ALTAR, RAUM UND AUSSTATTUNG
Die ursprünglich „an einem Pfeiler mitten in der
Kirche“163) befindliche, 1626 an die „Mittags-Ecke
des Chors“ versetzte Kanzel164) — laut Corpus Bo-
norum „mit allerley schönen Farben, Schriften und
Vergüldungen kunstmäßig geschmücket; theils
sauber gemarmelt, theils weis angestrichen“165) —
war bereits anläßlich der Kirchenrestaurierung
1830 analog zum Hochaltar bearbeitet und über-
faßt worden.166)
Im Kostenanschlag des Cammer-Baumeisters
Gotthard und des Cammer-Bauconducteurs Mül-
ler vom 15. Juni 1828 wurden an umfangreichen
Bildhauerarbeiten für das 1619—1624 geschaffene
Kunstwerk vorgesehen und später ausgeführt:167)
„Die Decorationen an der Kanzel genau nachzuse-
hen und die schadhaften und ganz fehlenden Theile
nach dem Muster der vorhandenen Verzierungen
135 zu erneuern, z.B. 11 Füllungen an der Kanzel und
am Treppengeländer nach dem Muster der alten
Vergoldung zu vergolden — 33 Engelköpfe da-
selbst desgl. — 12 Verzierungen auf dem Treppen-
geländer desgl. — 20 verschiedene Verzierungen an
dem Schalldeckel über der Kanzel desgl. — Die Ca-
pitäle und Schaftgesimse von 6 Säulen desgl. —
6 Verzierungen daselbst desgl. — Die sämmtlichen
Verzierungen unter dem Portale desgl. — 760 l.f.
Leisten an der Kanzel, dem Portale und dem
Schalldeckel zu vergolden.“ Die „nicht vergoldeten
Decorationen an der Kanzel und dem Schalldek-
kel“ waren „nach Anweisung mit Oelfarbe“ zu
streichen.168)
Offenbar handelt es sich um jene „graue Farben-
tünche“, die bei der Restaurierung 1887 „soviel zu-
nächst angängig“ zur „Reparatur der vorgefunde-
nen Schäden“ entfernt werden mußte.1691 Dabei
war eine „Renovierung der ... Kanzel nebst Zube-
hör in der alten wieder aufgefundenen Weise, unter
Berücksichtigung, daß ca. 16 der Gesammtfläche
echt zu vergolden ist,“ geplant.170)
Intensive konzeptionelle Vorüberlegungen, die
von einer Auswertung des Corpus Bonorum und
der Anfertigung eines genauen Aufrisses171’ beglei-
tet wurden, führten schließlich zu „einer nothwen-
dig gewordenen nachträglichen Umstellung der Fi-
guren über der Kanzel, die schon früher eine un-
richtige Aufstellung hatten.“172’ Vermutlich war
137 die ursprüngliche Reihenfolge der Reliefs bereits
anläßlich der Umsetzung der Kanzel verändert
worden. Auch die Sockelzone bedurfte einer
grundlegenden Veränderung,173’ da allgemein die
Auffassung bestand, „daß der bisherige Unterbau
der Kanzel sehr unschön war und jedenfalls ent-
fernt werden müßte. Der Wunsch, etwas Passende-
res dort zu haben, hat die Ansicht wieder hervorge-
rufen, auch hier das Frühere wieder herzustellen
und als Träger und Wegweiser zum Evangelium die
136 Statue des Vermittlers des alten Bundes, Moses,
dort wieder anzubringen.“174’
Mit ungewöhnlich hohen Aufwendungen von
1335 Thlr. 12 g. allein für Maler- und Vergolder-
arbeiten wurde der mit reichem Schnitzwerk be-
setzte Orgelprospekt gestaltet, dessen „Bilder und
Zierrathe“ laut Corpus Bonorum „aufs fleißigste
vergüldet und schwartz angestrichen“ waren.175)
Bedurfte das Orgelwerk selbst ständiger Pflege und
durchgreifender Reparaturen — unter anderem
ging dabei um 1760 das Rückpositiv verloren, das
anläßlich des letzten Neubaus des Werks 1960 re-
konstruiert worden ist176) — so lassen sich Angaben
über größere Instandsetzungsmaßnahmen am Pro-
spekt erst ab 1828 finden. Damals sollten die Aus-
zier vom Staube gereinigt, die „schadhaften Stellen
in der Farbe verbessert“ werden.177’ Nach der gro-
ßen Kircheninstandsetzung 1830 erschien eine
„neue Vermalung und theilweise Renovation der
Vergoldung des Orgelgehäuses ... nothwendig, um
die Ansicht des Orgelwerks mit dem Hochaltar
und der Kanzel in Übereinstimmung zu bringen ...
