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Plattner, Georg A.; Quatember, Ursula; Hanslmayr, Regina; Aurenhammer, Maria; Universität Wien [Hrsg.]
Die Skulpturen von Ephesos: Bildwerke aus Stein (Band 10,2): Die Skulpturen von Ephesos: Die Hermen — Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, 2016

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https://doi.org/10.11588/diglit.48538#0128
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128

D Hermenzäune

D.2 Der Hermenzaun vom Nymphaeum Traiani
Bei der Freilegung des Nymphaeum Traiani an der Kuretenstraße in den Sommermonaten des
Jahres 1957 wurden neben zahlreichen Statuen auch fünf Hermenpfeiler gefunden, welche sich
aufgrund von Falzen in den Nebenseiten als Zaunpfeiler zur erkennen gaben811. Zusammen mit
zwei ebenfalls im unmittelbaren Bereich des Nymphäums gefundenen und stilistisch einwandfrei
mit diesen übereinstimmenden Köpfen gehören sie zu einem Hermenzaun, der in spätantiker Zeit
im Bereich des Brunnenbeckens aufgestellt war812.
Kat. D2A-D2G Zaunhermen
Der ganz leicht zu seiner Linken gewendete Hermenkopf D2A (Taf 61) stellt einen älteren, bär-
tigen Mann dar, dessen Haupt von einem Mantel bedeckt ist. Sein fransiges, kurzes Haar ist über
der Stirn gegabelt und zur Seite gestrichen. Ob es sich bei der bandartigen Abstufung zwischen
Haar und Mantel um eine Binde handelt, kann man nicht eindeutig erkennen813. Die Strähnen des
kurz gestutzten Vollbartes sind mit seichten Meißelhieben voneinander geschieden. Die Mund-
spalte ist mit dem Meißel eingetieft. Dicke, bandartige Lider rahmen die unregelmäßig gebildeten
Augen. Während das linke Auge schmal und länglich ist, ist das rechte rundlicher geformt. Die
Iris ist jeweils kreisförmig und eher grob eingeritzt. Die Nase setzt schmal zwischen den zusam-
mengezogenen Brauen an, verbreitert sich aber stark nach unten. Der Mantel fällt beidseitig in
einer breiten Bahn auf die Schultern. Üblicherweise vermittelt bei Schulterhermen eine Büste
zwischen dem Hermenschaft und dem Kopf, vgl. etwa Al, A2, A5, Al4, doch hier geht der Pfei-
ler ohne Büste direkt in den Hals über.
Die Darstellungsweise von D2A ist typisch für Vatergottheiten814. Die verwandte Ikonografie
verschiedener unter diesem Begriff subsumierter Götter wie Kronos/Saturn, Zeus/Jupiter oder Aion,
um nur einige zu nennen, erschwert eine Identifikation. Während H. Wrede an Aion dachte, spricht
der ikonografische Zusammenhang mit den übrigen Hermen der Balustrade für eine Deutung als
Kronos/Saturn815. In ikonografischer Hinsicht vergleichbar ist die Darstellung des Kronos auf der
Reliefbasis in den Kapitolinischen Museen816: Die Szene zeigt, wie Rhea dem Kronos anstelle ihres

811 Der Hermenzaun wurde von der Verf. bereits in verkürzter Form mit Schwerpunkt auf dem ikonografischen
Programm vorgestellt (Hanslmayr 2003). - Zu dem Nymphaeum Traiani hegt mit Quatember 2011 eine neue,
umfassende Untersuchung dieses prominenten Fassadenbrunnens an der Kuretenstraße vor. Ausgewählte Lit. zur
Statuenausstattung: Fleischer 1974, 24-34; R. Fleischer, Zwei eklektische Statuen aus Ephesos, in: Pro Arte Anti-
qua. Festschrift Hedwig Kenner I, SoSchrÖAI 18 (Wien 1982) 123-127 Taf. 25-31; Aurenhammer 1990, 53-55
Kat. 31 (Dionysosstatue, Selfuk, Ephesos Museum Inv. 1405); 62 f. Kat. 41 (Dionysosstatue, Selfuk, Ephesos
Museum Inv. 769); 70-72 Kat. 51 (gelagerter Satyr, Selfuk, Ephesos Museum Inv. 754); 124-126 Kat. 104
(Jägerstatue, sog. Androklos, Selfuk, Ephesos Museum Inv. 773/1-2); Quatember 2011, 65-78 mit weiterer Lit.
812 Miltner 1959, 339 f. Abb. 184-186; Alzinger 1970, 1607. 1690. 1701; W. Alzinger, Die Stadt des siebten Welt-
wunders (Wien 1962) 235-237; R. Fleischer, Der Fries des Hadrianstempels in Ephesos, in: Eichler 1967, 61
Abb. 25; Wrede 1972, 125 II C 2 Taf. 72, 1-4; Schwarz - Frei 1977, 169 f. Abb. 15-18; Wrede 1985, 18 (s. v.
Aion); 20 (s. v. Ares, Artemis); Wrede 1987, 134 f. 146 f. Nachträge 125 II B 2 Taf. 7 a-d.
813 R. Fleischer, Der Fries des Hadrianstempels in Ephesos, in: Eichler 1967, 61 sprach von einer Binde.
814 Landwehr 1990, 108-111. Für detailliertere Ausführungen und Literaturangaben s. Hanslmayr 2003, 63 f. -
Andere Interpretationen: R. Fleischer, Der Fries des Hadrianstempels in Ephesos, in: Eichler 1967, 61 (Priester);
Schwarz - Frei 1977, 169 f. Abb. 15-18 (Heraklit).
815 Wrede 1985, 18; Wrede 1987, 135. Aion kann in seiner Eigenschaft als Gott der Ewigkeit an Kronos/Saturn angegli-
chen sein. Vgl. beispielsweise den inschriftlich bezeichneten Aion auf dem Zoilosmonument in Aphrodisias: A. Alf-
öldi, Die Darstellung des Aion auf dem Ehrendenkmal des Zoilos in Aphrodisias, in: A. Alfoldi, Aion in Merida
und Aphrodisias, MB 6 (Mainz 1979) 13-19 Taf. 28. 29; zur Angleichung Aion/Kronos/Satum vgl. A. Alfoldi, Der
in Gedanken versunkene Aion von Aphrodisias und der schlummernde Kronos, der die kosmische Weltordnung
erträumt, in: Alfoldi a. O. 20-25; LIMC I (1981) 401 Nr. 7 s. v. Aion (M. Le Glay); R. R. R. Smith, The Monument
of C. Julius Zoilos, Aphrodisias 1. Results of the Excavations at Aphrodisias in Caria Conducted by New York
University (Mainz 1993) 45-48 Abb. 8. 9 Taf. 20. 21. 32. Zu diesem Phänomen s. auch Bergmann 1998, 30.
816 Rom, Kapitolinische Museen, Palazzo Nuovo Inv. 1944. LIMC VI (1992) 145 Nr. 23 s. v. Kronos (E. D. Serbeti)
mit Lit.
 
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