X | Forschungsbegleitende Sicherungen
(Martino La Torre)
X.l Situationsbeschreibung - Erhaltungszustand
Das Vediusgymnasium hat seit den ersten Ausgrabungen vor nunmehr 80 Jahren nur an wenigen Stellen Maßnahmen zur Konservierung und Präsen-
tation erfahren. Seit diesem Zeitpunkt war die Anlage vor allem in ihren damals ergrabenen Bereichen ungeschützt sich selbst überlassen (Taf. 4, 5).
Mit dem Beginn der Altgrabung in den 1920er Jahren verstärkte sich der Vandalismus; einige Architekturstücke sind schon unter der Grabungsleitung
von J. Keil verschwunden1764. Im Jahr 1929 beschreibt Keil den Zustand der Anlage bereits im Vergleich zur Zeit E. Falkeners als wesentlich ver-
schlechtert und sieht darin ein Argument für die Dringlichkeit der Bearbeitung der Anlage1765.
Substanzsichernde Aktivitäten fanden jedoch nur in geringem Umfang während der Ausgrabungen in den 1920er Jahren und durch F. Miltner 1958
statt1766. Zu diesen Maßnahmen zählten das wiederholte Aufrichten der Säulen in der Latrine 2 (Taf. 22, 1), das Aufstellen von Architekturproben
(Taf. 35, 2. 6-7; 49; 64, 5-6; 92, 7), das Versetzen und Vermörteln von Türgewänden und das provisorische Ordnen von Architekturteilen in der Paläs-
tra (Taf. 42, 7; 44, 5) und im Marmorsaal1767.
Die offenen Ränder der ergrabenen Marmorfußböden wurden mit Mörtel angeböscht und das Mosaik im Flügelsaal lila mit Ziegeln und feiner Erde
abgedeckt. Diese Maßnahmen haben sich als sehr sinnvoll erwiesen und die ansonst ungeschützten Böden bis heute erhalten. Witterung, Vandalismus
und intensiver Bewuchs haben jedoch im gesamten Gebäude deutliche Schäden hinterlassen, die nicht nur die Einzelbefunde betrafen. Die Gefährdung
der Standsicherheit einzelner Bereiche hätte auch den Totalverlust einzelner Gebäudepartien zur Folge haben können1768.
X.2 Vorläufiges denkmalpflegerisches Konzept
Um die Befunde zu sichern und die Stand- und Arbeitssicherheit zu gewährleisten, wurde mit der Neuaufnahme der Arbeiten am Vediusgymnasium
ein vorläufiges denkmalpflegerisches Konzept erstellt, das die forschungsbegleitend zu ergreifenden Maßnahmen definieren sollte. Dieser Maßnah-
menkatalog zur Sicherung der Bausubstanz im Zuge der neu aufgenommenen wissenschaftlichen Bearbeitung war erforderlich, um vor Ort einzelne
Schadensbilder gezielt denkmalpflegerisch und konservatorisch schlüssig in Angriff nehmen zu können1769. Es erschien von Beginn an vordringlich,
die Anlage nach Abschluss der Arbeiten nicht in einem schlechteren Zustand zurückzulassen als sie zu Beginn der Neuaufnahme der Forschungen
angetroffen worden war1770.
Die Vorläufigkeit des zugrundeliegenden Konzeptes soll unterstreichen, dass es sich hierbei nur um Notsicherungen handelte, die die wissenschaftliche
Untersuchung begleiteten und diese in einigen Fällen aus Gründen der Arbeitssicherheit sogar erst ermöglichten. Es wurden jedoch keine umfangreichen
Restaurierungsmaßnamen beschrieben oder festgelegt, da es nicht Ziel war, ein Gesamtkonzept zur Konservierung oder Präsentation der Ruine zu er-
stellen. Trotzdem wurde ein Leitfaden für den Umgang mit verschiedenen Schadensfällen angelegt. Auch waren keine aufwendigen Restaurierungen
zur optischen Verbesserung der Ruine vorgesehen1771. In der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit dem Bau wurden nur Maßnahmen mit notsi-
cherndem Charakter durchgeführt und keine Generalkonservierung neben der wissenschaftlichen Bearbeitung projektiert. Die Sicherung der gefährdeten
Bereiche der Substruktionen war von elementarer Bedeutung, ihr Fortbestand ist Voraussetzung für den Erhalt des Thermengeschosses darüber. Mit
den forschungsbegleitenden Sicherungen wurde im Jahr 2002 begonnen.
