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Fischel, Oskar
Dante und die Künstler — Berlin: Grote, 1921

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https://doi.org/10.11588/diglit.53059#0013
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Sinnschwere Worte werfend in die Winde,
Daß einst der Sohn, der Enkel einst sie finde . . .
Platen an Goethe.
Es gibt eine jenseitige Neutralität, in deren dünner Atmosphäre die
großen Genien sich treffen und über alle zufälligen Grenzen von
Zeit, Land und Kunst erhaben zueinander in Wechselwirkung mit ihren
schöpferischen Eigenschaften treten. In diesem gemeinsamen Element
von Geistigkeit und Tatkraft wird die Richtung ihres Strebens oft
klarer als in ihrem eigenen Gebiet, und der lebenschaffende Gedanke,
der alle gleicherweise bestimmt, will sich dort greifbarer wahrnehmen
lassen als sonst.
Hier soll sich das Schauspiel des grandiosen Austauschs bieten,
bei dem die beherrschende Phantasie eines Dichters für das, was sie
verschwenderisch anregend den Künstlern gab, ihren Dank in Bildern
und Gestalten zurückerhält, in wahrhaften Illustrationen. Die Meister
der bildenden Kunst vermochten von Dante nur aufzunehmen, wofür
sie selbst in sich vorbereitet waren, und es konnte ihnen von dem
poetischen Erreger und seiner unbeengt gestaltenden Phantasie, die
über Jahrhunderte hinaus die Welt der Erscheinungen beherrschte,
jedesmal das zugute kommen, was sie sich selbst verdankten.
Wir denken bei „Illustrationen“ kaum noch an Bilder, die nach dem
eigentlichen Sinn des Wortes ein Licht auf die Dichtung werfen, die
bildnerischen Eigenschaften des Dichters in ihrer Sprache zur An-
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