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Plattner, Georg A.; Quatember, Ursula; Hanslmayr, Regina; Aurenhammer, Maria; Universität Wien [Hrsg.]
Die Skulpturen von Ephesos: Bildwerke aus Stein (Band 10,2): Die Skulpturen von Ephesos: Die Hermen — Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, 2016

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https://doi.org/10.11588/diglit.48538#0127
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127

D HERMENZÄUNE
D.l Der Hermenzaun aus der Domus des Hanghauses 1
Auf dem in antoninisch-severischer Zeit in das Peristyl der Domus im Hanghaus 1 eingebauten
Brunnenbecken stand auf der südlichen Beckenwand eine Balustrade aus fünf ca. 80 cm ho-
hen Doppelhermen, von denen eine mit anschließendem Schrankengitter in situ gefunden wurde
(Taf 56 c)803. Die Hermenschäfte verjüngen sich nach unten und sitzen auf profilierten Sockeln
mit fast quadratischer Grundfläche. Die Sockeln besitzen je eine schwalbenschwanzförmige Ein-
arbeitung an den Schauseiten, die mit einer früheren Verwendung in Zusammenhang stehen dürf-
te, da sich bei den erhaltenen Verkleidungsplatten des Brunnenbeckens keine korrespondierenden
Fixierungsspuren fanden. Außer der Doppelherme DIA (Taf. 56 c-f; 57 a. b; 59 a) wurden noch
zwei weitere Doppelköpfe, DIB (mit Hermenbüste; Taf. 57 c. d; 59 c) und D1C (Doppelkopffrag-
ment aus mehreren Bruchstücken zusammengesetzt; Taf. 58 a. b), der Hermenschaft mit Bartfrag-
ment DIE (Taf. 60 a), das Bartfragment D1F (Taf. 59 d) und einige Sockel- bzw. Schaftfragmente
gefunden (D1G-L; Taf. 59 e. f; 60 b-g). Der zum Hermenzaun Dl zugehörige Doppelhermen-
kopf D1D (Taf. 58 c. d; 59 b) gelangte über den Kunsthandel in das Ruhrlandmuseum in Essen804.
Die Doppelhermen und alle zu dem Zaun gehörigen Fragmente wurden von M. Aurenhammer
vorgelegt805, ihre Ergebnisse werden im Folgenden kurz zusammengefasst.
Die vier erhaltenen Doppelköpfe (D1A-D) zeigen einen bärtigen Gesichtstypus mit über der
Stirn aufsteigendem und wellig zur Seite gestrichenem, langem Haupthaar. Auf die Schultern
fallen Tänienenden. Eine markante Falte teilt die Stirn, unter den Brauengraten sitzen kleine,
linsenförmige Augen. M. Aurenhammer wies auf Asymmetrien im Gesicht hin (besonders bei
Kopf A806 der Herme DIA [Taf. 57 a] und Kopf A der Herme D1D [Taf. 58 c]), die sie auf ein
>Vorbild< zurückführte, das leicht zu seiner rechten Seite gewendet war. Dieses >Vorbild< könnte
ein Kopf nach der Art des >Vatergott-Konzepts<807 gewesen sein. Eine eindeutige Parallele fand
sich bislang aber nicht.
M. Aurenhammer datierte die Doppelhermen aufgrund ihrer trockenen, kantigen Meißelarbeit
an das Ende des 1. Jahrhunderts und in das erste Drittel des 2. Jahrhunderts n. Chr.808. Eine Beson-
derheit ist die Augenzeichnung an zwei von den insgesamt sieben erhaltenen Hermengesichtern.
Sowohl DIB, Seite B (Taf. 57 d), als auch D1C, Seite A (Taf. 58 a), haben geritzte Irisringe und
gekerbte Pupillen. Dabei könnte es sich um eine nachträgliche >Verbesserung< handeln, die even-
tuell mit der sekundären Aufstellung der Hermen auf dem Brunnenbecken des in antoninisch-
severischer Zeit umgebauten Peristyls der Domus in Zusammenhang steht809. Ob die Doppelher-
men auch schon in ihrer Erstverwendung im Peristyl der Domus aufgestellt waren, lässt sich nicht
mehr eruieren. M. Aurenhammer kann sich aufgrund der geringen Höhe der Hermen (ca. 80 cm)
einen Standort direkt auf dem Stylobat des Peristyls nicht vorstellen, möglich wäre jedoch, dass
die Hermen auf einer Brüstung angebracht waren810.

803 Zu dem Hanghaus 1 allgemein Lang-Auinger 1996 sowie Lang-Auinger 2003. Zur sog. Domus und dem Brun-
nenbecken s. bes. Lang-Auinger 1996, 92-119; G. Lang in: Lang-Auinger 1996, 186-202; Lang-Auinger 2003,
20 f.
804 Aurenhammer 2003, 158 Amn. 49.
805 Aurenhammer 2003, 158-160. 159 f. Kat. S 9A-L Taf. 76-82; Plan 4 auf S. 380.
806 Bei Doppelhennen wird immer die besser erhaltene Seite mit »A« bezeichnet.
807 Zum >Vatergott-Konzept< vgl. Landwehr 1990, 108-111.
808 Aurenhammer 2003, 159.
809 Aurenhammer 2003, 159.
810 Aurenhammer 2003, 160.
 
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