Die Altgrabung hat mit dem Freilegen des Gebäudes in die antike Geländemodellierung eingegriffen und die bis zu diesem Zeitpunkt noch sichtbare
Säulenstraße südlich des Vediusgymnasiums meterhoch mit Aushub bedeckt (Taf. 2, 2-3; 3, 3; 35, 1. 3. 5)1772. Auch vor der Nordfassade war ein
Schuttkegel vor den Räumen C und D auf der Terrasse und auch nördlich davon von der Palästra abgekippt worden (Taf. 229, l)1773. In den 1950er
Jahren wurden die zwei nördlichen Tabernen an der Westfassade mit Aushub verfällt.
Die enormen Massen auf der Säulenstraße konnten nicht beseitigt und auch die Tabernen nicht erneut ausgegraben werden. Nur der Schuttkegel, der
einen Teil der Nordfassade verdeckte und in die Räume der Substruktionen gelaufen war, wurde beseitigt (Taf. 229, 2; 236, 3^4). Für die neue Grabung
wurde darauf geachtet, dass der Abraum immer möglichst zeitnah aus dem Umfeld des Gebäudes abtransportiert wurde, um die Situation auf der
Säulenstraße nicht zu verschärfen.
1764 .1. Keil, Eintrag im Grabungstagebuch vom 5. 9. 1935; Steskal - La Torre 2001,
236 ff.
1765 Keil 1929a, 22: »Eine Untersuchung gerade dieses Gebäudes musste auch deshalb
besonders dringlich erscheinen, weil die bequeme Lage an der Fahrstraße immer
wieder zu einer Ausbeutung auf Steinmaterial verlockt hat, sodaß der Erhaltungs-
zustand der Ruine heute bereits wesentlich schlechter ist als zur Zeit der Planauf-
nahme Falkeners.« Falkener 1862, 99 f.
1766 J. Keil, Bericht an die Direktion des ÖAI vom 7. 1. 1928: »Zum Schluß soll noch
erwähnt werden, daß wir die ausgegrabenen Gebäude durch zweckentsprechende
Maßnahmen gegen Zerstörung geschützt und daß wir namentlich die Ruine des
Gebäudes beim Stadion durch umfangreiche Aufräumungs- und Restaurierungs-
arbeiten in einen Zustand gebracht haben, der dem Archäologen das Studium er-
möglicht, jedem Laien aber eine eindrucksvolle Vorstellung von der Pracht der
einstigen Anlage vermittelt.« Miltner 1960, 69 ff. Abb. 44-45.
1767 Anhaltender Vandalismus hat bereits in den 1920er Jahren Grabungsbefunde zer-
stört, Steskal - La Torre 2001. Auch gab es wiederholt Fälle von ‘Spolienver-
schleppung’; Tagebuch J. Keil vom 5. 9. 1935: »Wie schon im Tagebuch bemerkt,
ist das Fehlen der Architektur bes. im Vediusgymnasium und an dem Bibliotheks-
platz sehr schmerzlich, auch die Kapitelle der Johanneskirche vermisse ich.« 2004
wurden ein Architrav der Palästra sowie ein Architravblock des Marmorsaals auf
der Tetragonos Agora wiedergefunden, der noch 1927 von M. Theuer im Vedius-
gymnasium gezeichnet wurde, Theuer-Zeichnung: Peristyl 17 vom 12. 10. 1927
(Taf. 52, 3). Die Delfmwangen der Latrine, die von F. Miltner in der Latrine wieder-
aufgestellt waren, wurden zu Beginn des Projekts zum Abtransport vorbereitet
aufgefunden.
1768 Steskal - La Torre 2001, 236.
1769 La Torre 2006a, 100 f. Der Maßnahmenkatalog wurde im Vorfeld mit dem Leiter
der Ausgrabungen, F. Krinzinger, sowie dem Institutsrestaurator, K. Herold, abge-
stimmt.
1770 Steskal - La Torre 2001, 242.
1771 Steskal - La Torre 2001, 242.
1772 Steskal - La Torre 2001, 237.
1773 Dieser Kegel reichte bis auf das antike Niveau der Palästra, vgl. historisches Gra-
bungsfoto InvNr. A-W-OAI-N I 0029 (Taf. 2, 3).
