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Waldner, Alice; Österreichisches Archäologisches Institut [Mitarb.]
Die Chronologie der Kuretenstraße: Archäologische Evidenzen zur Baugeschichte des unteren Embolos von Ephesos von der lysimachischen Neugründung bis in die byzantinische Zeit — Forschungen in Ephesos, Band 11,4: Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, 2020

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https://doi.org/10.11588/diglit.52321#0014
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1 EINLEITUNG
Die Kuretenstraße liegt im Sattel zwischen den beiden Stadtbergen von Ephesos, dem Panayirdag
im Norden und dem Bülbüldag im Süden (Abb. 1 a. b). Der heutige Name der Straße ist auf in
der unteren Nordhalle (>Kuretenhalle<, Abb. 1 b, 8) sekundär verbaute Säulentrommeln zurück-
zuführen, deren ursprünglicher Aufstellungsort das Prytaneion war und die mit Listen des Kult-
personals der Kureten beschrieben sind1. Die antike, aus Inschriften erschlossene Bezeichnung
für die Kuretenstraße lautete vermutlich »Embolos« - wörtlich »Keil, Sporn«2 - oder »Plateia«3.
Unter dem »Embolos« versteht die Forschung bis heute das Stadtviertel bei der Celsusbibliothek
und die Kuretenstraße, im Westen am Südtor der Tetragonos Agora (Abb. 1 b, 2) beginnend und
im Osten am sog. Domitiansplatz4 und am Memmiusbau endend (Abb. 1 b, 21).
Die in ihrer letzten Phase 6-8 m breite und von 3,5-5 m tiefen Hallen flankierte5, insgesamt
210 m lange Kuretenstraße6 ist jene der beiden Hauptachsen der Stadt, welche die Verbindung
zwischen der höher gelegenen Oberen Agora (sog. Staatsmarkt) im Südosten und der Unteren
Agora (sog. Tetragonos Agora) im Nordwesten von Ephesos bildete (Abb. 1 b, 1). Ihre Trasse
verlief diagonal durch das sonst orthogonal rekonstruierte Straßensystem der hellenistisch-römi-
schen Stadt (Abb. 1 a).
1.1 FRAGESTELLUNG UND ZIELSETZUNG
Die Freilegung des unteren Embolos erfolgte bereits Anfang des 20. Jahrhunderts. Seitdem
haben sich in unregelmäßigen Abständen Forscherinnen und Forscher mit der Kuretenstraße
beschäftigt, wobei in den 1950er-Jahren unter F. Miltner vor allem deren möglichst rasche Frei-
legung im Vordergrund stand, und die Grabungsmethoden noch weit von einer systematischen
Vorgangsweise und einer Berücksichtigung der Stratigrafie entfernt waren. Von den 1980er-
Jahren bis in die beginnenden 2000er-Jahre widmete vor allem H. Thür ihre bauforscherische
Tätigkeit der Kuretenstraße, wobei einer ihrer Forschungsschwerpunkte auf den Monumenten
des unteren Embolos lag, deren grafische Rekonstruktion sie vorlegte7. Im Rahmen der vorlie-
genden Studie soll die Baugeschichte der Kuretenstraße, die bislang so gut wie ausschließlich
nach architektonisch-stilistischen Kriterien und bauhistorischen Überlegungen bewertet wurde,
anhand vorwiegend keramischer Fundkomplexe aus ausgewählten Grabungen präzisiert werden.
Das Hauptaugenmerk liegt dabei auf jenem Abschnitt im Westen, wo die Kuretenstraße von der
Nord-Süd verlaufenden Marmorstraße nach Osten abzweigt - also auf dem unteren Embolos8.

1 Aufgrund der Kuretensäulen prägte F. Miltner 1954 die Bezeichnung Kuretenstraße. Erst der Nachfolger Miltners,
F. Eichler, veranlasste 1961/1962 eine Rückführung der Säulenstümpfe an ihren ursprünglichen Aufstellungsort.
Dort - im Prytaneion - wurden sie in letzter Konsequenz als Architekturprobe wieder aufgestellt. Bammer 1975,
405; Thür 1995b, 86; Thür 1999a, 422 mit Amn. 10; Quatember 2005, 274 mit Amn. 21. 22; Steskal 2010a. Zu
dem Kollegium der Kureten s. Graf 1999, 255-262; Knibbe 1981.
2 Thür 1999a, 421.
3 Überlegungen zur antiken Bezeichnung der Kuretenstraße äußern Keil 1935, 89 f; Vetters 1977a, 12; Vetters
1977b, 17; Jobst 1983, 149 f; Thür 1995b, 85; Uiür 1999b, 105 f; Scherrer 2001, bes. 81. Zuletzt Quatember
2005, 271-278.
4 Uiür 1999b, 107; Thür 1989, 25; Jobst 1983, 149; Keil 1935, 87-92; Alzinger 1971, 1597 f; Alzinger 1975, Beibl.
231; Foss 1979, 65 f. Amn. 39.
5 Uiür 1995b, 86. Zur Rekonstruktion und möglichen Überdachungslösungen der Portiken s. Thür 1999b, 110 f.
6 Eine detaillierte >Baubeschreibung< der Kuretenstraße bietet z. B. Uiür 1995b, 86-95.
7 Uiür 1999.
8 Neue Ergebnisse zum mittleren und oberen (östlichen) Abschnitt der Kuretenstraße liegen bereits in publizierter
Form vor und fließen in die Gesamtauswertung ein: Ladstätter - Steskal 2009; Iro - Schwaiger - Waldner 2009;
Schindel 2009; Quatember u. a. 2008. Auch die Ergebnisse zur Datierung von Heroon und Oktogon wurden bereits
summarisch vorgelegt: Waldner 2009.
 
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