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Waldner, Alice; Österreichisches Archäologisches Institut [Mitarb.]
Die Chronologie der Kuretenstraße: Archäologische Evidenzen zur Baugeschichte des unteren Embolos von Ephesos von der lysimachischen Neugründung bis in die byzantinische Zeit — Forschungen in Ephesos, Band 11,4: Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, 2020

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https://doi.org/10.11588/diglit.52321#0164
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4 EXKURS: TECHNOLOGISCHE UND TYPOLOGISCHE
ÜBERLEGUNGEN ZUR KURETENSTRASSE
Der Forschungsstand zu den Straßen und ihrer Typologie im griechischen und römischen Klein-
asien kann zwar nicht als erschöpfend, aber für die hier nur kursorischen Überlegungen als
ausreichend bezeichnet werden. Studien zum römischen Straßensystem, aber auch zu den vor-
und frührömischen Straßen in Kleinasien stammen vor allem von D. H. French908. Einzelstudien
wurden im Rahmen des 2004 am DAI Rom veranstalteten internationalen Kolloquiums »Stadt-
verkehr in der antiken Welt« veröffentlicht909. Man kann insgesamt davon ausgehen, dass in
Kleinasien die grundsätzlichen Kriterien der griechischen und römischen Straßenbautechnologie
zum Einsatz kamen, unter Berücksichtigung lokal vorhandener Rohstoffe und Erfahrungen im
Straßenbau.
Mit neuen Forschungen zur hellenistischen und römischen Stadtplanung und damit einherge-
hend dem Straßenraster von Ephesos befasste sich S. Groh910. Einzelne Aspekte wie die Zugäng-
lichkeit der die Kuretenstraße flankierende Bebauung wurden von U. Quatember analysiert911.
4.1 TYPOLOGIE UND ORGANISATION DER KURETENSTRASSE
Die durchschnittliche Breite der rund 216 m langen Kuretenstraße beträgt in ihrem letzten fassba-
ren, heute noch sichtbaren Zustand 6-8 m. Sie ist begleitet von 3,5-5 m breiten Säulenhallen912.
Die Straßentrasse fällt - bedingt durch die topografischen Gegebenheiten - von Ost (30,28 m
ü. d. M. vor dem Heraklestor) nach West (9,77 m ü. d. M. vor der Celsusbibliothek) mit einem
Gefälle von 10,5 % stark ab913.
Typologisch kommt der Begriff >Plataia< einer Definition des Embolos und der Kuretenstraße
am nähesten: Damit werden Ost-West-Straßen oder Längsstraßen einer Stadt bezeichnet914, die
allerdings eine einheitliche Breite von 5 m aufweisen915. Die breitere Anlage der Kuretenstraße
sowie ihr diagonaler Verlauf durch die Stadt sind nach neuesten Erkenntnissen zur hellenisti-
schen Urbanistik möglicherweise damit zu erklären, dass der Neugründung kein einheitliches
Planungsschema zugrunde lag, sondern »im Sinne der aristotelischen Stadtplanung verschiedene
Bebauungsschemata miteinander kombiniert wurden«916.

908 s. z. B. French 1980.
909 Hoffmann 2008 (kleinasiatische Städte); Bauer 2008 (Konstantinopel). Die restlichen Beiträge betreffen in erster
Linie Rom und den Westen des Römischen Reiches sowie Griechenland.
910 Groh 2006.
911 Quatember 2014.
912 Thür 1999b, 110 f. Dort finden sich auch Vorschläge zur Rekonstruktion und Überdachung der Säulenhallen.
913 Quatember 2014, 104 f.
914 Im Unterschied zu Stenopoi (schmälere Querstraßen mit 3 m Breite), s. z. B. Groh 2006, 56 mit Amn. 25. 113. Zu
dem Begriff HAATEIA, der auf einer Inschrift am Hadrianstor genannt ist (IvE 422A) und auf einen Straßenzug
bezogen sein kann, aber »in Städten, die auf alte Gründungen zurückgehen«, auch auf den Prozessionsweg, wäh-
rend in hellenistischen Neugründungen die parallel verlaufenden Hauptstraßen und die wichtigsten Querstraßen
gemeint sind, s. außerdem Thür 1989, 71 f. mit Amn. 5-8. Als Straßenname ist »Plateia« in Ephesos inschriftlich
noch drei weitere Male bezeugt: die Straße, die vom Prytaneion bis zur Einmündung in die Plateia hinabführt,
wurde gepflastert, ebenso ein Stück Plateia im Koressos; schließlich nennt eine Grabinschrift die Bewohner der
Plateia. Eine weitere Möglichkeit ist der Bezug des Namens auf eine Personengruppe, s. Thür 1989, 72 mit Quel-
lenangaben und weiterführender Lit. in den Amn. 9-13. Zu der Zuordnung von »Plateia« zur sog. Marmorstraße
s. Thür 1995a, 80; übernommen von Hoffmann 2008, 49.
915 Groh 2006, 70. Im Zwölf-Tafel-Gesetz (Dig. 8, 3, 8) ist festgeschrieben, dass eine Via, wenn sie geradeaus führt,
8 Fuß, an Abbiegungen 16 Fuß breit sein soll. Dies hatte aber nicht einmal für Rom Gültigkeit und ist wohl ebenso
wenig für die Kuretenstraße anzunehmen. Eck 2008, 61 mit Amn. 9.
916 Ladstätter 2016, 251 f. mit weiterführenden Argumenten und Lit. Dahingegen frühere Untersuchungen zur Stadt-
planung von Ephesos, z. B. Groh 2006, 113, der die Orientierung der Kurentenstraße noch darauf zurückführt,
dass es sich um einen innerstädtischen, aus der Tradition heraus entstandenen Teilabschnitt eines Prozessionswegs
handelte, dessen Orientierung im Großen und Ganzen durch alle Entwicklungsstufen der Stadt beibehalten wurde.
 
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