und waren nicht diejenigen im Recht, die über die rohen Mächte
klagten, denen das Beste unterworfen sei?
Aber es umstanden auch andere, ältere Freunde das Grab. Ihr
Verlust war nicht geringer als der jener jüngeren, ihr Schmerz
nicht weniger lebhaft; indessen erschien ihnen der jähe Abschluß
dieses Lebens doch in einem anderen Lichte. Ihre Überzeugung,
daß es einer so bedeutenden Natur gelingen müsse, sich in ab-
geschlossenen Werken dauernd zum Ausdruck zu bringen, war
durch wiederholte Enttäuschungen allmählich schwächer und
schwächer geworden. Manchmal schon hatten sie den Augenblick
nahe geglaubt, da von der bildnerischen Welt, die unter den
rastlos arbeitenden Händen entstand, gleichsam die letzte Hülle
der Unklarheit und Unfertigkeit fallen und das vollendete Werk
sich den Blicken darstellen würde: immer und immer wieder
hatten sie es erleben müssen, daß die herrlichsten Werke gerade
durch die Arbeit, die ihnen die letzte Vollendung hätte geben
sollen, wieder in Frage gestellt worden waren. Auch diesmal —
so sagten sie sich — würde sich derselbe Vorgang wiederholt
haben. Ja, die traurige Gewißheit wurde ihnen, als sie das ver-
waiste Atelier betraten und die Spuren der letzten Tätigkeit
wahrnahmen, die der Verstorbene seinen Bildern gewidmet
hatte. Das alte Verhängnis hatte auch hier wieder sein Spiel ge-
trieben. Die Hand, der es gelungen war, die inneren Bilder bis
zu einem gewissen Punkte einem äußeren gestalteten Dasein
entgegenzuführen, hatte das klare Bild nur wieder verdunkelt
und verstümmelt. Was würde geschehen sein, hätte der Tod
nicht allem Streben und allem Irren ein Ende gemacht! Wenn
sie daran gedacht hatten, welcher Zukunft, welchem Abschluß
dieses Dasein entgegenginge, da hatten sie sich trüber Vorstel-
lungen nicht erwehren können. Wie hätte diese Natur, deren
angeborene vornehme Empfindlichkeit sich durch ein einsames
Leben immer mehr und mehr gesteigert hatte, bestehen sollen,
wenn die Welt der Illusion, in der allein sie zu leben und zu
arbeiten vermochte, von eigenen Zweifeln und von der zudring-
lichen Offenheit Anderer, doch allmählich erschüttert worden
wäre? In der Konsequenz dieses Lebens lag ein befriedigtes, ver-
söhnendes Ende nicht. Als nun so unerwartet und plötzlich der
Tod eintrat, ein ganz gewöhnlicher und alltäglicher Tod an einer
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klagten, denen das Beste unterworfen sei?
Aber es umstanden auch andere, ältere Freunde das Grab. Ihr
Verlust war nicht geringer als der jener jüngeren, ihr Schmerz
nicht weniger lebhaft; indessen erschien ihnen der jähe Abschluß
dieses Lebens doch in einem anderen Lichte. Ihre Überzeugung,
daß es einer so bedeutenden Natur gelingen müsse, sich in ab-
geschlossenen Werken dauernd zum Ausdruck zu bringen, war
durch wiederholte Enttäuschungen allmählich schwächer und
schwächer geworden. Manchmal schon hatten sie den Augenblick
nahe geglaubt, da von der bildnerischen Welt, die unter den
rastlos arbeitenden Händen entstand, gleichsam die letzte Hülle
der Unklarheit und Unfertigkeit fallen und das vollendete Werk
sich den Blicken darstellen würde: immer und immer wieder
hatten sie es erleben müssen, daß die herrlichsten Werke gerade
durch die Arbeit, die ihnen die letzte Vollendung hätte geben
sollen, wieder in Frage gestellt worden waren. Auch diesmal —
so sagten sie sich — würde sich derselbe Vorgang wiederholt
haben. Ja, die traurige Gewißheit wurde ihnen, als sie das ver-
waiste Atelier betraten und die Spuren der letzten Tätigkeit
wahrnahmen, die der Verstorbene seinen Bildern gewidmet
hatte. Das alte Verhängnis hatte auch hier wieder sein Spiel ge-
trieben. Die Hand, der es gelungen war, die inneren Bilder bis
zu einem gewissen Punkte einem äußeren gestalteten Dasein
entgegenzuführen, hatte das klare Bild nur wieder verdunkelt
und verstümmelt. Was würde geschehen sein, hätte der Tod
nicht allem Streben und allem Irren ein Ende gemacht! Wenn
sie daran gedacht hatten, welcher Zukunft, welchem Abschluß
dieses Dasein entgegenginge, da hatten sie sich trüber Vorstel-
lungen nicht erwehren können. Wie hätte diese Natur, deren
angeborene vornehme Empfindlichkeit sich durch ein einsames
Leben immer mehr und mehr gesteigert hatte, bestehen sollen,
wenn die Welt der Illusion, in der allein sie zu leben und zu
arbeiten vermochte, von eigenen Zweifeln und von der zudring-
lichen Offenheit Anderer, doch allmählich erschüttert worden
wäre? In der Konsequenz dieses Lebens lag ein befriedigtes, ver-
söhnendes Ende nicht. Als nun so unerwartet und plötzlich der
Tod eintrat, ein ganz gewöhnlicher und alltäglicher Tod an einer
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