II. Bauteilanalyse
dieser Block etwa 25 cm oder mehr aus seiner originalen Lage
nach vor verschoben worden ist (Abb. 73; Taf. 117, 1; St.Pl. 1).
Wird er zurückversetzt, so kann einerseits mit sechs Stufen, die
sich im Zuschnitt an jenen orientieren, die vor der Ostseite auf-
gefunden wurden, und andererseits mit einem Sockel eine Frei-
treppe rekonstruiert werden (Taf. 121; St.Pl. 2). Die Stiege müss-
te 25 cm hinter den Säulenbasen ansetzen und etwa im selben
Abstand vor den Standplatten der dorischen Säulen enden. Seitlich
könnte die Treppenanlage mit Wangenmauern abgeschlossen wer-
den, wie sie bei vielen Altartreppen auftreten. Die Anlage muss
aufgrund des in .s/7z/-Bestands zumindest über das Mitteljoch und
bis zur Mitte der beiden anschließenden Joche reichen. Auf den
Wangenmauem eventuell angeordnete Skulpturen wären in der
Jochmitte gut sichtbar357. Einer der erhaltenen >Pfeilerblöcke<
(BO 1/476) kann als Wangenblock interpretiert werden (Taf. 110,
4-10; 121; 124; St.Pl. 2). Die schwachen, stufenförmigen Ab-
witterungsflächen auf seiner linken Seite können auf den An-
schluss von Stufenblöcken deuten358. Die fünf quer über die Mitte
der Oberseite geführten Stemmlöcher ergeben auf einem beidseits
freistehenden Pfeiler keinen Sinn. Wird allerdings ein Stufenstein
über einen anschließenden Wangenblock geschoben, um ihn gleich
daneben geringfügig abzusenken, so wird die Bedeutung der
Stemmlöcher klar359. Die Zuordnung des Blocks zu einer Stufen-
wange ist einem Pfeiler vorzuziehen. Eine Treppenanlage würde
die Sichtbarkeit der darübersitzenden Tür wesentlich weniger ein-
schränken als ein weiter vortretendes Bathron. Der Wangenblock,
die Stufenblöcke, die vor der Ostseite gefunden wurden, und
schließlich die bessere Sichtbarkeit sind starke Argumente für ein
Treppenmotiv vor der Nordfassade, sodass dieser Variante in der
Rekonstruktion der Vorzug gegeben wird360.
Für die Nordfassade im Obergeschoss wird somit ein nur gering-
fügig vorstehender Sockel vorgeschlagen, in dessen Mitte eine
breite Treppe zur mittigen Scheintür führte. Deren seitliche Wan-
gen in der jeweiligen Jochmitte bieten Platz für Skulpturen-
schmuck. Der Fassade vorgeblendet waren seitliche Antenpfeiler
und vermutlich vier von Blattkelchkapitellen bekrönte dorische
Säulen. In die Fassade waren vermutlich noch mindestens zwei
Fenster oder Nischen eingelassen, auch hier ist Skulpturenschmuck
möglich. Wahrscheinlich zwei Bossenstreifen gliedern die Wand
horizontal und könnten Hinweise auf unfertige und bislang fehlen-
de Wandfriese beim Monument darstellen (Abb. 81).
II.6 Werksteine anderer Gebäude
Im Nordosten des umzäunten Geländes liegen mehrere Blöcke, die
dem Mausoleumsbau nicht direkt zugeordnet werden können. Das
auffälligste Stück ist ein Profilblock, der wahrscheinlich von einer
Türverdachung, vielleicht auch von einem Gesims stammt (Abb.
74; Taf. 117, 2-4). Eine Sima wird oben von einer breiteren, unten
von einer schmalen Platte begrenzt. Die Oberfläche ist mit grobem
Zahneisen zugerichtet, vereinzelt sind noch Spitzeisenspuren er-
kennbar. Die untere Platte und die Kante zur oberen sind glatter
scharriert. An der Unterseite ist keine vordere Anathyrosis erkenn-
bar, die Spitzeisenoberfläche reicht bis zur Kante vor. Die Seiten-
flächen weisen entlang des Profils zwar eine Anathyrosis auf,
diese ist aber auch nur grob mit dem Zahneisen zugerichtet. Zur
Seite hin gibt es Verklammerungen. Die Oberseite ist sehr grob
mit dem Spitzeisen behauen. Ein Wolfsloch ist in ihrer Mitte
eingelassen. Seine Form folgt dem einfachen Schema mit schwal-
Abb. 74: Türverdachung (?) eines späteren Gebäudes
357 Wird die Treppe allerdings breiter rekonstruiert, sodass die Wangen genau hinter den
Säulen zu liegen kommen, so wird der Umgang blockiert und die Verwendbarkeit für
Statuenstandplätze verhindert.
