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Badener Lazarett-Zeitung (Nr. 1-58[?]) — Baden-Baden, Juli 1916 - Dezember 1918

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Hefte 25-26, Juli 1917
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https://doi.org/10.11588/diglit.2827#0152
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. ^

Dazsvrtt-Irttuttg.

,twa« zu sazn» b«t. uub da» ««-fü-rt v»m »««„ de«
Kri«e«. abrr »icht hiuwe« i»«iu» Ferue, iu bie der Lär«
deitKri»-«» uicht driugt, sauder« hiueiu in» «i-eu« Zuuer«.

tbeus» -ehe» bi« Meiuuu-e» au»«iuaub«r. »b i» der
Lajarrtt-Zeituu« auch di« Fra,eu berührt werd»» saüeu«
bie jrtzt alle bewear». die Fra-en ber Dolitik. Wührrnd
»us der eiur» Eeite dem Wunsch« Ausdruck -rgeben wirb,
batz di« Lararett Zrituug sich vo» alleu p»litischeu Fraarn
seruhalten soll, fiabe» »ubrre «» sehr angebrocht. auch übrr
be» Gtaub der Palitik zu berichte». Lllgemei» ist der Wuntch,
batz wir mehr Lussütze au» bem tebiet« ber ktaat»-
«ub Bürgerkund« briugr» »öchte». uud vo» vielrn
G«it»u ist ,» »ugrregt warbe», datz wir in «iuer kurjen.
klriugebrucktk» Neberficht ouch bie hauptsächUche» Krieg»-
«reigutss« ber lehte» Tage »itteilen. Wirwerdeudiese
beide, Wüusche ersüllen.

«i» Wuusch. beu wi« gleichsall» gera« ersüllm wrr-
be». ist ber, regelmühig a»s Bücher hiuzuwrism, die «m
erschimm fiub, uud sür Lazarettiusassm wichtigr» briuge».
srmer, batz wir gute alte Büche« zum Lesr» empsehlen
mökbtm. Bo» dielm weibm »uch Lussütze belebreu-
brr Lrt au» ber pulturgeschichte. au» Techuik uud Er-
siuduug, B»lk»wirtsL«st «nb kozialpolitik, Laud» unb
Bölkerkunde. Weltverkehr, «esuuddett»pfle,e Finauzwejm
»ub biographiich« Echildrrungm gesorbrrt. Wir habenschon
srührr «anche» derartige» gedracht, werdin »ber küustighiu
besouber» unser Lugenmerk baraus richte». Wertvoll ift
serner bi« Anregung. datz wir mehr ol» bither aus bi«
Borteile de» Lernen». »or ollem brr Eprachkmnt»
»ifse uud drr Stenographie hinweism, sowi« bi« zur Ber-
süguug stehmdea Hilflmtliel bosür an die Haud gebeu
möchtm.

Lllgm-einm Beifall bat dl« Lbteiluug sür Echrrz
und Stütsel gesunbm Aon eiuer «inzelnm Etimmr ob-
g»sehm, bie fich gegm Rütsel aulspricht. wird die Ln-
«gung salchre Linge gerad» i» dm Lazaretten anerkauut.
Bielfach wurd« ber Wunsch au»gesprochen. die Rütselecke
um eiue Scke sür Echachautgaben zu vermehrm. Auch
dirsm Wuusch »,ffm wir rrsüllen z« köunm. Luch «e<
sellsch asts-uud Eeduldlpiel« wollen wir s». wi«
e» scho» vo« längrrrr Zrit gejchehm ift, «irder briugen.

Bo» manchen Seitm werbm Eebichte gkwüulcht.
Auch biese« Wuusch wird «nlsprachm werdm, s» wi« wir
bereit» srüher gelegmtlich Gedichte zum Lbbruck gebracht
habm. Lu» gmubsützlichm Erwüguugm habm wir da-
gegm aus b»u Lbdruck vo» Gedichtm au» dem Mauuskript
verzichtet. Auch wollm wir, «auuigsachm Luregungm
folgend. gelrgmtlich kleiue Zrichuuugm in der Lazarrtt-
Aeituug drröfieutlichm.

Bon vieleu Eeite» ist augerrgt worbm. dah die Laza-
rett-Zritung üster» erscheiueu möge; ba» ist »atürlich »icht
»ur eiue Frage »usere» Willm», s-ndem auch drr zur Ber»
sügung stehendm Miitel. aber wir hoffen, auch biesrm
Wuusch« balb gerecht wrrdm z« küau».

