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Stadtarchäologie in Braunschweig — Forschungen der Denkmalpflege in Niedersachsen, Band 3: Hameln: Verlag CW Niemeyer, 1985

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https://doi.org/10.11588/diglit.57459#0260
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Unter den Schuldverschreibungen, die für die Jahre
1347, 1387, 1417, 1436, 1446 bis 1451, 1459, 1464, 1479
und 1487 vorliegen56, befinden sich drei Beispiele, die
die Vielzahl und die Verschiedenartigkeit der Pfandsa-
chen andeuten, die den Juden versetzt wurden.
1417 behält „Brande de yode“ - sehr wahrscheinlich
identisch mit jenem „brand de yode van gosler“, der
1401 als Bewohner der Jöddenstraße genannt wird57 -
„xliij kupperne kettele de schuhet weghen iij syntener“
ein und bringt sie in seinem Haus unter, offenbar, um
seinem Anspruch auf die Geldschuld eines Goslarer
Bürgers Nachdruck zu verleihen58.
1449 erscheinen Abraham aus Lutter und Meister Ber-
told, der Goldschmied aus der Altenwiek, vor dem
Neustädter Rat und schließen einen Leihvertrag, der
die Rückzahlung einer an Meister Bertold vergebenen
Geldsumme regelt und ihm die baldige Tilgung der
Schuld auferlegt: Sollte es sich zutragen,
,,... dat des nicht enschege so mochte Abraha(m) sin
gelt an mest(er) bertold pande soken“59.
1464 schließlich vereinbart vermutlich derselbe Abra-
ham:
„vor de Rade is gewesen Agate vt prutze und heft
beka(n)t dat se abrahame de Jodden gesät hebbe to pan-
de... eyne rode manes rock vn eyne swarte fruwe hoy-
ke“60.
Als Pfandstücke in den Händen Neustädter Juden fin-
den wir neben den eingangs erwähnten Tuchen ver-
schiedener Herkunft so unterschiedliche Gegenstände
wie kupferne Kessel, Gold oder Goldschmiedearbeiten
und Kleidungsstücke; alle diese Pfandgüter - neben den
hier genannten gelangten sicher noch eine große Anzahl
anderer in den Besitz der Juden - mußten in den Häu-
sern der Juden gelagert und gegebenenfalls von ihnen
zum Verkauf angeboten werden können.
Die Leihgeschäfte der Neustädter Juden waren mitun-
ter von beträchtlichem Umfang. Kann es durchaus als
im Rahmen des in jenen Jahren üblichen gewertet wer-
den, wenn 1436 zwei Juden zusammen dem Neustädter
Rat zwanzig Mark leihen, so werden gegen Ende des
15. Jhs. erheblich höhere Beträge gehandelt; 1436 heißt
es:
„Smol de Jodde hefft dem Rade gelegen twelff mark un
de schal om de Rad affreknen Jn vern Jaren hir negest na
volgende va sine tinsse...
Jorden Jodde va helmstidde hefft de Rade gelegen
Achte mark. Unde de schal om de Rad affreknen In
twen Jaren va de tinsse den he de Rade gifft un va de
tinsse de sin sone va sine huse de Rade gifft“61.

Auf die verliehene Geldsumme, so bestimmen hier die
Vertragsklauseln, sollen bei ihrer Rückerstattung die
von den Juden an Mietzinsen zu entrichtenden Beträge
angerechnet werden.
1479 jedoch erscheint als alleiniger Gläubiger einer
Geldsumme von einhundertundvierzehn Mark der
Jude Israel, der im selben Jahr auch noch einen Schuld-
brief über einen Betrag von einhundertundsiebenund-
dreißig Mark ausfertigen läßt62:
„Vor de Rade is gewesen de Ersame hinr(ick) frede-
ma(n) nutortijd borg(er)mest(er) to Gosler vn heft vor
de Rade myt gude frige willen vn wolbedachte mode
openbar beka(n)t dat he Israhel de Joden hir wonhaf-
tich schuldich sij xiiij m(a)r(k) fynes suluers van eynes
breueswege un noch hu(n)dert m(a)r(k) fynes suluers
van eynes and(er)n breues wege de he in vortiden
Isr(ahe)l vppe dusse schult vorsegelt hebbe“63.
Das Geldleihgeschäft war aber wohl nicht die aus-
schließliche Erwerbsquelle der Neustädter Juden des
Spätmittelalters. Während des 14. und womöglich auch
während des 15. Jhs. scheinen einige in der Jödden-
straße ansässigen Juden als Knochenhauer tätig gewe-
sen zu sein. Es ist also denkbar, daß sich unter den Be-
wohnern der Parzellen ass. Nr. 1362-64 Fleischer be-
funden haben.
1339 untersagt eine Entscheidung des Gemeinen Rates
der Stadt Braunschweig den Juden, weiterhin wie bis-
her Fleisch an Christen zu verkaufen:
„De Knokenhowere beclagheden sek, dat de joden
vlesch verkoften den kerstenen luden. Des is de Rad
also vordere berichtet, dat de joden des to rechte nicht
don moghet noch en scholet. Wes aver de joden silven
behovet, dat moten se silven wol sniden unde under sek
verkopen... Disses heft de ghemeyne Rad to den bro-
deren over eyn ghedraghen, dat de joden dit aldus hol-
den scholet.. ,“64.
Von dieser Bestimmung war in der Neustadt nicht zu-
letzt auch die Jöddenstraße betroffen, in der ein Teil der
Fleischbänke des Weichbildes stand; im Rechtsbuch
der Neustadt von 1320 heißt es:
„Jowelk vleschscherne ghilt deme Rade to dem jare viij
sol., de binnen den doren sint. De lutken Schemen in
der Joden strate jowelk vj sol.“65.
Die hier angesprochenen Fleischscharren lagen in der
Neustadt auch 1401 noch66 größtenteils im Hof west-
lich des Neustadtrathauses, anderenteils „bute den do-
ren in der iodenstraten“67 und gehörten zum Marktbe-
reich der Neustadt, der in der Umgebung des Neu-
stadtrathauses, in der Straße „Auf der Höhe“, in der
Jöddenstraße und dort wiederum besonders in der
Nähe des Gewandhauses zu suchen ist.

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