Die Vergoldung des Orgelwerks ist sehr reich und
zum großen Theile noch gut erhalten, wird aber an
mehreren Stellen zu Übermalung auch hin und
wieder ... zu verbessern seyn.“178’
Erst anläßlich des Orgelneubaus durch W. Furt-
wängler ab 1875 — formale Gestaltung und inneres
Gefüge des Prospektes wurden dabei nicht angeta-
stet — wurde ihm „ein dem großen Werke auch
entsprechendes schönes Äußeres verliehen.“179’
Mit Hilfe einer farbig angelegten Detailzeichnung
der beiden unteren Felder des Prospektes180’ wur-
den die Farbwerte für die als unerläßlich erachtete
Neuvermalung gefunden: „Der jetzige düster-
schwarze Grundton soll dabei durch ein Braun er-
setzt, die überreiche Vergoldung an einigen Stellen
entfernt, in zweckmäßig hebender Weise ergänzt,
an anderen Stellen ausgebessert werden. Ebenso
hat die Bildhauerarbeit mancherlei Schäden ge-
nommen.. ,“181’
Während der Grundinstandsetzung der Kirche
1889 wurde von einer Erneuerung der Vergoldung
abgesehen, die übrige Farbigkeit des Orgelpro-
spektes jedoch auf das Interieur des Gotteshauses
eingestimmt182’ und im Sinne der Originalfassung
gestaltet.183’
Die Restaurierung der Raumpolychromie
1983-1985
(Auszug aus dem Restaurierungsbericht
W. Kummer, Hannover)184)
Im Rahmen des umfassenden Restaurierungs-
konzeptes für den Innenraum der Hauptkirche war
ursprünglich nicht beabsichtigt, die bei der Restau-
rierung von 1889 entstandene Farbfassung des In-
nenraumes und seiner Ausstattung zu beseitigen,
sondern als ein für die Geschichte des Bauwerkes
wesentliches Dokument zu erhalten. Es stellte sich
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105
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Die ursprünglich „an einem Pfeiler mitten in der
Kirche“163) befindliche, 1626 an die „Mittags-Ecke
des Chors“ versetzte Kanzel164) — laut Corpus Bo-
norum „mit allerley schönen Farben, Schriften und
Vergüldungen kunstmäßig geschmücket; theils
sauber gemarmelt, theils weis angestrichen“165) —
war bereits anläßlich der Kirchenrestaurierung
1830 analog zum Hochaltar bearbeitet und über-
faßt worden.166)
Im Kostenanschlag des Cammer-Baumeisters
Gotthard und des Cammer-Bauconducteurs Mül-
ler vom 15. Juni 1828 wurden an umfangreichen
Bildhauerarbeiten für das 1619—1624 geschaffene
Kunstwerk vorgesehen und später ausgeführt:167)
„Die Decorationen an der Kanzel genau nachzuse-
hen und die schadhaften und ganz fehlenden Theile
nach dem Muster der vorhandenen Verzierungen
135 zu erneuern, z.B. 11 Füllungen an der Kanzel und
am Treppengeländer nach dem Muster der alten
Vergoldung zu vergolden — 33 Engelköpfe da-
selbst desgl. — 12 Verzierungen auf dem Treppen-
geländer desgl. — 20 verschiedene Verzierungen an
dem Schalldeckel über der Kanzel desgl. — Die Ca-
pitäle und Schaftgesimse von 6 Säulen desgl. —
6 Verzierungen daselbst desgl. — Die sämmtlichen
Verzierungen unter dem Portale desgl. — 760 l.f.
