Mit der zurückhaltenden Restaurierung der Ausmalung ist die ursprüngliche kompo-
sitorische Absicht wieder erkennbar und ablesbar geworden. Nicht mehr erahnen läßt
sich dagegen die Farbintensität des auf reinen Tönen aufgebauten Originals.
Damit stellt sich die Frage, mit welchen Maltechniken in der Fedderwarder Kirche
gearbeitet wurde - übrigens ein Bereich, dem bis heute allgemein wenig Beach-
tung geschenkt wurde, so daß unsere Kenntnisse, gemessen an dem großen Bestand
teilweise bedeutender Kirchenausmalungen in Niedersachsen, überaus lückenhaft
sind.
Die Auswertung der Befunde ergibt folgendes Bild221): Der Einlagenputz222) wurde
unmittelbar auf das vorgestopfte Mauerwerk aufgetragen. Dem Intonaco von 10 bis
30 mm Stärke, das Beimengungen von Ziegelmehl als hydraulischen Zuschlag enthält,
folgt eine 0,1 bis 0,2 mm dicke Kalkschlemme, die stellenweise mit tierischen Leimen
durchsetzt ist. Diese dürften allerdings den darüberliegenden Schichten entstammen,
die eine Ausmalung in Secco-Technik tragen. In den meisten analysierten Proben
konnten Proteine als Bindemittel festgestellt werden223). Diese Technik wird bereits
im „Straßburger Manuskript“224) erwähnt, wo Pergamentschnitzel-Leim als Binde-
mittel aufgeführt ist, während Cennini225) Leimtempera mit Eigelb-Bindemittel auch
für die Wandmalerei überliefert.
Die bei der Beschreibung des Ornamentdekors herausgestellte Intensität der ur-
sprünglichen Farbigkeit erklärt sich aus dieser Technik, mit der - im Unterschied bei-
spielsweise zum Kalksecco - sehr satte Töne erzielt werden können226). Wenn aller-
dings die Farbskala als beschränkt auf Rot, Ocker und Schwarz, die weiße Grundfarbe
sowie in architektonisch wichtigen Bereichen (Gurtbögen, Schlußringen) durch Grün
angereichert geschildert wurde, differenziert sich dieses Bild bei Analyse der einzelnen
Pigmente. Danach fanden roter Ocker und rotes, natürlich vorkommendes Eisen-
oxidrot (Hämatit), gelber Ocker bzw. Terra di Siena, Pflanzenschwarz und Ruß,
Calciumcarbonat (Kalk) und Calciumsulfat (Gips) sowie Malachit (mit natürlichen
Beimengungen von Azurit) als Farbmaterialien Verwendung. Da diese im Gewölbe-
und Wandbereich in ihrer Zusammensetzung identisch sind, ist eine zeitliche Schich-
tung für die Entstehung einzelner Malereibereiche anhand der Befundanalysen nicht
zu beweisen - allerdings auch kaum zu widerlegen. Auch Knoepfli warnt davor, tech-
nologische Untersuchungen zu verallgemeinern, da „ihr Ergebnis sich nur auf die
vorgelegten Proben unmittelbar beziehen läßt“227).
Bei der künstlerischen Ausgestaltung der Fedderwarder Kirchenausmalung wurden -
soweit ihr Erhaltungszustand heute noch eine Beurteilung erlaubt - offenbar recht dif-
ferenzierte Arbeitstechniken angewandt. Die Vorzeichnung der figürlichen Szenen er-
folgte nach einem Verfahren, das bereits im „Handbuch der Malerei des Berges
Athos“228) geschildert wird: „Du bezeichnest (die) Umrisse mit der Kelle, mit einem
Steinchen oder mit einem Bein, welches du mit dem Messer zuspitzest.“ Besonders
deutlich läßt sich die großzügig die Formen umreißende Ritzzeichnung in der Szene
„Auferstehung der Toten“ im Ostgewölbe erkennen, die wohl in der noch feuchten 59
Kalkschlemme vorgenommen wurde. Während in der Athostechnik das Einreißen nur
der konzeptionellen und kompositorischen Fixierung dienen sollte, dem sich als wich-
tiger Arbeitsgang das Ausarbeiten der Konturen mit Farbe anschloß - wie es übrigens
auch von Cennini229) beschrieben wird -, wurden im figuralen und ornamentalen
Ausmalungsprogramm der Fedderwarder St. Stephanskirche die Farben unmittelbar
nach der Vorritzung ohne Differenzierung großflächig in die Binnenfelder eingetra-
gen; anders in byzantinischen Malerbüchern, nach denen ein mit Weiß gemischter
Mittelton mit tieferer Farbe verstärkt und die Lichter mit helleren Mischungen aufge-
setzt werden sollen. Auch Cennini arbeitete wesentlich differenzierter, wobei er aller-
dings mit der dunkelsten Farbe begann, die er zum Licht hin aufhellte230). Die Anleh-
nung an byzantinische Maltechniken läßt sich sowohl in sächsischen Ausmalungspro-
grammen (z.B. Braunschweig, ev. Domkirche; Hildesheim, ev. Pfarrkirche St. Mi-
chael) als auch in Ostfriesland selbst (Krummhörn-Eilsum/Aurich, ev.-ref. Kirche)
konstatieren.
