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Die St.-Stephanskirche in Wilhelmshaven-Fedderwarden — Forschungen der Denkmalpflege in Niedersachsen, Band 1: Hameln: C.W. Niemeyer, 1980

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https://doi.org/10.11588/diglit.57438#0022
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Die Dorfkirche in
Wilhelmshaven-Fedderwarden

Die Kirchengemeinde zu Fedderwarden im 13.Jahrhundert
Auch die Kirchengeschichte der einst mit den Dörfern Accum und Sengwarden zur
Herrlichkeit Kniphausen gehörenden Gemeinde Fedderwarden (heute Wilhelmsha-
ven-Fedderwarden) im Jeverland verliert sich im Dunkel des Mittelalters. Weitgehend
im wissenschaftlichen Schrifttum unbeachtet24) und in Denkmalinventaren nur sum-
marisch beschrieben25), rückte die im äußeren Erscheinungsbild vergleichsweise un-
scheinbare Kirche erst durch ihre bei baulichen Instandsetzungsarbeiten entdeckte
und unter fachlicher Betreuung des Instituts für Denkmalpflege (Hannover) freige-
legte mittelalterliche Innenausmalung in den Blickpunkt der breiteren Öffentlich-
keit26).
Doch verschaffen wir uns — soweit dies möglich ist - zunächst einen Überblick der ge-
schichtlichen und wirtschaftlichen Entwicklung des Ortes Fedderwarden.
In Anlage und Entstehung dürfte er den Dorfgründungen des übrigen Jeverlandes
weitgehend entsprechen: Dem ständig von Sturmfluten bedrohten, vielfach unter dem
Meeresspiegel liegenden Marschgebiet konnten auch die etwa seit 1000 n. Chr. gebau-
ten Deiche trotz aufopferungsvoller Gemeinschaftsleistungen anfangs nur unzurei-
chenden Schutz gewähren. Sie wurden in einer nicht abreißenden Kette von Sturmflu-
ten durchbrochen - so 1164, 1219, 1287, 1334 sowie in der besonders schweren Mar-
cellusflut von 1362 —, die Agrarkulturen sowie Mensch und Tier der Vernichtung
preisgaben. Die Bewohner waren deshalb gezwungen, künstliche Hügel aufzuwerfen
(Warfen) und sich darauf anzusiedeln, umgeben von einem prieldurchzogenen und
durch Sturmfluten verwüsteten Watt. Zuerst wurde das Landschaftsbild von Einzel-
warfen geprägt. Ihnen folgten geschlossene Dorfwarfen, die eine Ausdehnung von
mehreren Hektar und eine Höhe von einigen Metern erreichen konnten.
Auf den Dorfwarfen umschlossen niedrige Flechtwerkhäuser einen Platz, auf dem das
Vieh zusammengetrieben wurde, wenn Sturmfluten oder Feinde drohten. Später
wurde hier, durch weitere Aufschüttungen zusätzlich erhöht, die Dorfkirche errich-
tet27). Wie im übrigen Friesland richtete sich im Jeverland die Anzahl der Bauernhöfe
eines Dorfes nach der Größe der Warf; ursprünglich waren es wohl etwa 10 bis 20, de-
ren Land stückweise verstreut lag. Seit dem Ende des Mittelalters kam es, bedingt
durch Sturmfluten und Neueindeichungen - und ermöglicht durch die freie Teilbar-
keit von Grund und Boden —, zunehmend zu Größenunterschieden zwischen den
vermutlich anfangs annähernd gleich großen, etwa 20 ha umfassenden Bauernstellen.
Im Verlauf dieser in Einzelheiten heute schwer faßbaren, einschneidenden Umschich-
tungen bei der Verteilung des nutzbaren Bodens bildete sich allmählich eine Differen-
zierung des dörflichen Sozialgefüges aus. — Herrschaftlicher Großgrundbesitz kann
für unser Gebiet erst seit der Häuptlingszeit nachgewiesen werden. Wie im übrigen
Friesland umfaßte er einen ansehnlichen Teil des nutzbaren Ackerlandes, und zwar
wurde der Streubesitz an Meier bzw. die rechtlich freien Bauern in Pacht vergeben,
während die Ländereien in der Nähe des Herrschaftssitzes der Eigenwirtschaft Vorbe-
halten waren.
Begünstigt durch den fruchtbaren Marschboden, konnten Kornfrüchte gut gedeihen.
Offenbar bildete der Anbau von Gerste, daneben Hafer und auf besonders geeigneten
Flächen von Flachs, Hopfen und Lein seit alters her den agrarischen Haupterwerbs-

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