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(Martino La Torre)
X.l Situationsbeschreibung - Erhaltungszustand
Das Vediusgymnasium hat seit den ersten Ausgrabungen vor nunmehr 80 Jahren nur an wenigen Stellen Maßnahmen zur Konservierung und Präsen-
tation erfahren. Seit diesem Zeitpunkt war die Anlage vor allem in ihren damals ergrabenen Bereichen ungeschützt sich selbst überlassen (Taf. 4, 5).
Mit dem Beginn der Altgrabung in den 1920er Jahren verstärkte sich der Vandalismus; einige Architekturstücke sind schon unter der Grabungsleitung
von J. Keil verschwunden1764. Im Jahr 1929 beschreibt Keil den Zustand der Anlage bereits im Vergleich zur Zeit E. Falkeners als wesentlich ver-
schlechtert und sieht darin ein Argument für die Dringlichkeit der Bearbeitung der Anlage1765.
Substanzsichernde Aktivitäten fanden jedoch nur in geringem Umfang während der Ausgrabungen in den 1920er Jahren und durch F. Miltner 1958
statt1766. Zu diesen Maßnahmen zählten das wiederholte Aufrichten der Säulen in der Latrine 2 (Taf. 22, 1), das Aufstellen von Architekturproben
(Taf. 35, 2. 6-7; 49; 64, 5-6; 92, 7), das Versetzen und Vermörteln von Türgewänden und das provisorische Ordnen von Architekturteilen in der Paläs-
tra (Taf. 42, 7; 44, 5) und im Marmorsaal1767.
Die offenen Ränder der ergrabenen Marmorfußböden wurden mit Mörtel angeböscht und das Mosaik im Flügelsaal lila mit Ziegeln und feiner Erde
abgedeckt. Diese Maßnahmen haben sich als sehr sinnvoll erwiesen und die ansonst ungeschützten Böden bis heute erhalten. Witterung, Vandalismus
und intensiver Bewuchs haben jedoch im gesamten Gebäude deutliche Schäden hinterlassen, die nicht nur die Einzelbefunde betrafen. Die Gefährdung
der Standsicherheit einzelner Bereiche hätte auch den Totalverlust einzelner Gebäudepartien zur Folge haben können1768.
X.2 Vorläufiges denkmalpflegerisches Konzept
Um die Befunde zu sichern und die Stand- und Arbeitssicherheit zu gewährleisten, wurde mit der Neuaufnahme der Arbeiten am Vediusgymnasium
ein vorläufiges denkmalpflegerisches Konzept erstellt, das die forschungsbegleitend zu ergreifenden Maßnahmen definieren sollte. Dieser Maßnah-
menkatalog zur Sicherung der Bausubstanz im Zuge der neu aufgenommenen wissenschaftlichen Bearbeitung war erforderlich, um vor Ort einzelne
Schadensbilder gezielt denkmalpflegerisch und konservatorisch schlüssig in Angriff nehmen zu können1769. Es erschien von Beginn an vordringlich,
die Anlage nach Abschluss der Arbeiten nicht in einem schlechteren Zustand zurückzulassen als sie zu Beginn der Neuaufnahme der Forschungen
angetroffen worden war1770.
Die Vorläufigkeit des zugrundeliegenden Konzeptes soll unterstreichen, dass es sich hierbei nur um Notsicherungen handelte, die die wissenschaftliche
Untersuchung begleiteten und diese in einigen Fällen aus Gründen der Arbeitssicherheit sogar erst ermöglichten. Es wurden jedoch keine umfangreichen
Restaurierungsmaßnamen beschrieben oder festgelegt, da es nicht Ziel war, ein Gesamtkonzept zur Konservierung oder Präsentation der Ruine zu er-
stellen. Trotzdem wurde ein Leitfaden für den Umgang mit verschiedenen Schadensfällen angelegt. Auch waren keine aufwendigen Restaurierungen
zur optischen Verbesserung der Ruine vorgesehen1771. In der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit dem Bau wurden nur Maßnahmen mit notsi-
cherndem Charakter durchgeführt und keine Generalkonservierung neben der wissenschaftlichen Bearbeitung projektiert. Die Sicherung der gefährdeten
Bereiche der Substruktionen war von elementarer Bedeutung, ihr Fortbestand ist Voraussetzung für den Erhalt des Thermengeschosses darüber. Mit
den forschungsbegleitenden Sicherungen wurde im Jahr 2002 begonnen.