Sauz i« Einn« unserrr Bestrrbuugeu ist e». wmu brm
Wuuschr Luedmck gegebm »irb. datz bie kkamerabe»
i» bm Lazarrttm selber mrhr iu der Zeitung mit-
arbeite». Wir kinum nicht» auber» tun, al» biesm
Wunsch al» eigm» Wunich an alle »eiterzugebm; wir
stu» sür geeiguete kleiue Lussützr. sowie sir Luregungm
jebrr Lrt dauktar.

Mie ich «1r bie <L«,«ret1Aei1m>ß?

<»>» de« Prei»a»»schr«ibm.)

Lo» Igr M. Hi « man ». süchs. Jtgerbat. 12, l. Somp.,
Weilburg a. L-, .Raffauer Hos . Berrin»laz.

La «user« Zeituug un» lützt fragm.

Wa» wir a» fie sür WLnsch« tragm,

Ea sri bi« Lutwort. kurze« Frtst:

.Eit kanu so bleibm wie ste ift ' —

Wa» fi» z» lageu uu» gewillt,

Eteht grotz schou uaterm Titelbilb,

<» zelg« der erst« vlick in» Blatt.

Datz fie bazu di« Weg« hat.

Bi» jetzt tft alle» recht geweseu
Bam krrieg« will man weutg lesen.

Mau kana fich -» dem Blutigea

Richt mehr s» recht ermuttgm

ttrin Mmich dars fich darüber wundem,

Ler Lebensgeist ist auszumuntern. —

Mo« führr jedem nm vor Lugen.

Wtr jeder Meusch nvch zu gebrauchm.

Man lacht so geru iu «rnftrr Zeit:

Dmm dringe man ia Lustigteit
Erzähluugm «nb klriur Echerze
Ju» hell« Licht durch Dmckerschwürze.

L«, oubr» wiede« hat e» gerne,

Datz er zu« alten. neue» lerne
Ler Weiterbildung bieot zugteich.

Wa» lrhr- und ouch gebaukenrrich
Luch frrner sorg' bi« Aütselecke,

Tatz jeder seium Echarsfinu wecke.

Ei« «acht fich obmbrein beltebt.

Wru» r» bie uöt'gm Prrise gibt
Ei» Borschlag, der vom Herzm ftammt.

Hat mich al» Raucher start mtstammt:

Ma» geb« ua» Ldrrffm a«,

W» ma» »och Tabak kausm kann
L» Wünschm ist s» reich bi» Welt,

Wi« i» der Heimat. s» tm Feld.

Dte brste Zeituug uubediugt.

Ast bie — bie wa» vom Friebe» driugt!

In liefrr Hlot.

Zeitgemützr r»iu»»m»gr» au» tze» Drritzigjührlge» Sriege.

Jnnerhalb drr deutschrn Srenzen. -zwischrn
Rhein und Weichsrl, ist in drr erste« HSlfte dest
17. JahrhundertS jener DreißigjShrigr Krieg autz-
gekSmpft worden, drr dann i» seinrn politischrn
Lrgebnissen dir Gruppirrung. daS MachtverhLltniS
der Staaten SuropaS biS zu unserer Grgenwart
in drn wesentlichstrn Punkten bestimmt hat. Di«
natiouale wie religiöse Zerrtssrnheit drS Rümischen
ReicheS Deutscher Narion bot srinen Feinden rinaS-
umher die Möglichkeit. dah ein Kampf. der sich
am Widerstrrit deS GlaubenS rntzündrt hatte und
der zunSchst eine rein deutsche Angelegrnhrit war.
fich auSwuchS und rrweiterte zu einem, wenn auch
mit mancherlei Unterbreckungen foetdauernden
Mordbrande, der die gesamtkulturelle Entwicklung
unsrreS BatrrlandeS um wrhr alS anderthalb Iahr»
bunderte zurückgeworfrn hat. Sachlich wie per»
sönlich frrmde Linflüsse haben stch in deutschen
Gauen getummelt und breit gemacht: noch flnd biS
auf den hrutigen Tag ihre Spuren nicht vrrtilgt.
noch ist die Erinnerung an die Jahrzehntr Suherster
Not von Land und Lruten nicht grschwunden.

