schmidt haben Sie denn in Ihrer Klaffe?"

Lehrer: „An Hammerschmidt, Hammer, Schmidthammer und
Schmidt Hamm' mer!" __

Die Raupe sitzt häuslich aus ihrem Blatt,

Sie liebt nicht das treulose Wandern;

Zum Schmetterling wird sie, der fliegt Nimmersatt
Bon einer Blume zur ander'».

Bei'm Jüngling tffS ein ander- Ding,

Er macht es beffer wohlweislich:

Zuerst ein ftöhlicher Schmetterling,

Dann — Ehemann und häuslich. I.

„Denken Sie sich

gestern für ein Un-
glück g'habl Hab'!

und direkt mit den!
Kops aus den neuen
Blumentopf und

»Jeffe«, — der
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Das Werthvollere"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Albrecht, Henry
Entstehungsdatum
um 1884
Entstehungsdatum (normiert)
1879 - 1889
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Alle Rechte vorbehalten - Freier Zugang
Creditline
Fliegende Blätter, 81.1884, Nr. 2038, S. 50
 
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