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Feurstein, Heinrich
Matthias Grünewald — Bonn, 1930

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https://doi.org/10.11588/diglit.25189#0113
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106

Die Gemälde

wir wieder auf Nürnberg76 geführt. Nur sechs Stunden südöstlich, bei
Altdorf in der Oberpfalz, stand das berühmte Birgittenkloster Gna<
d e n b e r g , dessen herrliche Ruinen der gotischen Kirche von 1483
(1518) heute noch zum Besuch einladen, das Hauskloster der Nürn«
berger Patriziergeschlechter der Fürer, Scheurl, Imhof, Schlewitzer,
Tücher, Holzschuher u. a.77 Zahlreiche Töchter dieser Familien nahmen
in Gnadenberg den Schleier und unterhielten, wie die erhaltenen Briefe
beweisen, einen regen geistigen Verkehr mit ihren Stammfamilien. Seit
1504, als Nürnberg im Landshuter Erbfolgekriege die nordwestliche
Oberpfalz besetzte und die Vogteimacht über das Kloster ausübte, ge*
stalteten sich die Beziehungen noch enger, die Eintritte mehrten sich,
und das Kloster erfreute sich bedeutender Stiftungen durch die Nürn«
berger führenden Geschlechter.

Als 1472 das Birgittenkloster Maihingen im Ries gegründet wurde,
waren fünf von den acht dorthin gesandtenNonnenNürnbergerinnen.
Neben Gnadenberg und Maihingen, für das Schäufelein im Jahre
1508 von Nürnberg aus arbeitete,78 und das ebenfalls zum Nürnberger
Einflußbezirk gehörte, bestand in Süddeutschland nur noch die Nieder«
lassung in Altomünster B. A. Aichach, das einzige noch blühende
Kloster deutscher Zunge, ebenfalls eine Gründung von Gnadenberg. In
Maihingen ist übrigens auch der stark mit birgittinischem Schrifttum
durchsetzte Inhalt des „Taschenbüchlein aus dem Ries“ entstanden,
das Grünewald, wie wir gesehen haben, für die Darstellung seines
Mauritiusbildes benützt hat. Die im Mittelalter hoch angesehenen
Offenbarungen der heiligen Birgitta waren bald Gegenstand theo«
logischer Erörterungen geworden.79 Die großen Kirchenversammlungen
von Konstanz und Basel, denen sie zur Begutachtung vorgelegt wurden,
gaben keine Entscheidung. Ihr Grundton ist eine „ideenreiche, mit der
deutschen verwandte, aber von Birgittas Originalität und ihrem schwe«
dischen Charakter eigentümlich gefärbte Mystik, voll tiefer Blicke in
das Geheimnis der Gottseligkeit, aber auch voll Handlungskraft“.80 Die
erste Druckausgabe ihrer Offenbarungen (acht Bücher, ein Buch Extra«
vagantes, Klosterregel und Sermo angelicus) erschien, besorgt von den
Mönchen des Mutterklosters Vadstena, 1492 in Lübeck, wie überhaupt
 
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