kulturellem Gebiete durch Zusammenfassung und Verständigung mit den gleichen, ja wahr«
scheinlich vielfach erheblich geringeren Mitteln sehr häufig mehr und Besseres erreichen
läßt, als wenn unabhängig von und nebeneinander jede einzelne Stadt, jede einzelne kleinere
oder größere Gruppe und Vereinigung von sich aus allein ihrem Sonderkreise geistige Nah«
rung, künstlerische Anregung, ernste und frohe Unterhaltung zu bieten versucht. In viel«
facher Hinsicht sind Ansätze in dieser Richtung schon vorhanden, es wird sich darum han«
dein, sie auszubauen und zu vervollkommnen. Vortragswesen, Konzertwesen, Theater und
Ausstellungswesen werden den Vorteil davon haben.
Das ethische Ziel des Bundes möchte ich etwa folgendermaßen umreißen: Das Rheinisch«
Westfälische Industriegebiet hat im Laufe der gewaltsamen wirtschaftlichen Entwickelung
der vergangenen Jahrzehnte, ein in seiner Art zweifellos auch des Imposanten nicht ent«
behrendes gemeinsames Gepräge gewonnen unter dem Zeichen der ins gigantische gestei«
gerten Arbeit. Wir wissen, daß der von auswärts kommende Besucher unseres Bezirks er«
schüttert ist durch die Erkenntnis, wie hier Millionen von Menschen eingestellt sind in einen
gewaltigen Produktions« und Verarbeitungsapparat, wie hier, um es so auszudrücken, auf
dem Antlitz der Landschaft ebenso wie dem seiner Bewohner sich der Wille ausprägt, durch
gewaltige Zusammenfassung von Menschenkraft und Menschengeist, dem spröden Boden
seine für die Menschheit unentbehrlichen Stoffe und Kräfte zu entreißen, allen damit ver«
bundenen unerhörten Mühen, Anstrengungen und Gefahren zu trotzen und das eigene Leben
und Dasein so in den Dienst des Mitmenschen, des Vaterlandes, ja der ganzen Menschheit
zu stellen, die ohne die Früchte der hier geleisteten Arbeit schlechterdings verkümmern
müßten. Es ist ein gewaltiges Erlebnis, das der verständnisvolle, großen Eindrücken zu«
gängliche Besucher unseres Bezirks von hier mitnimmt; es ist auch ein begeisterndes er«
schütterndes Bewußtsein für jeden einzelnen hier Beheimateten, sich als ein Glied des
ungeheuren Produktionsapparates, sich als ein Kind dieses rauhen Bodens der Arbeit zu
fühlen. Es kommt aber auch Jedem, je länger desto verhängnisvoller die Kehrseite dieser
imposanten Entwickelung zum Bewußtsein, daß dieser sich gleichsam wie aus gewaltigen
Naturkräften vollziehende Prozeß mit den Vorzügen der Zielsicherheit und Einseitigkeit
deren lebensgefährliche Nachteile nicht vermieden hat, daß er über den Menschen im
Menschen hinweggegangen ist und daß er in der Förderung gewaltiger wirtschaftlicher
Werte und Reichtümer für die Gesamtheit den Einzelmenschen geistig hat verarmen
und verkümmern lassen. Der Mensch des Industriegebiets hat zwar äußerlich, wie gesagt,
ein eigenes Gepräge erhalten, kulturell ist er entwurzelt, hat er allen Zusammenhang mit
einer ehemals auch bei uns bodenständigen, nunmehr fast restlos versunkenen Kultur ver«
loren. Ebenso ist das ganze Gebiet durch das überall hörbare Rasseln der Räder, Fauchen
der Maschinen, Qualmen der Schornsteine, äußerlich zu einem mächtigen Gesamteindruck
zusammengeschweißt. Im Einzelnen aber drängt sich Werk an Werk, Zeche an Zeche,
Hochofen an Hochofen, Kolonie an Kolonie, Großstadt an Großstadt, nebeneinander,
durcheinander in lückenlosem Wettbewerb ohne gemeinsamen Stil, gedankenlos, rück«
sichtslos und grausam. Es ist vieles schon besser geworden und an allen verantwortlichen
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scheinlich vielfach erheblich geringeren Mitteln sehr häufig mehr und Besseres erreichen
läßt, als wenn unabhängig von und nebeneinander jede einzelne Stadt, jede einzelne kleinere
oder größere Gruppe und Vereinigung von sich aus allein ihrem Sonderkreise geistige Nah«
rung, künstlerische Anregung, ernste und frohe Unterhaltung zu bieten versucht. In viel«
facher Hinsicht sind Ansätze in dieser Richtung schon vorhanden, es wird sich darum han«
dein, sie auszubauen und zu vervollkommnen. Vortragswesen, Konzertwesen, Theater und
Ausstellungswesen werden den Vorteil davon haben.
