Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
182

Diirers Leben

barten niederländischen Städte, zum Teil mit der Absicht, sich der
Hilfe einflußreicher Personen in seiner besonderen Angelegenheit zu
versichern. Überall, wo er hinkam, wurde er von den Kiinstlern fast
wie ein Fürst gefeiert und geehrt. Er reiste zur Krönung Karls V.
nach Aachen, aber erst in Köln am 12. November erreichte er von
dem jungen Kaiser die Bestätigung seines ihm von Maximilian aus-
gesetzten Leibgedings von jährlich 100 Gulden. Er hätte nun gleich
die Rückreise nach Niirnberg antreten können. Daß er es nicht tat,
heweist, daß sein Aufenthalt in den Niederlanden von Anfang an
auf eine längere Dauer berechnet, gewesen ist, und daß vorwiegend
kiinstlerische Griinde dabei mitgesprochen hahen. Er kehrte nach
Antwerpen zurück und blieb dort noch über ein halbes Jahr. Er
knüpfte in den Niederlanden eine Menge Verbindungen an und
zeichnete alle, mit denen er in nähere Berührung kam, mit der Kohle,
der Kreide, dem Silberstift, der Feder. Daher sind uns aus keiner
Periode seines Lebens so viel Bildnisse erhalten wie aus den Jahren
1520 und 1521. Gemalt hat er jedoch nur wenig. Im Juli 1521
machte er sich auf den Heimweg. Nach seiner Rückkehr hat er
manches Großartige geplant und begonnen, was er nicbt vollendet
hat, wir wissen nicht weshalb. In seinen letzten Lebensjahren haben
ihn besonders seine wissenschaftlichen Arbeiten stark in Anspruch
genommen. Während der Drucklegung seines großen Werkes über
die Proportionen des menschlichen Körpers ist er am 6. April 1528
gestorben an einer Krankheit, deren erste bedenkliche iVnzeichen
sich schon in den Niederlanden bemerkbar gemacht hatten.

Diirer war einer der reichsten Geister seines Volkes und schon
als Jiingling von unglaublicher Selbständigkeit. Was er als Werden-
der von anderen empfing, war unendlich gering im Vergleich zu
dem, was er selbst schon als innersten, unverlierbaren Besitz besaß.
Äußere Einflüsse haben nicht vermocht, ihn aus der Bahn zu
drängen, die ihm vorgeschrieben war. Er wäre auch ohne die Be-
riihrung mit italienischer Kunst zu dem geworden, was er schließlich
war. Daß seine Entwickelung nicht im Zickzack, sondern geradlinig
und folgerecht verlaufen ist, das bezeugen seine nach der Ent-
stehungszeit geordneten Werke, zu deren Besprechung ich nun
iibergehe.
 
Annotationen