BESCHREIBUNG DER TAFELN
305. Studien zur Gruppe des Pythagoras und zur Figur des stehenden Philosophen
davor.
Silberstift auf milchiggrau grundiertem Papier, weiß gehöht.
Hoch 28,/ cm, breit j8,y cm.
11 'ien, Albertina, S. K. 26'-. Aus den Sammlungen Cro^at, Gouvernet, Julien de Panne.
Literatur: Fischel, Nr. 150; Venturi, Raffaello, S. 158.
Das Blatt gehört zu den seltenen, nach Modellen gearbeiteten Gruppenstudien Raphaels.
Er scheint für die Hauptfiguren auf seine umbrische Gewohnheit zurückgegriffen zu
haben, Ateliergenossen im Zeitkostüm posieren zu lassen.
So wurde der auf den Stock Gestützte für das Motiv des sogenannten Parmenides
oder Zeno in der Stellung der Beine und der Überschneidung des Kopfs vor der Schulter
studiert; er ist dann noch einmal größer mit mehr gehobener Ferse und auf den Ober-
schenkel gestütztem Buch als Draperiefigur im Motiv der Nike von Brescia und derMadonna
del Sasso von Lorenzetti gezeichnet. Die Gruppe um Pythagoras zeigt zugleich Natur-
studium und freiere Gestaltung. Für die schreibende Hauptfigur scheint der gleiche ältere
Mann mit dem kantigen Schädel und den artikulierten Formen als Modell gedient zu
haben, der zum Archimedes in der Oxforder Zeichnung (Tf, 311/312) und dem Diogenes
in Frankfurt (Tf. 306) posierte und schon das Modell bei manchen Parnaßstudien
(Teil V, Tf. 240) abgegeben hat. Seine Haltung in Karton und Fresko ist mehr in sich zusam-
mengebogen, der Sockel, der ihm als Sitz dient, niedriger. In dieser Studie sind beide
Beine neben der endgültigen Zeichnung bereits etwas weiter nach rechts skizziert.
Dies kostbare Blatt von vornehmster Herkunft ist nicht gut erhalten. Es hat in der
Mitte durch Feuchtigkeit gelitten, die den Kreidegrund und zugleich die Zeichnung zer-
störte. Die Hand, die Buch und Tintenfaß hielt, ist verschwunden und verständnislos
erneuert, der feine Silberstiftkontur wurde an vielen Stellen, so am hochgesetzten Bein
der Gewandfigur rechts, bei den nur dünn umzogenen Köpfen ganz links, roh nachge-
fahren. Links sind die Schatten an der Wange des Hockenden vergröbert. Schließlich
erlitt das Ganze noch eine besondere Unbill durch grobes Verstärken der weißen Lichter;
die Modellierung bekam dadurch falsche Akzente, und dies wurde leider im Lichtdruck,
wie üblich, noch übertrieben.
So mußte die Zeichnung in der Kritik manche Verurteilung erfahren und wird hier auf
Ablehnung gefaßt sein dürfen. Aber sie gehört mit der zweifellosen Studie zum Diogenes
eng zusammen und zeigt in den ausgeführten und den nur angedeuteten Partien, z.B.
den schematisch skizzierten Köpfen über den Schreibenden die gleichen Gewohnheiten
wie Raphaels Disputastudien. Noch eines spricht für die Echtheit: Im Karton der
Ambrosiana zeigt die Figur des stehenden Philosophen durch das Gewand hindurch
deutlich die gleiche Haltung des aufgesetzten Beins, die bei dem auf den Stock gestützten
Modell studiert wurde.
305. Studien zur Gruppe des Pythagoras und zur Figur des stehenden Philosophen
davor.
Silberstift auf milchiggrau grundiertem Papier, weiß gehöht.
Hoch 28,/ cm, breit j8,y cm.
11 'ien, Albertina, S. K. 26'-. Aus den Sammlungen Cro^at, Gouvernet, Julien de Panne.
Literatur: Fischel, Nr. 150; Venturi, Raffaello, S. 158.
Das Blatt gehört zu den seltenen, nach Modellen gearbeiteten Gruppenstudien Raphaels.
Er scheint für die Hauptfiguren auf seine umbrische Gewohnheit zurückgegriffen zu
haben, Ateliergenossen im Zeitkostüm posieren zu lassen.
So wurde der auf den Stock Gestützte für das Motiv des sogenannten Parmenides
oder Zeno in der Stellung der Beine und der Überschneidung des Kopfs vor der Schulter
studiert; er ist dann noch einmal größer mit mehr gehobener Ferse und auf den Ober-
schenkel gestütztem Buch als Draperiefigur im Motiv der Nike von Brescia und derMadonna
del Sasso von Lorenzetti gezeichnet. Die Gruppe um Pythagoras zeigt zugleich Natur-
studium und freiere Gestaltung. Für die schreibende Hauptfigur scheint der gleiche ältere
Mann mit dem kantigen Schädel und den artikulierten Formen als Modell gedient zu
haben, der zum Archimedes in der Oxforder Zeichnung (Tf, 311/312) und dem Diogenes
in Frankfurt (Tf. 306) posierte und schon das Modell bei manchen Parnaßstudien
(Teil V, Tf. 240) abgegeben hat. Seine Haltung in Karton und Fresko ist mehr in sich zusam-
mengebogen, der Sockel, der ihm als Sitz dient, niedriger. In dieser Studie sind beide
Beine neben der endgültigen Zeichnung bereits etwas weiter nach rechts skizziert.
Dies kostbare Blatt von vornehmster Herkunft ist nicht gut erhalten. Es hat in der
Mitte durch Feuchtigkeit gelitten, die den Kreidegrund und zugleich die Zeichnung zer-
störte. Die Hand, die Buch und Tintenfaß hielt, ist verschwunden und verständnislos
erneuert, der feine Silberstiftkontur wurde an vielen Stellen, so am hochgesetzten Bein
der Gewandfigur rechts, bei den nur dünn umzogenen Köpfen ganz links, roh nachge-
fahren. Links sind die Schatten an der Wange des Hockenden vergröbert. Schließlich
erlitt das Ganze noch eine besondere Unbill durch grobes Verstärken der weißen Lichter;
die Modellierung bekam dadurch falsche Akzente, und dies wurde leider im Lichtdruck,
wie üblich, noch übertrieben.
So mußte die Zeichnung in der Kritik manche Verurteilung erfahren und wird hier auf
Ablehnung gefaßt sein dürfen. Aber sie gehört mit der zweifellosen Studie zum Diogenes
eng zusammen und zeigt in den ausgeführten und den nur angedeuteten Partien, z.B.
den schematisch skizzierten Köpfen über den Schreibenden die gleichen Gewohnheiten
wie Raphaels Disputastudien. Noch eines spricht für die Echtheit: Im Karton der
Ambrosiana zeigt die Figur des stehenden Philosophen durch das Gewand hindurch
deutlich die gleiche Haltung des aufgesetzten Beins, die bei dem auf den Stock gestützten
Modell studiert wurde.