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Waldner, Alice; Österreichisches Archäologisches Institut [Contr.]
Die Chronologie der Kuretenstraße: Archäologische Evidenzen zur Baugeschichte des unteren Embolos von Ephesos von der lysimachischen Neugründung bis in die byzantinische Zeit — Forschungen in Ephesos, Band 11,4: Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, 2020

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.52321#0189
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188

7 Zusammenfassung

Bereich der Schwelle zwischen dem Quaderbau R 45 und dem Raum 45c exemplarisch zu
belegen. Die Südseite des Embolos wurde zudem von Einzelmonumenten mit öffentlichen und
repräsentativen Funktionen flankiert, deren chronologische Einordnung und Interpretation sich
wesentlich präzisieren ließen.
Wie die Auswertung des Fundmaterials ergab, dürfte das hellenistische Brunnenhaus bereits
im 3. Jahrhundert v. Chr. errichtet worden sein und stellt somit das bislang älteste Gebäude am
Embolos dar. Der Auftraggeber für den Brunnen ist nicht bekannt, möglicherweise handelte es
sich um eine private Stiftung oder um eine von öffentlicher Hand finanzierte Versorgungseinrich-
tung. Im zweiten Viertel des 1. Jahrhunderts v. Chr. folgte das Heroon, ebenfalls ein öffentlicher
Brunnenbau, der vielleicht die Funktion des älteren Schachtbrunnens in Raum WT 2 übernahm.
Für das bislang als Heroon für den mythischen Stadtgründer Androklos interpretierte Gebäude
werden hier alternative Interpretationsvorschläge als öffentliche Einrichtung in Zusammenhang
mit städtischer Munifizenz geboten, auch ein möglicher Zusammenhang mit Mithridates und der
>Ephesischen Vespen wird zur Diskussion gestellt.
In augusteischer Zeit wurden der Südseite des unteren Embolos mit dem Oktogon und dem
Hexagon zwei weitere Monumente hinzugefügt. Wie aus ihrer modernen Bezeichnung her-
vorgeht, weisen beide Gebäude einen polygonalen Grundriss auf, sind aber in ihrem Aufge-
henden - soweit zu rekonstruieren - unterschiedlich gestaltet und dimensioniert gewesen. Das
kleiner dimensionierte und etwas ältere Monument ist das Hexagon; wenige keramische Funde
erlauben seine grobe zeitliche Einordnung in die zweite Hälfte des 1. Jahrhunderts v. Chr. Das
größere und imposantere der beiden Gebäude ist das Oktogon. Die Bestattung einer jungen
Frau in seiner Grabkammer und auch seine oktogonale Form führten zu einer nahezu einhellig
akzeptierten Interpretation als dynastische Grabstätte für Arsinoe IV, die 41 v. Chr. in Ephesos
ermordet worden war. Die Auswertung der Funde aus dem südlichen Fundamentbereich des
Oktogons (Raum 45c) und der Bauornamentik erbrachte eine eindeutige Datierung in das letzte
Viertel des 1. Jahrhunderts v. Chr. - das Gebäude dürfte also erst rund 20 Jahre nach der Ermor-
dung Arsinoes fertig gestellt worden sein. Daher werden auch für diesen Bau hier alternative
Interpretationsmöglichkeiten im Zusammenhang mit dem städtischen Euergetismus zur Zeit des
Augustus vorgeschlagen.
In der Kaiserzeit war die Kuretenstraße der Hauptboulevard der Stadt, das Erscheinungsbild
des unteren Embolos wurde im Süden ab der augusteischen Zeit von den Einzelmonumenten
sowie den dahinterliegenden Wohneinheiten der prunkvollen Hanghäuser und im Norden durch
ein großes Peristylhaus im Westen der Insula M/l geprägt. Der Zeitpunkt der ersten Ausstattung
der zuvor geschotterten Straße mit Marmorplatten und der genaue Zeitpunkt der Anlage der Säu-
lenhallen können mangels entsprechender Fundkomplexe im untersuchten Bereich archäologisch
nicht genauer gefasst werden. Die Pflasterung mit Marmorplatten erfolgte der epigrafischen Über-
lieferung nach zu schließen in domitianischer Zeit und ging vermutlich mit einer Umwandlung
der flankierenden Bereiche in Säulenhallen einher. Allerdings ist eine frühere Neuausstattung der
Straße - analog etwa zur sog. Marmorstraße - oder eine sukzessive Neugestaltung der Straße
ex silentio nicht auszuschließen.
An der unmittelbaren Nordseite des unteren Embolos sind nur wenige kaiserzeitliche Bau-
aktivitäten nachzuweisen: Sie beschränken sich auf zwei Kanäle im Bereich der späteren Kure-
tenhalle, die sich in das 1. Jahrhundert n. Chr. datieren lassen.
Von einschneidender Bedeutung für die Gestaltung und das Erscheinungsbild des unteren
Embolos war mit Sicherheit die Errichtung der Celsusbibliothek, die ab 110 n. Chr. einen ein-
drucksvollen westlichen Abschluss des Quartiers bildete. Nur wenig später wurde mit dem
sog. Hadrianstor der Südseite des unteren Embolos ein Propylon hinzugefügt. Dieses bildete
den monumentalen Durchgang zur Stiegengasse 3, an deren Ostseite die Eingänge zu den Wohn-
einheiten der ephesischen Aristokratie lagen. Mit dem Ersatz des Kieselbelags der Kuretenstraße
durch ein Marmorpflaster und der zunehmend monumentalen Ausgestaltung als Säulenstraße
ging vermutlich ein grundlegender Funktionswandel einher: Sie wurde in der mittleren römi-
 
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