Metadaten

Plattner, Georg A.; Quatember, Ursula; Hanslmayr, Regina; Aurenhammer, Maria; Universität Wien [Hrsg.]
Die Skulpturen von Ephesos: Bildwerke aus Stein (Band 10,2): Die Skulpturen von Ephesos: Die Hermen — Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, 2016

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.48538#0065
Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Keine Bearbeitung
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
65

B KÖRPERHERMEN

B.l Terminologie - Entwicklung - Darstellungskreis - Verbreitung - Funktion
Generell sind alle Hermen in zwei Gruppen einzuteilen: in Schulter- und Körperhermen372. Von
Körperhermen spricht man, wenn der Schaft erst unterhalb der Hüften ansetzt. Darüber hinaus
wird innerhalb der Körperhermen noch zwischen den >Mantel<- und den >Hüfthermen< unter-
schieden. Da diese Einteilung jedoch nicht immer exakt einzuhalten ist, weil viele Hermen Merk-
male beider Gruppen tragen373, wird hier auf diese Nomenklatur verzichtet. Stattdessen empfiehlt
es sich, von >bekleideten< und >unbekleidetem Körperhermen zu sprechen.
Körperhermen gibt es seit hochklassischer Zeit, im frühen und mittleren Hellenismus sind sie
wesentlich beliebter als Schulterhermen374.
Die ersten Vertreter dieser Gattung stellen ebenso wie die Schulterhermen klassischer Zeit
ausnahmslos Hermes dar. Eine Münze des ausgehenden 5. Jahrhunderts v. Chr. aus Crotone (Ita-
lien) zeigt als Beizeichen neben einem Adler eine nackte, bärtige Körperherme des Hermes mit
Kerykeion und Phiale375. Aus der zweiten Hälfte des 4. Jahrhunderts v. Chr. stammt eine korinthi-
sche Münze, auf deren Rückseite sich links und rechts eines Athenakopfes je eine bärtige, in einen
Mantel gehüllte Körperherme des Hermes befindet376. Zu den frühesten erhaltenen rundplasti-
schen Körperhermen zählt die Darstellung des mit einem Mantel bekleideten jugendlichen Her-
mes aus Rhamnous377, die anhand ihrer Inschrift in das Jahr 333/332 v. Chr. datiert werden kann.
Kurze Zeit später, im 3. Jahrhundert v. Chr., wird auch Herakles in Form der Körperherme
dargestellt. In Analogie zu der mit dem Mantel bekleideten Hermesherme ist der Heros in sein
Löwenfell gehüllt378. Als bekleidete Körperhermen sind Herakles und Hermes besonders oft im
Bereich von Gymnasium und Palästra anzutreffen, als deren Schutzgötter sie allgemein gelten379.
Diese Funktion behalten sie auch in römischer Zeit bei, wie das Hermenensemble dieser beiden
Götter aus dem Vediusgymnasium in Ephesos zeigt (Bl und B4).
Im Hellenismus treten erstmals Eros, Hermaphrodit, Pan, Priapos und Satyr/Silen380 in Form
von Körperhermen auf381.

372 Grundlegend für die Tenninologie und das Einsetzen der verschiedenen Formen: Wrede 1985, 2. 4; Wrede 1988,
701-703.
373 Vgl. zu dieser Problematik Wrede 1985, 4 f. und Wrede 1988, 702.
374 Wrede 1985, 2.
375 Anhang Kat. Münzen Nr. 1.
376 Anhang Kat. Münzen Nr. 2.
377 Anhang Kat. 5.
378 s. dazu u. Kap. B.3.
379 Allgemein zur Verehrung von Herakles und Hennes im gymnasialen Bereich s. J. Delonne, Gymnasion. Etüde sur
les monuments consacres ä l’education en Grece, des origines ä l’Empire romain, BEFAR 196 (Paris 1960) 339 f.
364 f. Zur Aufstellung von Hennen in Gymnasium und Palästra s. Rückert 1998a, 126-139; 132-135 zu den sog.
Hennaia, Feste, die zu Ehren von Herakles und Hennes mit Agonen der Epheben in Palästra und Gymnasium
gefeiert wurden.
380 E. Simon unterscheidet nicht zwischen Silen und Satyr (LIMC VIII [1997] Suppl. 1108 s. v. Silenoi), in der
Kunstgeschichte werden jedoch jüngere Darstellungen dieser dämonischen Wesen als Satyrn und ältere als Silene
angesprochen; so beispielsweise M. Fuchs - C. Moss in: Padgett 2001, 149. Vgl. zu dieser Problematik auch
B. Bäbler in: Der neue Pauly XI (2001) 552 s. v. Silen, II. Ikonographie.
381 Wrede 1985, 22 (Eros); 25 f. (Hermaphrodit); 27 f. (Pan); 28 f. (Priapos); 29 f. (Satyr/Silen); Wrede 1988, 702.
Im 3. und in der 1. Hälfte des 2. Jhs. v. Chr. gibt es Körperhennen bärtiger Silene ausschließlich als Tenakotten
(Wrede 1985, 29 mit Beispielen).
 
Annotationen