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Kreuzsteine und Steinkreuze in Niedersachsen, Bremen und Hamburg — Forschungen der Denkmalpflege in Niedersachsen, Band 5: Hameln: Verlag C.W. Niemeyer, 1988

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https://doi.org/10.11588/diglit.57464#0014
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Ermittlungen in der Freien Hansestadt Bremen sowie im Land
Oldenburg erfolglos und somit das Gesamtwerk lückenhaft.
Hoffmann, er war auf seinen Exkursionen meist mit dem
Kutschwagen unterwegs, hat nur einen Teil der von ihm be-
schriebenen Flurdenkmale persönlich gekannt und aufgesucht.
Was ihm an Informationen fehlte, hat er vermittelst einer recht
regen Korrespondenz versucht zu erhalten. Nach Skizzen und
Fotos hat er seine Zeichnungen angefertigt und diese, samt den
Beschreibungen, für sein Manuskript zusammengestellt. Beim
Lesen seines Briefnachlasses und von Tagebuchnotizen wird
jedoch ersichtlich, daß Hoffmann bei den damaligen Denkmal-
pflegern - sowohl kommunaler wie kirchlicher Behörden - nicht
immer die erhoffte Unterstützung für sein Vorhaben fand, was
seiner Wirksamkeit Grenzen gesetzt hat.
Hoffmann hat einer Reihe Heimatforschern seiner Generation
durch zahlreiche Hinweise und Anregungen eine Grundlage
geschaffen, die dankbar anerkannt wird und deren Material auch
der im Jahre 1974 gegründeten „Arbeitsgemeinschaft Denk-
malforschung (AGD) Niedersachsen“ als Arbeitsbasis gedient
hat. Sieben Jahre nach dem Erscheinen des Hoffmannschen
Buches folgt Theodor Möller mit einer, allerdings sich nur auf
den nördlichsten Teil des ehemaligen Deutschen Reiches bezie-
henden vorzüglich abgefaßten Inventarisation über „Sühne-
und Erinnerungsmaie in Schleswig-Holstein“, die in der Zeit-
schrift „Nordelbingen“ erscheint. Nach einem längeren Zeit-
raum, im Jahre 1963, veröffentlicht der Verlag Aschendorff,
Münster, ein drittes vergleichbares Werk des Heimatpflegers
Wilhelm Brockpähler unter dem Titel „Steinkreuze in Westfa-
len“, welches vornehmlich den westfälischen Raum erfaßt, je-
doch auch das Grenzgebiet im Land Niedersachsen mit einbe-
zieht.
1.3 Arbeitsgemeinschaft
Denkmalforschung in Niedersachsen
Die Aktivitäten des im Jahre 1932 in Bayern gegründeten Ar-
beitskreises „Deutsche Steinkreuzforschung (Gesellschaft zur
Pflege der Heimatkunde, Erforschung und Erhaltung der Flur-
denkmale)“ sowie der seit dem Jahre 1970 existierenden „Hes-
sischen Steinkreuzforschung“, aus der bald darauf die „Arbeits-
gemeinschaft Denkmalforschung“ unter dem Vorsitz ihres In-
itiators Heinrich Riebeling hervorgeht, ermuntern im Land
Niedersachsen eine Gruppe von Heimatfreunden, die Vorarbei-
ten von Hoffmann, Möller und Brockpähler aufzugreifen und
sich nunmehr intensiv mit den Steinkreuzen, Kreuz- und Denk-
steinen zwecks deren Erhaltung und Schutz zu befassen. Ein
erstes Treffen zur Ermittlung der an einer solchen Arbeit Inter-
essierten findet im Heimatmuseum zu Alfeld im Jahre 1973 statt.
Am 14. 9. 1974 kommt es dann in Bodenwerder zur Gründung
der „Arbeitsgemeinschaft Denkmalforschung (AGD) Nieder-
sachsen“, die seitdem durch ihren Initiator Werner Müller, Elze,
geleitet wird. Bereits auf dieser Tagung findet eine Exkursion
in den Landkreis Holzminden zu dortigen Flurdenkmalen statt.
Es folgen alljährliche Arbeitstreffen, auch meist mit Exkursio-
nen verbunden, im niedersächsischen Raum, aber auch an ver-
schiedenen Orten der Bundesrepublik, wo es stets zu regem
Gedankenaustausch über gemeinsame Erfahrungen und Ziele
der Arbeit mit in- und ausländischen Forschern der gleichen
Disziplin kommt. Mit der zuvor erwähnten hessischen „Arbeits-
gemeinschaft Denkmalforschung“ hat die AGD Niedersachsen
von Anfang an enge und gute freundschaftliche Beziehungen
unterhalten, was sich für die beiderseitige Forschungstätigkeit
als ersprießlich gezeigt hat.
Im Jahre 1977 erscheint ein von Heinrich Riebeling, Frankfurt,
verfaßtes Handbuch „Steinkreuze und Kreuzsteine in Hessen“.
Erstmalig erhält damit die Flurdenkmalforschung einen Leitfa-
den, der sich, sehr präzis erarbeitert, als Nachschlagewerk für
die Praxis unserer Arbeit bewährt. Mit seiner systematischen

