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Fiedler, Karl Gustav
Reise durch alle Theile des Königreiches Griechenland: in Auftrag der Königl. Griechischen Regierung in den Jahren 1834 - 1837 (Band 1): Mit 6 lithographirten Ansichten — Leipzig, 1840

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https://doi.org/10.11588/diglit.9173#0060
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DAS LAURIONGEBIUG.

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(xijnoi), in welchen eine herrliche Statue der Göttin stand, daher;
nennt man diesen Platz noch Angelo-kipos. Bis in den letzten
Jahren unter türkischer Herrschaft versammelten sich dort im
Frühling Griechinnen und Türkinnen , um bei festlichen Gelagen
und Tänzen, eine Nachfeier der Göttin zu Ehren zu halten, bei
welcher keine Männer zugegen sein durften; ob es jetzt noch üb-
lich ist, weiss ich nicht. Hinter dem Olivenhain tritt Glimmer-
schiefer auf, in Norden fallend, wie der Thonschiefer bei Athen;
dann geht es ein Paar Stundeu weit über öde Heide , am nord-
westlichen Fuss des Hymettos hin, dessen lang gezogenen Ge-
birgsrücken man umgehen muss. Eröffnen dereinst liier berg-
männische Arbeiten quellend Wasser, so werden in der stprken
Erdbedcckung reiche Felder und Gärten freudig gedeihen. Der
grössere Weg geht grade fort, wir aber wandten uns einen Fuss-
weg rechts hinauf, auf den letzten Vorsprung des Gebirges, auf
welchem ein vor 15 Jahren verlassenes Kloster Stäwrüh (Kreutz),
genannt, steht, um Schutz zu suchen vor der glühenden Sonnen-
hitze, und zogen zum Thore hinein, in den dur-ch eine Mauer
viereckig umgrenzten Hofraum, in welchem jetzt noch reichlich
Gras und Kräuter wuchsen. Die Pferde wurden abgepackt, da-
mit sie grasen und rasten konnten. Mitten im Hofraum stand ein
schattiger Maulbeerbaum , unter welchem wir uns lagerten. Eine
noch wohl erhaltene ziemlich grosse Cisterne versorgte uns mit
frischem Wasser. Man pflegt gewöhnlich von 11 bis 3 oder 4
Uhr zu rasten, wo es Wasser und vielleicht ein wenig Weide für
die Pferde giebt, obgleich zu dieser Zeit nicht die grösste Hitze
ist, denn dann weht stets erfrischende Seeluft. Die Kirche steht
dem Eingangsthor gegenüber, in der kleinern Hälfte des um-
grenzten llaumes, wenig grösser als eine Kapelle. Die Gesich-
ter , besonders die Augen der an die Wände gemahlten Heiligen
sind jederzeit von den Türken zerhackt, weil sie glauben, ein Bild
zu verehren führe zur Abgötterei. EineMenge braunrotherThurm-
falken (F. tinnunculus) waren die einzigen Bewohner der verfalle-
nen Mauern und zur Nacht gewiss auch ein Käutzchen. Aus einer
Ecke des Hofes trieben meine Jagdhunde ein wildes Kaninchen^
welches das frische Gras hineingelockt hatte. Nach 3 Uhr bra-
 
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