Die Altgrabung hat mit dem Freilegen des Gebäudes in die antike Geländemodellierung eingegriffen und die bis zu diesem Zeitpunkt noch sichtbare
Säulenstraße südlich des Vediusgymnasiums meterhoch mit Aushub bedeckt (Taf. 2, 2-3; 3, 3; 35, 1. 3. 5)1772. Auch vor der Nordfassade war ein
Schuttkegel vor den Räumen C und D auf der Terrasse und auch nördlich davon von der Palästra abgekippt worden (Taf. 229, l)1773. In den 1950er
Jahren wurden die zwei nördlichen Tabernen an der Westfassade mit Aushub verfällt.
Die enormen Massen auf der Säulenstraße konnten nicht beseitigt und auch die Tabernen nicht erneut ausgegraben werden. Nur der Schuttkegel, der
einen Teil der Nordfassade verdeckte und in die Räume der Substruktionen gelaufen war, wurde beseitigt (Taf. 229, 2; 236, 3^4). Für die neue Grabung
wurde darauf geachtet, dass der Abraum immer möglichst zeitnah aus dem Umfeld des Gebäudes abtransportiert wurde, um die Situation auf der
Säulenstraße nicht zu verschärfen.
1764 .1. Keil, Eintrag im Grabungstagebuch vom 5. 9. 1935; Steskal - La Torre 2001,
236 ff.
1765 Keil 1929a, 22: »Eine Untersuchung gerade dieses Gebäudes musste auch deshalb
besonders dringlich erscheinen, weil die bequeme Lage an der Fahrstraße immer
wieder zu einer Ausbeutung auf Steinmaterial verlockt hat, sodaß der Erhaltungs-
zustand der Ruine heute bereits wesentlich schlechter ist als zur Zeit der Planauf-
nahme Falkeners.« Falkener 1862, 99 f.
1766 J. Keil, Bericht an die Direktion des ÖAI vom 7. 1. 1928: »Zum Schluß soll noch
erwähnt werden, daß wir die ausgegrabenen Gebäude durch zweckentsprechende
Maßnahmen gegen Zerstörung geschützt und daß wir namentlich die Ruine des
Gebäudes beim Stadion durch umfangreiche Aufräumungs- und Restaurierungs-
arbeiten in einen Zustand gebracht haben, der dem Archäologen das Studium er-
möglicht, jedem Laien aber eine eindrucksvolle Vorstellung von der Pracht der
einstigen Anlage vermittelt.« Miltner 1960, 69 ff. Abb. 44-45.
1767 Anhaltender Vandalismus hat bereits in den 1920er Jahren Grabungsbefunde zer-
stört, Steskal - La Torre 2001. Auch gab es wiederholt Fälle von ‘Spolienver-
schleppung’; Tagebuch J. Keil vom 5. 9. 1935: »Wie schon im Tagebuch bemerkt,
ist das Fehlen der Architektur bes. im Vediusgymnasium und an dem Bibliotheks-
platz sehr schmerzlich, auch die Kapitelle der Johanneskirche vermisse ich.« 2004
wurden ein Architrav der Palästra sowie ein Architravblock des Marmorsaals auf
der Tetragonos Agora wiedergefunden, der noch 1927 von M. Theuer im Vedius-
gymnasium gezeichnet wurde, Theuer-Zeichnung: Peristyl 17 vom 12. 10. 1927
(Taf. 52, 3). Die Delfmwangen der Latrine, die von F. Miltner in der Latrine wieder-
aufgestellt waren, wurden zu Beginn des Projekts zum Abtransport vorbereitet
aufgefunden.
1768 Steskal - La Torre 2001, 236.
1769 La Torre 2006a, 100 f. Der Maßnahmenkatalog wurde im Vorfeld mit dem Leiter
der Ausgrabungen, F. Krinzinger, sowie dem Institutsrestaurator, K. Herold, abge-
stimmt.
1770 Steskal - La Torre 2001, 242.
1771 Steskal - La Torre 2001, 242.
1772 Steskal - La Torre 2001, 237.
1773 Dieser Kegel reichte bis auf das antike Niveau der Palästra, vgl. historisches Gra-
bungsfoto InvNr. A-W-OAI-N I 0029 (Taf. 2, 3).
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