Erfassung vorhandener wie auch verschollener Flurdenkmale,
verbunden mit einer überregional verbindlich einsetzbaren No-
menklatur zur Typologie dieser Denkmalgruppe, ist uns ein
nicht mehr wegzudenkendes Handbuch gegeben worden, wel-
ches auch dem hier vorgelegten Band für das Land Niedersach-
sen, für die Hansestädte Hamburg und Bremen sowohl bei
dessen Vorbereitung wie in der Gesamtkonzeption maßgebliche
Impulse vermittelt hat.
Ein hervorzuhebendes Ergebnis der bereits erwähnten guten
Zusammenarbeit beider Arbeitsgemeinschaften ist die im Jahre
1977 erfolgte Gründung des Vereins „Arbeitsgemeinschaft
Denkmalforschung e. V.“, mit Sitz in Trebur. Mit einer unter
der Herausgeberschaft von Prof. Dr. Friedrich Karl Azzola,
Trebur, gleichzeitig ins Leben gerufenen wissenschaftlichen
Schriftenreihe hat dieser Verein bei Flur- und Kleindenkmalfor-
schern des In- und Auslands starke Beachtung gefunden. Über
seine Zweckbestimmung heißt es in den Vereinsstatuten u.a.:
„Der Verein dient der wissenschaftlichen und kulturellen Er-
schließung der historischen Kleindenkmale für die Allgemein-
heit. Er will dies erreichen durch Inventarisation der Kleindenk-
male und ihre wissenschaftliche Auswertung, durch Herausgabe
einer wissenschaftlichen Schriftenreihe, die geeignet ist, das
Wissen um Kunst und Kultur der Kleindenkmale zu erweitern.
Darüber hinaus will er durch eine aktive Denkmalpflege seinen
Beitrag zur Sicherung und Erhaltung der Kleindenkmale als
eines wesentlichen Bestandteils der gewachsenen Kulturland-
schaft, also auch zum Landschaftsschutz leisten. Schließlich will
der Verein Beziehungen zu gleichstrebenden Vereinen pflegen.“
Die „Arbeitsgemeinschaft Denkmalforschung (AGD) Nieder-
sachsen“ identifiziert sich mit diesen Zielen und Bestrebungen
voll und ganz. Außer den oben angeführten Treffen und Ex-
kursionen hält die AGD Niedersachsen auch eine gute Verbin-
dung zu den Flurdenkmalforschern der Deutschen Demokrati-
schen Republik und einiger osteuropäischer Staaten. Wander-
ausstellungen, in denen Interessenten anhand von Großfotos
und Expertisen auf bedeutende und besonders typische Denk-
malgruppen des südlichen Niedersachsens und des Großraums
Hannovers aufmerksam gemacht wurden, fanden in einigen
Städten unseres Bundeslandes sowie in Bayern und Österreich
statt. An den reichhaltigen Vortragsfolgen und Exkursionsan-
geboten der Regionaltagungen anderer Bundesländer wie auch
an den internationalen Kleindenkmal-Symposien in Belgien,
Frankreich und Österreich nahmen unsere Mitglieder, zum Teil
auch mit eigenen Beiträgen, regelmäßig teil. Studienfahrten
einzelner und kleinerer Gruppen der niedersächsischen AGD
sammelten Erfahrungen über Flur- und Kleindenkmale in Eng-
land, Schottland, Irland, Frankreich und Polen.
1.4 Zur Thematik: Der Kreuzstein —
ein mittelalterliches Rechtsdenkmal
Unter dem Sammelbegriff „Kreuzsteine“ werden die in der
mittelalterlichen Tradition stehenden Flurdenkmale zusammen-
gefaßt, die eine Kreuzdarstellung tragen und besonders vom 13.
bis zum 16. Jahrhundert für Menschen gesetzt worden sind, die
eines plötzlichen und gewaltsamen Todes gestorben waren.
Einen großen Teil dieser Steine werden wir als Sühnesteine, also
als Rechtsdenkmale, ansprechen können.
Anders als heute richtete sich im mittelalterlichen Rechtswesen
die Untat des Totschlages weniger gegen eine vorhandene po-
litische Gemeinschaft, sondern primär gegen die Sippe des Ge-
töteten. Vergehen, Verbrechen gegen die Sippe galten als Frie-
densbruch. Sie lösten die Rache (Fehde) der ganzen betroffenen
Sippe aus. Und diese Rache richtete sich in erster Linie wieder
gegen die Sippe des Friedensbrechers, nicht so sehr gegen ihn
selbst.
Durch Sühneabreden, Sühneverträge konnte die Fehde aber
abgewendet werden. Kam ein Sühnevertrag zustande, hatte der

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