Das ethische Ziel des Bundes möchte ich etwa folgendermaßen umreißen: Das Rheinisch«
Westfälische Industriegebiet hat im Laufe der gewaltsamen wirtschaftlichen Entwickelung
der vergangenen Jahrzehnte, ein in seiner Art zweifellos auch des Imposanten nicht ent«
behrendes gemeinsames Gepräge gewonnen unter dem Zeichen der ins gigantische gestei«
gerten Arbeit. Wir wissen, daß der von auswärts kommende Besucher unseres Bezirks er«
schüttert ist durch die Erkenntnis, wie hier Millionen von Menschen eingestellt sind in einen
gewaltigen Produktions« und Verarbeitungsapparat, wie hier, um es so auszudrücken, auf
dem Antlitz der Landschaft ebenso wie dem seiner Bewohner sich der Wille ausprägt, durch
gewaltige Zusammenfassung von Menschenkraft und Menschengeist, dem spröden Boden
seine für die Menschheit unentbehrlichen Stoffe und Kräfte zu entreißen, allen damit ver«
bundenen unerhörten Mühen, Anstrengungen und Gefahren zu trotzen und das eigene Leben
und Dasein so in den Dienst des Mitmenschen, des Vaterlandes, ja der ganzen Menschheit
zu stellen, die ohne die Früchte der hier geleisteten Arbeit schlechterdings verkümmern
müßten. Es ist ein gewaltiges Erlebnis, das der verständnisvolle, großen Eindrücken zu«
gängliche Besucher unseres Bezirks von hier mitnimmt; es ist auch ein begeisterndes er«
schütterndes Bewußtsein für jeden einzelnen hier Beheimateten, sich als ein Glied des
ungeheuren Produktionsapparates, sich als ein Kind dieses rauhen Bodens der Arbeit zu
fühlen. Es kommt aber auch Jedem, je länger desto verhängnisvoller die Kehrseite dieser
imposanten Entwickelung zum Bewußtsein, daß dieser sich gleichsam wie aus gewaltigen
Naturkräften vollziehende Prozeß mit den Vorzügen der Zielsicherheit und Einseitigkeit
deren lebensgefährliche Nachteile nicht vermieden hat, daß er über den Menschen im
Menschen hinweggegangen ist und daß er in der Förderung gewaltiger wirtschaftlicher
Werte und Reichtümer für die Gesamtheit den Einzelmenschen geistig hat verarmen
und verkümmern lassen. Der Mensch des Industriegebiets hat zwar äußerlich, wie gesagt,
ein eigenes Gepräge erhalten, kulturell ist er entwurzelt, hat er allen Zusammenhang mit
einer ehemals auch bei uns bodenständigen, nunmehr fast restlos versunkenen Kultur ver«
loren. Ebenso ist das ganze Gebiet durch das überall hörbare Rasseln der Räder, Fauchen
der Maschinen, Qualmen der Schornsteine, äußerlich zu einem mächtigen Gesamteindruck
zusammengeschweißt. Im Einzelnen aber drängt sich Werk an Werk, Zeche an Zeche,
Hochofen an Hochofen, Kolonie an Kolonie, Großstadt an Großstadt, nebeneinander,
durcheinander in lückenlosem Wettbewerb ohne gemeinsamen Stil, gedankenlos, rück«
sichtslos und grausam. Es ist vieles schon besser geworden und an allen verantwortlichen
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