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Galerie Flechtheim; Waetjen, Otto von [Ill.]; Goesch, Paul [Ill.]
Otto von Waetjen, Paul Goesch, Renée Sintenis: vom 10. April bis 1. Mai 1920 — Düsseldorf: Galerie Alfred Flechtheim, 1920

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https://doi.org/10.11588/diglit.70168#0011
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PAUL GOESCH
geboren 30. August 1885 zu Rostock. Gelehrtenfamilie. Besuch
eines Berliner Gymnasiums. Abitur, mit 18 Jahren. Verehrung-
Stefan Georges. Architekturstudium. 3 Jahre in München. Auf
der dortigen Hochschule keine Anregung. 1 Jahr Karlsruhe.
Ostendorf. Aquarellieren. '/2 Jahr in San Remo der Malerei
gewidmet. Kurze Reise nach Paris (Seurat-Ausstellung bei
Bernheim jeune). Mehrfache Reisen in Italien, Frankreich,
Deutschland. Ein Jahr Studium in Dresden. Fühlung mit
Malern. Seit 1911 Ausbildung als Regierungsbauführer. Neigung
zur Theosophie. Seit 1915 Regierungsbaumeister. Zwei Jahre
Staatsdienst. Anfang 1917 Austritt aus dem Staatsdienst.
Beschäftigung mit Malerei und architektonischen Entwürfen.
„Gebaut oder ausgestellt habe ich bisher noch nichts . . . Der
Zwinger, Dresden, und die Bauten in Cambodja (Siam) haben
mir von früh an vorgeschwebt. Der'erste Hof des Louvre hat
mir großen Eindruck gemacht. Seit meinem 20. Jahre habe ich
dauernd an phantastischen Architekturformen gearbeitet.“ Lite--
rarische Eindrücke: Wölfflins Renaissance und Barock. Gurlitts
Geschichte des Barock. Meier^Graefes Spanisches Tagebuch.
Die hier abgebildeten Bilder sind nicht viel größer als die
Reproduktionen. Ihr Schöpfer lebt zurückgezogen von der „Welt“
- und ist eben deswegen in der Welt. Wie ein Mönch wohnt er
in engem Raume. Wie ein Miniaturist, ein persischer, zeichnet und
tuscht er in aller Stille diese Blätter. Sie sind sein hingegebenes
Tagewerk. Weit über 1000 Blatt hat er ohne Eile, ohne Hast gelebt.
Paul Gösch weiß nur wenig von der neuen Kunst. Er
zeichnet und tuscht seine Träume, zu denen ihm eine geheimnis^
volle Notwendigkeit die Hand führt. Absicht? Stil? Anschluß?
Wirkung? Was er etwa früher davon wußte, hat er vergessen.
Gösch ist nicht Maler, er ist Architekt. Er hat malen nebenbei
getrieben aus Liebhaberei. Er erlebte eine schwere innerste
Verwandlung - Krankheit, Aufwühlung, Entsagung und wurde
Künstler —■ in einer Neugeburt.
Seine Blätter wirken zeitlos. Sie könnten in jedem anderen
Jahrhundert ebensogut entstanden sein. So wie Kinderzeichnungen
zeitlos sind, wie Volkskunst zeitlos ist - wie Kunst zeitlos ist.

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