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Stadtarchäologie in Braunschweig — Forschungen der Denkmalpflege in Niedersachsen, Band 3: Hameln: Verlag CW Niemeyer, 1985

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https://doi.org/10.11588/diglit.57459#0117
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liger Holzblockzylinder mit zwei Stampen und Steig-
leitung aus Eiche, der „E. V. 1847“ bezeichnet war.
Für den Wiederaufbau an anderer Stelle wurden nach
einer numerierten, steingerechten Bauaufnahme die
sieben oberen Quaderlagen sowie das hölzerne Pump-
werk geborgen.
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UB 1/79:11 / Kohlmarkt / Fl. 3; Fist. 547/10 / - / by
sunte Olreke (1311), uppe deme kolemarkede (1342).
Flächengrabung auf 630 m2 vom 18.10. bis 20.12.1979,
vom 20. 1. bis 20. 3.1980, vom 1. 6. bis 15. 8.1980 und
je zwei Wochen November 1980 und Januar 1981.
Außerordentliche Unterstützung des städtischen Tief-
bauamtes und seines Amtsleiters Dipl.-Ing. G. Lüders
ermöglichte archäologische Untersuchungen während
der Umgestaltung des Platzraumes. Tiefbaumaßnah-
men und die denkmalpflegerische Aufgabenstellung
bestimmten Fläche und Ablauf der Grabungsplanung,
die nicht raumdeckend und nur auswahlweise gezielt
operieren konnte (Abb. 10, S. 22). Im Ergebnis waren
Lücken im archäologischen Befund nicht zu schließen,
und Fragen beispielsweise nach der Ausdehnung der
frühmittelalterlichen Siedlungsfläche oder der Grund-
rißrekonstruktion des Kirchenbaues V müssen zu-
nächst unbeantwortet bleiben. Dies ist um so be-
dauerlicher, da die bislang ältesten archäologischen
Siedlungs-, Kirchen- und Gräberfunde auf der Nieder-
terrasse links der Oker entdeckt werden konnten und
sich neue Entwicklungszusammenhänge im Siedlungs-
gefüge „Kohlmarktsiedlung“ - Burg Dankwarderode
(Stgr. 31) - „Eiermarktsiedlung“ (Stgr. 5 u. 33) an-
deuten (vgl. Timme 1963, 20-25; Fast 1982, 22-34).
Quellenkritik
Denkmalpflegerisch begründete enge Grenzziehungen
der Grabungsfläche, Störungen der archäologischen
Basisquellen durch spätmittelalterliche Grabgruben
und frühneuzeitliche Baumaßnahmen sowie Abtra-
gung von Kirchenestrichen bzw. weitgehender Ab-
transport des Abbruchschuttes während der Niederle-
gung der Ulricikirche im Jahre 1544 beeinträchtigten
einerseits die archäologische Quellenlage.
Andererseits überlieferten sich auf längeren Strecken
scharfkantige und sauber verfüllte Ausbruchsgruben
der Grabenfundamente (ohne Baugrube) der Kirchen-
bauten II, II a, III und IV, so daß eine Rekonstruktion
der Fundamentgrundrisse auf sicherer Grundlage
möglich war. Auch die Einbindung aller wesentlichen
Siedlungs-, Bau- und Gräberbefunde in eine vertikal-
bzw. horizontalstratigraphische Ordnung steigerte den
Quellenwert (Rötting 1981, 696 — 699).


Abb. 63 Neustadt-Süd, Ecke Küchenstraße/Höhe (Stadt-
grabung 20). Ziehbrunnen nordöstlich vor dem Neustadtrat-
haus. Kolorierte Zeichnung von A.A. Beck, vor 1773 (nach
Spies, 1976, Abb. 97).

Zu den Siedlungsbefunden
Reste von sechs Grubenhäusern, die sich je zur Hälfte
auf die frühmittelalterliche und hochmittelalterliche
Zeit verteilen, wurden in der Grabungsfläche aufge-
nommen. Zu den älteren Siedlungsfunden zählen fer-
ner ein Webgrubenhaus, drei Gruben, die als Brunnen-
grube, Zisterne und/oder Sickergrube gedient haben,
Abfallschichten eines Metallhandwerkers und über
2000 Scherben.
Jüngereisenzeitliche Streuscherben und eine Sied-
lungsgrube aus dieser Zeit belegen einen ältesten Sied-
lungshorizont. Dieser ist im Stadtgebiet bisher auch
auf dem Köppeberg/St. Aegidien (Stgr. 14), unter der
Jakobskapelle (Stgr. 5) und an der Petersilienstraße
(Stgr. 7) aufgetreten.
Der frühmittelalterliche Grubenhaustyp ist nur unter
großem Vorbehalt zu rekonstruieren, da das Befund-
bild infolge der Störungen sehr lückenhaft blieb. Ei-
nige elementare Konstruktionsmerkmale ließen sich
feststellen oder durch Negativbefunde ableiten
(Abb. 9, S. 21), die eine Rekonstruktion sowohl als
Bau mit Pfettendach, Firstsäule, Vorhalle und einer Art
Blockwand zulassen als auch einen Pfosten-Schwell-
riegel-Stabbau letztlich nicht ausschließen.
Die umbaute Fläche kann ca. 15 m2 betragen haben.
Regionale Parallelen zu einem Bautyp mit neun Pfosten
und zentraler Feuerstelle liegen bisher nicht vor.
Für die Beurteilung einer bisher grundlegenden stadt-
historischen Siedlungsquelle ist allein die Keramik her-
anzuziehen, deren formale und keramiktechnologische
Merkmale auch den Begriff „Kohlmarkt-Keramik“
rechtfertigen (Farbtaf. 7—9 mit Fundangaben; Waren-
beschreibung A 29). Ihre Datierung orientiert sich
gegenwärtig vor allem an der Zeitstellung der Email-
scheibenfibeln der nachfolgenden ältesten Kirchenbau-
periode I mit Gräberfeld auf dem Kohlmarkt. Karl

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