Drr Feind stand viele. virle Jahre hindurch im
deutschrn Land. er brnahm stch alS Herr m jeg»
lichem. bösrstem Sinnr: wie «inr Mah-umg Mngt
eS auS drn Tagrn der Brrgangenheit zu unS
herüber. all unsere Kräste materieller wie ideeller
Art. biS zum Suherstrn anzuspannrn. um jrtzt und
für alle Zeite» zu oerhindern. dah unsere zahl»
rrichen Segner wirderum an Deutschland ihrrn
VernichtungSwillen üben! DaS akte Lied. daS
unserm Bolke auS den Zeiten drr Reformation ein
Befitztum grworden ist, brstrht ant seiner Mahnung
heutr noch. wrnn auch in anderm Sinne zu Recht:
,Eine Mauer un» erbaur!' Emer muh diesr
Losung immrr wiedrr dem andern sagen, weil jeder
die Pflicht hat. mitzubauen am heiligen Werk. weil
jeder mit dazu beitragen. mil seinem Gut und Be>
sitztum dafür einstehen muh. dah in diesem Krirge
die heilige deutsche Lrde frei blribr vom Feind!
Wieder und wieder muh die Mauer unferer Heere
gestützt und gehalten werden. dah sie weitrr fest»
stehe zum Heil und Segrn jedeS rinzeluen von
unS.

Und gerade Sinzelheiten au» der Zeit vor 300
Iahren können unS immer wieder von solchen Not-
wendigkeiten überzeugen. Au« grlegrntlichrn ur»
kundlichen Aeutzrrungen sei hier eiaigeS zufammen-
gestrllt:

Die frrmden Söldnrr. welche deS KönigS oon
Dünemark Regimrnter brldetrn. überlirhrn fich auf
dem Rückzuge in SchleSwig-Holstein wilder Zügrl-
losigkeit: StSdte. die fich nicht verteidigea konntrn.
gingen in Flammen aus: schonungSlo« wuide alle»
verwüstet. Drthmarscherr vrrSdetr in sech« Wochen
völlrg: dir Hufen lagrn wüst und uabestrllt, dre
HSuser ra den Städten standen leer. Der in dir
Mrllionen grhend« Schadrn bedeutete den völligen
Verfall de» Wohlstande«, die Verarmung aller
Bürgrr, dre Ueberbüidung de« stSdtischrn Srund
und Boden» mit einer aus Iahrzehnte hinau« un-
tilgbarrn Schuldrnlast.

Nicht ander» war e» zwischrn Hamburg und
Brrmrn. Die kleine Stadt Stade wurdr ovn Tilly
belagert und muhte einr kaum erschwinglich« KriegS-
steurr ertragen. dann kamen dir Schwedea, dre
noch 1K4S brrnnend und sengrnd hausten. dir Ve-
satzung in ihrr Rrgimrntrr steckten und über 50000
Talrr rrprehten. Jn Pommern war der freir
AdrlSstand oenrichte«. und der Adrl vrrarmte: die
KrirgSlastrn von Strtlin und Stargard gingm in
di« Hunderttausendr. und der Chronrst klagt: »Wie
liegt daS Land so wüstr, da» voller Bolk war l
Pommern ist wrr eine Witw«, die vorher eine
Fürstin war und nun dienen muh! ES ist niemand
untrr ihren Freundm. der fie tröst«: allr ihrr
NSchsten vrrachten str rmd find ihre Feinde n«>
wordm ' DaS alte wrhmütigr Kinderlied .Mrtne
Muttrr ist in Pommrrrrland, Pommernland ist ab-
gebraant' ist heutr noch em Nachklang an die
furchtbarr Rot diesrr Iahrzehntr, dr« über dre reichm
Landstreckm hereiagebrochen war.

