Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Stadtarchäologie in Braunschweig — Forschungen der Denkmalpflege in Niedersachsen, Band 3: Hameln: Verlag CW Niemeyer, 1985

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.57459#0116
License: Creative Commons - Attribution - ShareAlike
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Kommentar
Unter Einbeziehung aller Scherbenfunde grünglasier-
ter Irdenware befinden sich im Brandschuttkomplex
mindestens vier importierte Gefäße, von denen eins
nach einer ersten örtlichen Durchmusterung musealer
Stücke in London und Oxford aus Südengland stammt
(Abb. 62a: 15), eine Kanne (Abb. 62a: 14) hingegen
nach H. Lüdtke niederländischer oder dänischer Her-
kunft ist.
Die südenglische Provenienz (wohl) eines Kruges mit
Schuppen- und Leistendekor (Abb. 62a:15) im
Braunschweiger Fundgut, wie ihn die Grimston-Ware
kennt (Jennings 1981, Fig. 19:351), ist auch in Oslo
belegt (Molaug 1975, S. 245 ff., Abb. 25: 15, 18; Osloer
Hauptgruppe II B, englisch).
Varia
7 Neolithische Steinaxt; rundnackig, nahezu zentrale Bohrung mit
Dm. um 1,5 cm, konische Erweiterung am Rand auf 2 cm; wohl
Baalberger Kultur. Granit, starke Brandspuren; in Wiederverwen-
dung als Donnerkeil (?).
L. 8,9 cm. FNr. 79:8/87.
2 Diskoider Tonkloß mit flacher Eintiefung, starke Brandspuren;
wohl schlichter Kienspanhalter.
Dm. 10,2 cm. FNr. 79:8/102.
3—4 Spinnwirtel; doppelkonische bzw. leicht abgerundete Form,
auch gerillt; hellgrauer bzw. weißgrauer, sehr hartgebrannter Scher-
ben.
H. 2 cm; Dm. 2,8 cm. FNr. 79:8/125.
Datierung des Fundkomplexes: Mitte 13. Jh.



Abb. 62b Neustadt, Beckenwerkerstraße 11 (Stadtgrabung
19, Stelle 2). Schreibgriffel (Bronze, vergoldet); 1. Hälfte 13.
Jh. M. 1:1.

20
UB VII / 79:9 / nordöstlich vor dem Neustadtrathaus im
Straßenbereich Ecke Küchenstraße/Höhe / Fl. 15,
Fist. 139/1 / -
Befunderhebung auf 16 m2 vom 24. 9. bis 5.10.1979.
Der von A. A. Beck vor dem Umbau des Neustadtrat-
hauses 1773 in einer kolorierten Zeichnung überlie-
ferte Brunnen an der nordöstlichen Rathausecke (Abb.
63), der bereits in einem Kalender auf das Jahr 1711
in einem Kupferstich von J. G. Beck-Vater abgebildet
worden war (Spies 1976, Abb. 97f.), wurde anläßlich
von Straßenbauarbeiten in seinem Unterbau wieder
aufgedeckt.
Die Zeichnung A. A. Becks zeigt über einer aus Stein-
quadern gemauerten runden Brüstung vier oder sechs
Steinsäulen, die eine hohe glockenförmige, wohl schie-
fergedeckte Dachhaube tragen. Der Bautyp des mittel-
alterlichen Ziehbrunnens (Abb. 22: Typ III, S. 51) ist
hier gleichsam in der Adaption eines Dachreiter-
Glockenstuhls in barocke Architekturform umgesetzt
worden. Die Datierung ist wohl in die 2. Hälfte des 17.
Jhs., jedenfalls nicht nach 1711, anzusetzen.
Im archäologischen Befund der Brunnenröhre und des
Fördersystems ließen sich zeitlich bestimmbare Ele-
mente und bautechnische Einzelheiten gewinnen, die
im Zusammenhang mit schriftlichen Quellen (Müller
u. Appelt 1964, 33 f.) und einem ersten Dendro-Datum
(Tab. 9, S. 56) auf andere Grabungsbefunde übertrag-
bar sind.
Die Brunnenröhre (Mdm. 1,74 m; Bodendm. 1,70 m;
T. ca. 4,50 m ab OK Fundhorizont/Mauerkrone, d. h.
ab ca. 0,45 cm unter NN 70,82 m / Straßenasphalt) war
aus 79 Kalksteinquadern unregelmäßiger Größe in 10
Lagen mit jeweils 5 bis 10 Steinen aufgesetzt worden.
In den Horizontalfugen waren die Quader teilweise mit
dünnen Schieferplatten unterlegt und leicht vermör-
telt. Ihre rückwärtige Verankerung erfolgte in einem
20—40 cm starken Mörtelmantel. Die Frontseite der
Quader zeigte eine regelmäßige Vertikal-Scharrierung.
Ein Stein der 9. Lage trug einen eingemeißelten Na-
menszug (des Steinmetzen oder Erbauers?): Schirde.
Die Brunnenröhre stand insgesamt auf einem neun-
eckigen Bohlen-Kranz (Abb. 21: Typ K, F. 50).
Der von Appelt (1964, Planbeilage s.o.) im Plan
„Braunschweig um 1750“ als Schuckepumpe mit
Schwengelhebel in der Kategorie der 48 Nachbar-
schaftsbrunnen geführte Brunnen gleichen Standorts
kann nach Beck um diese Zeit in dieser Form noch
nicht bestanden haben. Er dürfte vielmehr frühestens
im Zusammenhang mit dem Umbau des Neustadtrat-
hauses (bis 1785) nach dem Fördersystem einer
Schuckepumpe mit einer Zwei-Zylinder-Druckkol-
ben-Welle technisch und formal umgestaltet worden
sein. Auf der Brunnensohle fand sich 1979 ein dreitei-

112
 
Annotationen