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Fiedler, Conrad
Hans von Marees — München: Nymphenburger Verlagshandl., 1947

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https://doi.org/10.11588/diglit.51228#0011
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I.

Am 5. Juni 1887 starb in Rom der Maler Hans von Marees
nach kurzer schwerer Krankheit. Während die Öffentlichkeit
diesem Todesfälle kaum Beachtung schenkte, wurden die Freunde
des Verstorbenen von dem Ereignisse tief ergriffen. Nicht nur
als ein persönlicher Verlust traf sie der Tod ihres Freundes; sie
klagten vielmehr darüber, daß hier still und unerkannt der
Welt ein Mann gestorben sei, der Anspruch auf allgemeine und
weittragende Bedeutung gehabt habe. Schon zu seinen Lebzeiten
hatten sie Unmut darüber empfinden müssen, daß seinem Werte
in weiteren Kreisen kaum Rechnung getragen wurde; dieser
Unmut mußte sich steigern, da sie nun auch den Tod des Künst-
lers, der Gegenstand ihrer Verehrung gewesen war, spurlos vor-
übergehen sahen. Indem das Grab sich über ihm schloß, schien
es ihnen, als werde eine Kraft, die des Fortlebens im Andenken
der Menschen so wert gewesen sei, in ewige Vergessenheit ver-
senkt. Der Ausdruck der Trauer erstarb in der engen Gemein-
schaft der Freunde, kein Laut pflanzte sich fort auf weitere
Kreise, kein Echo erwiderte aus der Welt des öffentlichen
Lebens.
Und es war noch eines, was jenen Unmut besonders quälend
machte. Hätte man die Welt der Ungerechtigkeit zeihen, hätte
man ihr Schuld geben können, daß sie aus Unverstand oder
bösem Willen ein ihr dargebotenes Gutes und Bedeutendes
zurückgewiesen, in notgedrungene Vereinsamung gebannt habe,
man würde in der Äußerung solcher Anklagen eine gewisse
Befriedigung haben finden können. Aber der Welt war tatsäch-
lich kaum Gelegenheit geboten worden, einen Blick in das

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