Jn Meckleaburg haben 1624 di« Leide« mrd
Lastrn de» KriegeS begonnen. Mit vngehmren Sum-
wm muhten sich die StLdte oon der Eivquar-
tirrung drS FerndeS lo»kaufen. Lon WiSwar hat
Wallenstein selbst 1626 geschriebm: .Die vonWr»-
mar find ruiniert.' Wenige Jahre spStrr eroberte
Tilly da» von dm Schweden brsetzte Neubrandea-
burg und richtrte jenr» Blutbad an. an dal srit-
d»m ker lange von drr Stadt brgangea« vettag.
der Tillytag, erinnerle. Abrr erst 1635 begana
daS gröhre Elend der Schwedenzeit unter dem
Drucke einrr im Laufe dr» Kriege« imwer mehr
verwahrlostm und vertierten SoldateSka. Eine klrrnr
Stadt wie Plau hatte in knapp acht Monaten
15 Plünderungen zu bestehen. »Kroaten uad Wallo-
nrn zogen durch da» Laad . . . alle Sassen und
Winkrl waren voll Hrulrn» und Wehklagen . . .
die Vrrwüstung war groh an Mmsch'N und Vieh.
an Zimmera und Gebüuden . . . nicht» blieb übrig.
al» dah dir Stadt in rinen Stein- und Lehm-
hausrn gestürzt wurde.' Dem platten Lande er»
ging r» nicht ander«: noch am Endr de»17. Jahr-
hundertS lagen oiele Ortschaften ganz oder halb
wüst. Die Stünde de» Herzogtum» Süstrow be-
richtrtrn an drn Herzog. di« Urimmschlichkeitrn
könnten nicht .mit Zungrn auSgeredet odec mit
heihm Lhränen genugsam beklager werden'. und
selbst der feindliche Geaeral Banec schrieb an drn
schwedischen Konzler: »In Mecklmburg ist nrchr»
alS Sand und Lust. alle« ist bi» auf den Erd-
bodrn oerhrerr '

Im Münsterlande haben die Landlmt« nach
zahlrrichen vorhandenrn Bütschristen und sonstigm
Grsuchen Eommer und Wintrr wie da» Birh in
Wäldern und Bergen gehaust. um nrcht alles zu
verlierrn und rrm den Strafea an Leib und Lebrn
nach Möglichkeit zu entgehea. In Mantzfeld war
der vorher so blührndr Bergbau oöllrg zerstört. und
die Ortschasten der Umgebung waren durch Plün-
derung und Brand ia Trümmer gelegt.

Solche Tatsachen und Schilderungra laflen fich
beliebig vrrmehren. Wohl die Chronik jeglichrn
Dorfe» und jrder Stadt im weiten deutschea Land
kann hier einerr Beitrag liefrrn. wir damal» drr
Fernd innerhalb der Srenzm uvsrrrS Baterlande*
gehaust hat. Materirllrr wie grrstigrr Wohlstoud
ward zrrbrochm und oernichtet: Wege und Mög-
lichkriten eüre» Wiederaufbaur» waren auf laagr
Zrit hinou« unterbundrn. Sine heiligr Mohnuag
geht von diesrr UrrgkückSzeÜ an unsrrr Gegrawan.
dah jeder an seinrm Tefl uvd nach Mahgabe seiarr
Kräfte mit dazzr beüragrn hrlst, dah jetzt und
immerdar unstr Laod frri bleibe vom Frrnd.

Fest und unerschütterlich steht drr Wall unserer
Heere grgen jeden Ansturm de« Feindr» . . . dre
Mahnung grht an un» allr: »Srnr Maurr un»

„Knapp wird's hergeken, ver-
hungern wird keiuer!^

Peter Rosrgger schreibt in sriaem köstlichen Buch
.Da« rwige Lrcht' — e» ist ein Buch. in drm dre
Lebensgrschichtr einr» kernsrommen Geistlichen ia
Form von Tagebuchnotizm grschildert wird —
folgmdr». Der Gristlich« ist in einem Mnm Dörf-
chrn oben in den Ssterrrichischrn Alpm Sankt Maria
im Torwald. Dstsr» Dörschm rrlridet rine schwere
Mihernte und ist wührrnd dr» Dürter» vüllrg ab-
gesperrt von aller Welt. Dazu bedurstr e» dawal»
k-iarr englrschen Seesperre. L» war e«»ach krine
Berbindung nach drm Hochtal vorhanMi. Ein«
Welt sür stch. Und wa« geschieht in dstser Welt
für fich? Umrrm 11. September 1877 schreibt drr
Geifllich« in seiaem Tagrbuch:

.Sin traurige» Lrntrn ia dirfem Iahre. S»
zahlr sich gamrcht au». die Eicheln zu dSngrln.
sagrn sie. Manchrr hat nicht» mehr in der Truhe
und wartet schon mit Magrnbruwmm auf srtsche»
Kom. Da» wagere Bieh muh billig vrrkaust werdeu.
weil da» Futtrr sehlr. Da» soll da» für rm
Wiuter werdea!
 
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