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Heberdey, Rudolf [Hrsg.]; Niemann, G. [Hrsg.]; Wilberg, Wilhelm [Hrsg.]; Österreichisches Archäologisches Institut [Mitarb.]
Das Theater in Ephesos — Forschungen in Ephesos, Band 2: Wien: Alfred Hölder, 1912

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https://doi.org/10.11588/diglit.54697#0230
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199

II. Ephesische Prytanen im ersten Jahrhundert v. Chr.
Für die Datierung der in Nr. 30 erhaltenen, im ganzen 34 Jahre umfassenden Liste stehen mehr-
fache Anhaltspunkte zu Gebote. Zunächst bestätigt sich die oben aus paläographischen Gründen
gegebene Ansetzung innerhalb des ersten vorchristlichen Jahrhundertes durch folgende Erwägungen:
Der Kult der Roma, deren Priester in 1 —12 zugleich als Agonotheten fungieren, gibt, da das
Jahr seiner Einführung nicht bekannt ist, keine obere, wohl aber für Άγαθ-ήνωρ II (12) eine untere Zeit-
grenze ab, insoferne er vor 29 v. Chr. fallen muß, da in diesem Jahre nach Dio Cass. LI 20 (vgl. F. Richter
Roscher Lex. d. Myth. IV 136) durch Erlaß des Augustus der Göttin der Divus Julius beigesellt wurde.
Anderseits fehlt in unserer Liste das Eponymenpaar von 98 v. Chr. (I. v. Pergamon I 268): Prytane
Σέλευκος, Romapriester Άρτεμίδωρος. Zwar könnte man daran denken, den Prytanen in eine der Lücken
nach 20 einzusetzen; dann müßte man aber den Beginn der Liste bis mindestens 118 v. Chr. hinaufrücken
(A), was sich schon wegen der paläographischen Verwandtschaft mit Nr. 18 (zwischen 4 und 14 η. Chr.)
wenig empfiehlt und durch die unten beizubringenden Identifikationen als unzulässig erweist. Als äußerste
Termine für die ganze Reihe gewinnen wir somit 97—64 v. Chr. und 41—8 v. Chr.
Unter diesen Umständen wird man nicht anstehen, den Agonotheten Βαδρόμιος (5) mit dem
gleichnamigen Prytanen des Skythesdekretes (Le Bas-Wadd. III 136 b) zu identifizieren, das nach Stil und
Schriftcharakter in das erste Jahrh. v. Chr. gesetzt wird. Chronologisch ist damit- allerdings wenig
gewonnen, da wir das Jahr seiner Prytanie nicht kennen.
Weiter führen die zwei von los. Flav. Ant. lud. XIV angeführten ephesischen Urkunden (über
ihre Zuverlässigkeit s. zuletzt E. Schürer, Gesch. d. jüd. Volkes, 3. u. 4. Aufl. I 56 f. A. 19; 105; III 15;
in A. 38 f.). Der Brief des Dolabella (XIV 10, 11), 44/3 v. Chr., ist datiert nach einem Prytanen
Άρτέμων, der aus dem folgenden Jahre stammende Beschluß der Ephesier (XIV 10, 25) nach dem
Prytanen Μηνόφιλος (vgl. o. zu Nr. 75). Wenigstens der erste Name findet sich in der Eponymenliste
(22), und nichts hindert, den zweiten in die unmittelbar folgende freie Stelle (23) einzusetzen (B).
Zwingend ist die Identifikation freilich nicht, da Άρτέμων kein gerade seltener Name ist, und losephus
den Vater nicht nennt. Man muß also auch mit der Möglichkeit rechnen, daß die ganze Reihe vor oder
nach Άρτέμων-Μηνόφιλος anzusetzen ist. Innerhalb der oben gesteckten Grenzen ist beides gerade noch
angängig; als äußerste Termine ergäben sich in ersterem Falle (C) 97—64 v. Chr. und 78—54 v. Chr., im
zweiten (D) 42/1—9/8 v. Chr.
Ein letztes Hilfsmittel bieten die auf den ephesischen Münzen erhaltenen Magistratsnamen. In
Betracht kommen, da 133 — 67 v. Chr. die Münzen nur die Zahlen der Provinzialära bieten, 67—58 ganz
fehlen (vgl. B. V. Head, History of the coinage of Ephesus S. 65 ff., 71), hauptsächlich die von Head
unter Period XII zusammengestellten Cistophoren mit römischen und griechischen Beamtennamen.
Leider konnte bis jetzt noch nicht festgestellt werden, welche Beamten von Ephesos in diesen Epochen
gemünzt haben. Immerhin darf man erwarten, wenigstens einige Namen von Münzmeistern in der Epo-
nymenliste wiederzufinden, falls sie wirklich annähernd in dieselbe Epoche fällt. Daß dies tatsächlich der
Fall ist, zeigt umstehende Tabelle, deren Revision und Ergänzung aus den Scheden des Corpus nummorum
ich R. Münsterbergs stets bereiter Freundlichkeit danke.
Die schon oben betonten Schwierigkeiten der Identifikation bestehen auch hier zu Recht, werden
aber wettgemacht durch die verhältnismäßig große Zahl der gemeinsamen Namen, die doch nicht gut
Zufall sein kann.
Bauen wir auf der gewonnenen Basis weiter, so zeigt sich zunächst, was bei der Besetzung beider
Stellen durch Wahl das Natürliche ist, daß zwischen Prytanie und Münzmeisteramt kein festes Intervall
besteht und überhaupt die Bekleidung des einen Amtes nicht an die des andern g'ebunden ist. Ander-
 
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