358 Eine vergleichbare Situation findet sich etwa in Knidos an der Fronttreppe des Altars
vor dem Rundtempel (erste Hälfte des 2. Jhs. v. Chr.). Ein gleichartiger Block zeigt
Spuren der seitlichen Anschlussfläche für die Stufe. Bankel 1997, 53 Abb. 3. 5. 10.
In ähnlicher Weise wie in Abb. 10 angegeben wäre auch die Freitreppe in Belevi
vorstellbar. Schwach sichtbare, treppenförmige Abarbeitungen auch auf einem Wan-
genblock für die Freitreppe des Dionysostempels in Thera siehe Giese 2006, 119.
359 Wenn dieser Block nicht einer Stiegenwange, sondern einem Wandpfeiler angehört,
kann er nicht von einem Antenpfeiler stammen, da er keinen Pilastervorsprung aus-
bildet. Der Pfeiler müsste also aus dem Mittelbereich der Fassade stammen. Damit
ist in weiterer Folge auch von der Rekonstruktion mit vier Säulen in antis abzugehen
und stattdessen sind zwei Säulen zwischen vier Pfeiler zu setzen.
360 Treppenanlagen treten auch an vergleichbaren Monumenten auf. Im Artemision von
Sardis ist der Fußboden der Cella gegenüber dem Pronaos um 1,5 m angehoben, so
wie auch der Hof in Belevi höher liegt. Das höhere Niveau wird über eine vorgeleg-
te Treppe, die direkt hinter den Pronaossäulen ansetzt, erreicht. Zusätzliche Freitrep-
pen zwischen Altar und Tempel, sowie am Altar selbst ergänzen die Anlage. Vgl.
Gruben 1961, 179 f. Eine Anlage mit direkt hinter einer Kolonnade ansetzender
Treppe tritt am Ende des 3. Jhs. v. Chr. beim Heiligtum der Athena Lindia in Lindos
auf. Die Freitreppe der Propyläen setzt unmittelbar hinter der - später davor ge-
stellten - Stoa an, die Stufenwangen liegen weder in den Säulenachsen der Propylä-
en, noch in denen der Stoa. Dazu Lindos III/1 1960, PI 5L. 6H. 6L. 6N; Gruben 2001,
133
dieser Block etwa 25 cm oder mehr aus seiner originalen Lage
nach vor verschoben worden ist (Abb. 73; Taf. 117, 1; St.Pl. 1).
Wird er zurückversetzt, so kann einerseits mit sechs Stufen, die
sich im Zuschnitt an jenen orientieren, die vor der Ostseite auf-
gefunden wurden, und andererseits mit einem Sockel eine Frei-
treppe rekonstruiert werden (Taf. 121; St.Pl. 2). Die Stiege müss-
te 25 cm hinter den Säulenbasen ansetzen und etwa im selben
Abstand vor den Standplatten der dorischen Säulen enden. Seitlich
könnte die Treppenanlage mit Wangenmauern abgeschlossen wer-
den, wie sie bei vielen Altartreppen auftreten. Die Anlage muss
aufgrund des in .s/7z/-Bestands zumindest über das Mitteljoch und
bis zur Mitte der beiden anschließenden Joche reichen. Auf den
Wangenmauem eventuell angeordnete Skulpturen wären in der
Jochmitte gut sichtbar357. Einer der erhaltenen >Pfeilerblöcke<
(BO 1/476) kann als Wangenblock interpretiert werden (Taf. 110,
4-10; 121; 124; St.Pl. 2). Die schwachen, stufenförmigen Ab-
witterungsflächen auf seiner linken Seite können auf den An-
schluss von Stufenblöcken deuten358. Die fünf quer über die Mitte
der Oberseite geführten Stemmlöcher ergeben auf einem beidseits
freistehenden Pfeiler keinen Sinn. Wird allerdings ein Stufenstein
über einen anschließenden Wangenblock geschoben, um ihn gleich
daneben geringfügig abzusenken, so wird die Bedeutung der
Stemmlöcher klar359. Die Zuordnung des Blocks zu einer Stufen-
wange ist einem Pfeiler vorzuziehen. Eine Treppenanlage würde
die Sichtbarkeit der darübersitzenden Tür wesentlich weniger ein-
schränken als ein weiter vortretendes Bathron. Der Wangenblock,
die Stufenblöcke, die vor der Ostseite gefunden wurden, und
schließlich die bessere Sichtbarkeit sind starke Argumente für ein
Treppenmotiv vor der Nordfassade, sodass dieser Variante in der
Rekonstruktion der Vorzug gegeben wird360.