Leisten an der Kanzel, dem Portale und dem
Schalldeckel zu vergolden.“ Die „nicht vergoldeten
Decorationen an der Kanzel und dem Schalldek-
kel“ waren „nach Anweisung mit Oelfarbe“ zu
streichen.168)
Offenbar handelt es sich um jene „graue Farben-
tünche“, die bei der Restaurierung 1887 „soviel zu-
nächst angängig“ zur „Reparatur der vorgefunde-
nen Schäden“ entfernt werden mußte.1691 Dabei
war eine „Renovierung der ... Kanzel nebst Zube-
hör in der alten wieder aufgefundenen Weise, unter
Berücksichtigung, daß ca. 16 der Gesammtfläche
echt zu vergolden ist,“ geplant.170)
Intensive konzeptionelle Vorüberlegungen, die
von einer Auswertung des Corpus Bonorum und
der Anfertigung eines genauen Aufrisses171’ beglei-
tet wurden, führten schließlich zu „einer nothwen-
dig gewordenen nachträglichen Umstellung der Fi-
guren über der Kanzel, die schon früher eine un-
richtige Aufstellung hatten.“172’ Vermutlich war
137 die ursprüngliche Reihenfolge der Reliefs bereits
anläßlich der Umsetzung der Kanzel verändert
worden. Auch die Sockelzone bedurfte einer
grundlegenden Veränderung,173’ da allgemein die
Auffassung bestand, „daß der bisherige Unterbau
der Kanzel sehr unschön war und jedenfalls ent-
fernt werden müßte. Der Wunsch, etwas Passende-
res dort zu haben, hat die Ansicht wieder hervorge-
rufen, auch hier das Frühere wieder herzustellen
und als Träger und Wegweiser zum Evangelium die
136 Statue des Vermittlers des alten Bundes, Moses,
dort wieder anzubringen.“174’
Mit ungewöhnlich hohen Aufwendungen von
1335 Thlr. 12 g. allein für Maler- und Vergolder-
arbeiten wurde der mit reichem Schnitzwerk be-
setzte Orgelprospekt gestaltet, dessen „Bilder und
Zierrathe“ laut Corpus Bonorum „aufs fleißigste
vergüldet und schwartz angestrichen“ waren.175)
Bedurfte das Orgelwerk selbst ständiger Pflege und
durchgreifender Reparaturen — unter anderem
ging dabei um 1760 das Rückpositiv verloren, das
anläßlich des letzten Neubaus des Werks 1960 re-
konstruiert worden ist176) — so lassen sich Angaben
über größere Instandsetzungsmaßnahmen am Pro-
spekt erst ab 1828 finden. Damals sollten die Aus-
zier vom Staube gereinigt, die „schadhaften Stellen
in der Farbe verbessert“ werden.177’ Nach der gro-
ßen Kircheninstandsetzung 1830 erschien eine
„neue Vermalung und theilweise Renovation der
Vergoldung des Orgelgehäuses ... nothwendig, um
die Ansicht des Orgelwerks mit dem Hochaltar
und der Kanzel in Übereinstimmung zu bringen ...
Die Vergoldung des Orgelwerks ist sehr reich und
zum großen Theile noch gut erhalten, wird aber an
mehreren Stellen zu Übermalung auch hin und
wieder ... zu verbessern seyn.“178’
Erst anläßlich des Orgelneubaus durch W. Furt-
wängler ab 1875 — formale Gestaltung und inneres
Gefüge des Prospektes wurden dabei nicht angeta-
stet — wurde ihm „ein dem großen Werke auch
entsprechendes schönes Äußeres verliehen.“179’
Mit Hilfe einer farbig angelegten Detailzeichnung
der beiden unteren Felder des Prospektes180’ wur-
den die Farbwerte für die als unerläßlich erachtete
Neuvermalung gefunden: „Der jetzige düster-
schwarze Grundton soll dabei durch ein Braun er-
setzt, die überreiche Vergoldung an einigen Stellen
entfernt, in zweckmäßig hebender Weise ergänzt,
an anderen Stellen ausgebessert werden. Ebenso
hat die Bildhauerarbeit mancherlei Schäden ge-
nommen.. ,“181’
Während der Grundinstandsetzung der Kirche
1889 wurde von einer Erneuerung der Vergoldung
abgesehen, die übrige Farbigkeit des Orgelpro-
spektes jedoch auf das Interieur des Gotteshauses
eingestimmt182’ und im Sinne der Originalfassung
gestaltet.183’
Die Restaurierung der Raumpolychromie
1983-1985
(Auszug aus dem Restaurierungsbericht
W. Kummer, Hannover)184)
Im Rahmen des umfassenden Restaurierungs-
konzeptes für den Innenraum der Hauptkirche war
ursprünglich nicht beabsichtigt, die bei der Restau-
rierung von 1889 entstandene Farbfassung des In-
nenraumes und seiner Ausstattung zu beseitigen,
sondern als ein für die Geschichte des Bauwerkes
wesentliches Dokument zu erhalten. Es stellte sich
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