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Joseph Gregor Winck — Forschungen der Denkmalpflege in Niedersachsen, Band 2: Hameln: Verlag CW Niemeyer, 1983

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https://doi.org/10.11588/diglit.57439#0011
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Einführung
Nach der Analyse der spätromanischen Monumentalmalereien in der Kirche von Wilhelms-
haven-Fedderwarden, die in ihrer künstlerischen Bedeutung in Norddeutschland einzigartig
dastehen, wird mit der kunstwissenschaftlichen Dokumentation über den Maler und Fres-
kanten Joseph Gregor Winck ein weiterer Forschungsband vorgelegt.
Wieder sind dem täglichen Arbeitsbereich des Instituts für Denkmalpflege erwachsene Pro-
bleme und Fragestellungen zum Gegenstand grundlegender Untersuchungen gemacht wor-
den. Diese Veröffentlichung soll nicht nur das Basismaterial für eine kunsthistorisch fun-
dierte Betrachtung des selbst in Niedersachsen noch weithin unbekannten Künstlers schaf-
fen, sondern zugleich Arbeitshilfen für eine gezielte denkmalpflegerische Betreuung seiner
Werke geben. Vor allem aber möchte sie den interessierten Laien ansprechen und damit einer
breiten Öffentlichkeit den Reichtum der niedersächsischen Kunstlandschaft deutlich ma-
chen.
Joseph Gregor Winck (1710-1781) nimmt in Norddeutschland eine Sonderstellung ein: In
ihrer künstlerischen Aussagekraft vergleichbare Freskanten sind aus dieser Epoche nicht
nachweisbar. Um so erstaunlicher ist es, daß die Forschung-mit Ausnahme der Dissertation
von Herbert Dreyer (1925) - seinem Werk wenig Beachtung schenkte. Seine späteren Schöp-
fungen blieben ebenso unentdeckt, wie unbekannt geblieben ist, daß dieser vielseitige
Künstler auch als Stukkator tätig gewesen ist. Diese Lücken will die vorliegende Arbeit, die
das umfangreiche CEuvre des Künstlers erfaßt und seine kunstgeschichtliche Bedeutung in
einer Dokumentation anschaulich macht, schließen.
Trotz der Fülle des Archivmaterials bleiben Fragen offen: Es ist nicht überliefert, in welchen
Jahren und an welchem Ort Winck seine Ausbildung erhielt. Dürfte man sie zu Beginn des
zweiten Viertels des 18. Jahrhunderts annehmen, wäre Winck etwa fünfzehn Jahre alt gewe-
sen. Doch wird diese für die Stilbildung bedeutsame Zeit noch immer von einem Schleier
bedeckt. Mögen die äußeren Voraussetzungen seiner Lehre, ja selbst die Person des Lehr-
meisters sich dem Zugriff entziehen -, eine Beobachtung läßt sich unschwer machen: Zum
prägenden Stil seiner Zeit, dem Rokoko, hat Winck kein Verhältnis gehabt. Zur Kunst eines
Cosmas Damian Asam (1686-1739), Johann Georg Bergmüller (1688-1762) oder Giam-
battista Tiepolo (1696-1770) - Zeitgenossen, deren Werke als Glanzpunkte des Rokoko be-
zeichnet werden müssen - hat er ebensowenig Beziehung wie zur Kunst von Antoine Pesne
(1683-1757), Frangois Boucher (1703-1770) oder Antoine Watteau (1684-1721). Wer auch
sein Lehrer gewesen sein mag -, er hat den Blick des jungen Künstlers mehr auf die Vergan-
genheit als auf die Gegenwart gelenkt. Konnte oder wollte Winck sich vom Zeitgeist nicht
beeinflussen lassen?
Wir wissen es nicht. Wir wissen nur, daß seine Kompositionen mehr der Statik als der Dy-
namik, mehr dem Barock als dem Rokoko verpflichtet sind; oder dürfen wir in Winck gar ei-
nen ganz progressiven Künstler sehen, der - seiner Zeit 20 Jahre voraus - einen klassizistisch
anmutenden, verfremdeten Barock propagierte? Der klare Aufbau, die zeichnerisch festen
Umrisse, eine kühle Farbgebung sprächen dafür, das Werk dem Louis-seize zuzuordnen.
Daß in diesem Zusammenhang nicht alle Fragen beantwortet werden konnten, erhöht letzt-
lich den Reiz, der in der Polarität von Wissen und Nichtwissen begründet liegt.
Herzlicher Dank gebührt den Betreuern des Staatsarchivs Münster, der Dombibliothek Hil-
desheim, des Niedersächsischen Hauptstaatsarchivs Hannover und des Niedersächsischen
Staatsarchivs Wolfenbüttel. Vor allem hat sich Herr Direktor Wilhelm Machens, Bischöf-
liches Generalvikariat in Hildesheim, um das Entstehen der Untersuchung verdient ge-
macht.

Hans-Herbert Möller
 
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