Für die Nordfassade im Obergeschoss wird somit ein nur gering-
fügig vorstehender Sockel vorgeschlagen, in dessen Mitte eine
breite Treppe zur mittigen Scheintür führte. Deren seitliche Wan-
gen in der jeweiligen Jochmitte bieten Platz für Skulpturen-
schmuck. Der Fassade vorgeblendet waren seitliche Antenpfeiler
und vermutlich vier von Blattkelchkapitellen bekrönte dorische
Säulen. In die Fassade waren vermutlich noch mindestens zwei
Fenster oder Nischen eingelassen, auch hier ist Skulpturenschmuck
möglich. Wahrscheinlich zwei Bossenstreifen gliedern die Wand
horizontal und könnten Hinweise auf unfertige und bislang fehlen-
de Wandfriese beim Monument darstellen (Abb. 81).
II.6 Werksteine anderer Gebäude
Im Nordosten des umzäunten Geländes liegen mehrere Blöcke, die
dem Mausoleumsbau nicht direkt zugeordnet werden können. Das
auffälligste Stück ist ein Profilblock, der wahrscheinlich von einer
Türverdachung, vielleicht auch von einem Gesims stammt (Abb.
74; Taf. 117, 2-4). Eine Sima wird oben von einer breiteren, unten
von einer schmalen Platte begrenzt. Die Oberfläche ist mit grobem
Zahneisen zugerichtet, vereinzelt sind noch Spitzeisenspuren er-
kennbar. Die untere Platte und die Kante zur oberen sind glatter
scharriert. An der Unterseite ist keine vordere Anathyrosis erkenn-
bar, die Spitzeisenoberfläche reicht bis zur Kante vor. Die Seiten-
flächen weisen entlang des Profils zwar eine Anathyrosis auf,
diese ist aber auch nur grob mit dem Zahneisen zugerichtet. Zur
Seite hin gibt es Verklammerungen. Die Oberseite ist sehr grob
mit dem Spitzeisen behauen. Ein Wolfsloch ist in ihrer Mitte
eingelassen. Seine Form folgt dem einfachen Schema mit schwal-
Abb. 74: Türverdachung (?) eines späteren Gebäudes
357 Wird die Treppe allerdings breiter rekonstruiert, sodass die Wangen genau hinter den
Säulen zu liegen kommen, so wird der Umgang blockiert und die Verwendbarkeit für
Statuenstandplätze verhindert.
358 Eine vergleichbare Situation findet sich etwa in Knidos an der Fronttreppe des Altars
vor dem Rundtempel (erste Hälfte des 2. Jhs. v. Chr.). Ein gleichartiger Block zeigt
Spuren der seitlichen Anschlussfläche für die Stufe. Bankel 1997, 53 Abb. 3. 5. 10.
In ähnlicher Weise wie in Abb. 10 angegeben wäre auch die Freitreppe in Belevi
vorstellbar. Schwach sichtbare, treppenförmige Abarbeitungen auch auf einem Wan-
genblock für die Freitreppe des Dionysostempels in Thera siehe Giese 2006, 119.
359 Wenn dieser Block nicht einer Stiegenwange, sondern einem Wandpfeiler angehört,
kann er nicht von einem Antenpfeiler stammen, da er keinen Pilastervorsprung aus-
bildet. Der Pfeiler müsste also aus dem Mittelbereich der Fassade stammen. Damit
ist in weiterer Folge auch von der Rekonstruktion mit vier Säulen in antis abzugehen
und stattdessen sind zwei Säulen zwischen vier Pfeiler zu setzen.
360 Treppenanlagen treten auch an vergleichbaren Monumenten auf. Im Artemision von
Sardis ist der Fußboden der Cella gegenüber dem Pronaos um 1,5 m angehoben, so
wie auch der Hof in Belevi höher liegt. Das höhere Niveau wird über eine vorgeleg-
te Treppe, die direkt hinter den Pronaossäulen ansetzt, erreicht. Zusätzliche Freitrep-
pen zwischen Altar und Tempel, sowie am Altar selbst ergänzen die Anlage. Vgl.
Gruben 1961, 179 f. Eine Anlage mit direkt hinter einer Kolonnade ansetzender
Treppe tritt am Ende des 3. Jhs. v. Chr. beim Heiligtum der Athena Lindia in Lindos
auf. Die Freitreppe der Propyläen setzt unmittelbar hinter der - später davor ge-
stellten - Stoa an, die Stufenwangen liegen weder in den Säulenachsen der Propylä-
en, noch in denen der Stoa. Dazu Lindos III/1 1960, PI 5L. 6H. 6L. 6N; Gruben 2001,
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