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sitorische Absicht wieder erkennbar und ablesbar geworden. Nicht mehr erahnen läßt
sich dagegen die Farbintensität des auf reinen Tönen aufgebauten Originals.
Damit stellt sich die Frage, mit welchen Maltechniken in der Fedderwarder Kirche
gearbeitet wurde - übrigens ein Bereich, dem bis heute allgemein wenig Beach-
tung geschenkt wurde, so daß unsere Kenntnisse, gemessen an dem großen Bestand
teilweise bedeutender Kirchenausmalungen in Niedersachsen, überaus lückenhaft
sind.
Die Auswertung der Befunde ergibt folgendes Bild221): Der Einlagenputz222) wurde
unmittelbar auf das vorgestopfte Mauerwerk aufgetragen. Dem Intonaco von 10 bis
30 mm Stärke, das Beimengungen von Ziegelmehl als hydraulischen Zuschlag enthält,
folgt eine 0,1 bis 0,2 mm dicke Kalkschlemme, die stellenweise mit tierischen Leimen
durchsetzt ist. Diese dürften allerdings den darüberliegenden Schichten entstammen,
die eine Ausmalung in Secco-Technik tragen. In den meisten analysierten Proben
konnten Proteine als Bindemittel festgestellt werden223). Diese Technik wird bereits
im „Straßburger Manuskript“224) erwähnt, wo Pergamentschnitzel-Leim als Binde-
mittel aufgeführt ist, während Cennini225) Leimtempera mit Eigelb-Bindemittel auch
für die Wandmalerei überliefert.
Die bei der Beschreibung des Ornamentdekors herausgestellte Intensität der ur-
sprünglichen Farbigkeit erklärt sich aus dieser Technik, mit der - im Unterschied bei-
spielsweise zum Kalksecco - sehr satte Töne erzielt werden können226). Wenn aller-
dings die Farbskala als beschränkt auf Rot, Ocker und Schwarz, die weiße Grundfarbe
sowie in architektonisch wichtigen Bereichen (Gurtbögen, Schlußringen) durch Grün
angereichert geschildert wurde, differenziert sich dieses Bild bei Analyse der einzelnen
Pigmente. Danach fanden roter Ocker und rotes, natürlich vorkommendes Eisen-
oxidrot (Hämatit), gelber Ocker bzw. Terra di Siena, Pflanzenschwarz und Ruß,
Calciumcarbonat (Kalk) und Calciumsulfat (Gips) sowie Malachit (mit natürlichen
Beimengungen von Azurit) als Farbmaterialien Verwendung. Da diese im Gewölbe-
und Wandbereich in ihrer Zusammensetzung identisch sind, ist eine zeitliche Schich-
tung für die Entstehung einzelner Malereibereiche anhand der Befundanalysen nicht
zu beweisen - allerdings auch kaum zu widerlegen. Auch Knoepfli warnt davor, tech-
nologische Untersuchungen zu verallgemeinern, da „ihr Ergebnis sich nur auf die
vorgelegten Proben unmittelbar beziehen läßt“227).
Bei der künstlerischen Ausgestaltung der Fedderwarder Kirchenausmalung wurden -
soweit ihr Erhaltungszustand heute noch eine Beurteilung erlaubt - offenbar recht dif-
ferenzierte Arbeitstechniken angewandt. Die Vorzeichnung der figürlichen Szenen er-
folgte nach einem Verfahren, das bereits im „Handbuch der Malerei des Berges
Athos“228) geschildert wird: „Du bezeichnest (die) Umrisse mit der Kelle, mit einem
Steinchen oder mit einem Bein, welches du mit dem Messer zuspitzest.“ Besonders
deutlich läßt sich die großzügig die Formen umreißende Ritzzeichnung in der Szene
„Auferstehung der Toten“ im Ostgewölbe erkennen, die wohl in der noch feuchten 59
Kalkschlemme vorgenommen wurde. Während in der Athostechnik das Einreißen nur
der konzeptionellen und kompositorischen Fixierung dienen sollte, dem sich als wich-
tiger Arbeitsgang das Ausarbeiten der Konturen mit Farbe anschloß - wie es übrigens
auch von Cennini229) beschrieben wird -, wurden im figuralen und ornamentalen
Ausmalungsprogramm der Fedderwarder St. Stephanskirche die Farben unmittelbar
nach der Vorritzung ohne Differenzierung großflächig in die Binnenfelder eingetra-
gen; anders in byzantinischen Malerbüchern, nach denen ein mit Weiß gemischter
Mittelton mit tieferer Farbe verstärkt und die Lichter mit helleren Mischungen aufge-
setzt werden sollen. Auch Cennini arbeitete wesentlich differenzierter, wobei er aller-
dings mit der dunkelsten Farbe begann, die er zum Licht hin aufhellte230). Die Anleh-
nung an byzantinische Maltechniken läßt sich sowohl in sächsischen Ausmalungspro-
grammen (z.B. Braunschweig, ev. Domkirche; Hildesheim, ev. Pfarrkirche St. Mi-
chael) als auch in Ostfriesland selbst (Krummhörn-Eilsum/Aurich, ev.-ref. Kirche)
konstatieren.
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